Mitbestimmen bei der digitalen Personalakte
Das papierlose Büro wird Wirklichkeit. Auch die papierene Personalakte wird immer häufiger durch ihre digitale Nachfolgerin ersetzt. Diese ist effizienter und bietet mehr Möglichkeiten. Bei ihrer Einführung bestimmt der Betriebsrat mit und kann einige Grundsatzfragen stellen.
Mitbestimmung. Die Digitalisierung kennt keine Grenzen und macht auch vor dem Personalbüro nicht Halt. Viele Betriebe möchten ihre Personalakten elektronisch führen, um die Verwaltung effizienter zu gestalten.
Der Betriebsrat ist von Anfang an dabei
Wenn der Arbeitgeber entsprechende Pläne hat, muss er den Betriebsrat einbinden. Nach § 87 Abs. 1 BetrVG sind Sie immer dann im Boot, wenn technische Einrichtungen dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung von Arbeitnehmern zu überwachen. Wendet der Arbeitgeber ein, dass eine Personalakte nicht zur Überwachung oder Leistungsmessung bestimmt ist, lassen Sie sich die ausführliche Leistungsbeschreibung der verwendeten Software aushändigen. Sehr wahrscheinlich sind damit Auswertungen über Eigenschaften der Arbeitnehmer möglich – somit könnten Aussagen über einzelne Personen getroffen werden. Schon alleine deshalb besteht Mitbestimmungspflicht. Darüber hinaus müssen bei der Einführung einer digitalen Personalakte Entscheidungen getroffen werden: Welche Daten werden erhoben, verarbeitet und genutzt? Wie ist die Einsichtnahme durch die Arbeitnehmer geregelt? Nennen Sie hier die rechtlichen Grundlagen (§ 94 Abs. 2 BetrVG sowie § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG) und bestehen Sie auf Ihrem Recht zur Mitbestimmung. Will der Arbeitgeber die Einführung dennoch ohne den Betriebsrat durchziehen, lassen Sie durch das Arbeitsgericht einen groben Verstoß des Arbeitgebers gegen seine Pflichten nach dem BetrVG feststellen und fordern Sie die Unterlassung. In der Regel wird der Arbeitgeber jedoch versuchen, mit dem Betriebsrat ins Einvernehmen zu kommen.
Nicht alles muss übernommen werden
Klären Sie im ersten Schritt mit dem Arbeitgeber, welche Daten ins digitale Zeitalter übernommen werden sollen. Papierakten, für die keine Aufbewahrungspflicht mehr gilt, können ohne vorherige Digitalisierung vernichtet werden. Prüfen Sie bei dieser Gelegenheit stichprobenartig, wie bisherige Personalakten aufgebaut sind und was darin gespeichert ist. Nur was nach dem neuen Datenschutzrecht gespeichert werden darf, sollte den Weg in die digitalen Archive finden. Sorgen Sie dafür, dass für die neuen digitalen Personalakten von vorneherein ein Lebenszyklus bestimmt wird. Dieser beginnt mit der Erstspeicherung von Daten und der Erfassung in Datei- und Suchstrukturen, die ein strukturiertes Abrufen ermöglichen. Lassen Sie sich vom Softwareanbieter eine Schulung geben und fragen Sie dabei ab, welche Abrufe mit welchem Berechtigungssystem möglich sind und wie Daten durch Verschlüsselung vor unberechtigten Zugriffen geschützt werden können. Das Ende des Lebenszyklus einer digitalen Personalakte bildet die revisionssichere Archivierung. In diesen Archiven bleiben die Akten, bis sie ihr definiertes „Verfalldatum“ erreicht haben.
10 Fragen zur Betriebsvereinbarung
- Was genau ist der Regelungsgegenstand?
- Was sind die Ziele der elektronischen Personalakte?
- Was steht in der Beschreibung der Software?
- Wie wird mit Software-Updates umgegangen?
- Welche Inhalte werden in der digitalen Personalakte gespeichert?
- Welche personenbezogenen Daten werden erhoben und in welcher Weise verarbeitet?
- Welche Regeln gelten für den Umgang mit Gesundheitsdaten?
- Wie ist das Zugriffskonzept?
- Wie wird Datensicherheit gewährleistet?
- Welche Aufbewahrungsfristen gibt es und wie werden die Löschungspflichten eingehalten?
Wichtig: Temporäre Zugriffsrechte
Die Arbeitnehmer und auch der Betriebsrat können Einblick in Personalakten bekommen. Klären Sie, wie die Software solche Möglichkeiten konkret bietet und ob die Datenschutzrechte eingehalten werden. In der Regel geschieht dies durch temporäre Zugriffsrechte auf genau definierte Inhalte. Testen Sie mit fertig digitalisierten Personalakten, ob dies richtig funktioniert. Dass Daten, die nicht eingesehen werden dürfen, sichtbar sind, ist ein häufiger Fehler. Umgekehrt werden Daten, auf die Arbeitnehmer und Betriebsrat ein Anrecht haben, oft nicht angezeigt. Wenn das Verfahren der temporären Zugriffsrechte gut funktioniert, ist das auch eine Erleichterung für den Betriebsrat. Es erspart ihm den häufigen Gang ins Personalbüro und das Wälzen von Papierbergen.
Hinweis
Der Betriebsrat kann nicht grundsätzlich der Einführung der digitalen Personalakte widersprechen, sondern jeweils nur den Prozessen, die in den Bereich des Mitbestimmungsrechts fallen.
Dokumentation durch Versionen
Bei digitalen Personalakten können zeitabhängig verschiedene Dateiversionen gespeichert werden. Auf diese Weise kann nachvollzogen werden, wer welche Änderungen an Dokumenten vorgenommen hat. So kann zum Beispiel geklärt werden, bei welchem Stand eines Vorgangs der Betriebsrat sein Einverständnis gegeben hat und ob danach noch Änderungen ohne Einverständnis vorgenommen wurden.
Verfalldatum für Abmahnungen
Prüfen Sie im Rahmen der Digitalisierung auch, wie lange der Arbeitgeber Abmahnungen speichert. Dazu gibt es zwar keine gesetzliche Vorschrift. Jedoch halten Juristen eine Vernichtung nach drei Jahren in der Regel für sinnvoll. Verhandeln Sie mit dem Arbeitgeber, ob für Abmahnungen eine allgemeine Löschungsregel aufgestellt werden kann.
Im Einklang mit der DSGVO
Nach den Vorschriften der Europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) dürfen personenbezogene Daten nur im Rahmen der Zweckbindung – d.h. so lange wie nötig – aufbewahrt werden. Diese Vorschriften gelten natürlich auch für digitalisierte Personalakten. Prüfen Sie, ob für Dokumentklassen Nutzungsdauer, Sperrfristen und automatisierte Löschmechanismen eingestellt sind. Dann werden Dokumente oder Akten zu vordefinierten Zeitpunkten bzw. nach Ablauf bestimmter Fristen automatisiert ohne Zutun eines Mitarbeiters bereinigt und gelöscht – es sei denn, es wird manuell eingegriffen oder in den Dokumenten sind Sperrvermerke angelegt. Sprechen Sie mit dem Arbeitgeber, in welchen Fällen solche Ausnahmen vorliegen, wer über die Nicht-Löschung entscheidet und wie dies im Einklang mit der DSGVO geschehen kann.
Inhalte der Personalakte
Wie bei der analogen Personalakte gehören in digitale Personalakten nur Unterlagen, die für das bestehende Arbeitsverhältnis relevant sind. Meist sind folgende Inhalte zu finden:
- Bewerbungsunterlagen,
- Personalfragebogen mit persönlichen Daten,
- Ergebnisse von Interviews und Eignungstests,
- Zeugnisse und Zertifikate,
- Arbeitsvertrag,
- Steuerunterlagen,
- Sozialversicherungsdaten,
- Lohn-/Gehaltsabrechnungen,
- Arbeitszeugnisse,
- Abmahnungen mit Stellungnahmen bzw. Gegendarstellungen,
- Urlaubsanträge,
- Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen,
- Darlehensunterlagen und Lohnpfändungen,
- Nachweise über Mitgliedschaft im Betriebsrat,
- Schriftwechsel zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber,
- Aktennotizen über Gespräche mit dem Arbeitnehmer,
- besondere Vereinbarungen,
- Kündigungsschreiben oder Aufhebungsvertrag.