Microsoft Office 365 in einer Cloud wirft Mitbestimmungsfrage auf
Im Zusammenhang mit Effizienzsteigerung durch eine umfassende Leistungskontrolle macht der DGB in seiner Veröffentlichung „Einblick“ auf Software-Besonderheiten aufmerksam. Danach können Arbeitgeber mit einem neuen Add-on für die Bürosoftware Microsoft Office 365 die Leistung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter detailliert analysieren. Aus Sicht des DGB ist der Einsatz dieser Software im Betrieb nach dem BetrVG zwingend mitbestimmungspflichtig.
Arbeiten in der Cloud
Früher war Microsoft Office nur auf dem lokalen Computer installiert. Alle Dokumente wurden auf dem eigenen Laufwerk gespeichert und maximal auf dem hausinternen Server gesichert. Diese Zeiten sind mit Microsoft Office 365 vorbei. Denn anders als die althergebrachte Version kann Office 365 in der Cloud (Wolke) betrieben werden – also auf einem zumeist externen Server. Softwarekomponenten wie E-Mails, Telefonverbindungen, Termine, Dokumente und ein eigenes soziales Netzwerk für den internen Firmengebrauch können zu Office 365 hinzugebucht und in die „Wolke“ verlagert werden.
Datenschützer warnen
Der Betrieb in der Cloud hat viele Vorteile: Texte, Tabellen und Projekte können von allen Beschäftigten bearbeitet werden. Es braucht keinen Schreibtisch mehr, denn durch die Cloud-Anbindung sind alle Dateien, E-Mails, Termine und Kontakte jederzeit und überall verfügbar. Außerdem sind die Anwendungen auf jedem Endgerät nutzbar, ob mobil oder am stationären PC. Doch Datenschützer warnen: Die Software erlaubt auch, dass Arbeitsprozesse überwacht werden, beispielsweise wie lange am Dokument X gearbeitet wurde, wer wem eine E-Mail geschrieben hat und wann geantwortet wurde. Für viele Arbeitgeber sind das interessante Daten.
Einsatz von Office 365 ist mitbestimmungspflichtig
Mit dem neuen Add-on Workplace Analytics will Microsoft die Analyse der Daten noch einfacher für Arbeitgeber machen. Microsoft bewirbt das Add-on mit den Worten: „Entfesseln Sie das Potenzial Ihrer Mitarbeiter mit Workplace Analytics.“ Das aber muss nicht nur Betriebsräte, sondern auch Personalräte „auf den Plan rufen“. Denn selbst wenn von ihm schon vor Jahren dem Einsatz der Software „MS-Office“ zugestimmt worden sein sollte, liegt nun ein neuer Sachverhalt vor, der den Mitbestimmungstatbestand „Einführung, Anwendung und Erweiterung technischer Einrichtungen, die geeignet sind, das Verhalten oder die Leistung der Beschäftigten zu überwachen“ erfüllt. Der Personalrat ist selbstverständlich vor der Installation von Office 365 zu beteiligen. Dabei hat die Dienststelle darüber Auskunft zu geben, ob und gegebenenfalls wie die neu gewonnenen Daten genutzt werden sollen. Der Personalrat sollte die Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten voll in seine Überlegungen einbeziehen und je nach Situation eine Dienstvereinbarung über die Verwendung sowie den Ausschluss der Verwendung bestimmter Daten abschließen. Dabei könnte er auch die Urteilsbegründung des BAG zu Keylogger (siehe oben) heranziehen.
Einsatz gegen „Low-Performer“
In der Veröffentlichung des DGB wird vor Folgendem gewarnt: Der Arbeitgeber könne zwar ein berechtigtes Interesse daran haben, die Leistung seiner Beschäftigten zu beurteilen. Die weitreichenden Möglichkeiten, die das Tool bietet, dürften jedoch in den allermeisten Fällen unzulässig sein. Kritisch sei vor allem die Möglichkeit, Kennziffern über Leistung und Verhalten nicht nur abstrakt – also ohne Personenbezug – einzusehen, sondern eine detaillierte, dauerhafte und nahezu lückenlose Auswertung des Verhaltens Einzelner zu ermöglichen. Durch die Möglichkeit, Daten miteinander abzugleichen und in Beziehung zueinander zu setzen, sei es etwa möglich, Bewegungsprotokolle der Mitarbeiter zu erstellen. So kann unter anderem erfasst werden, wie lange ein Mitarbeiter für das Schreiben einer E-Mail benötigt, ob er während eines im Kalender eingetragenen Meetings E-Mails versendet hat und wie oft Terminkollisionen aufgetreten sind. Anhand dieser Werte kann der produktivste Mitarbeiter herausgefiltert und als Maßstab für die Kollegen festlegt werden. Oder vermeintliche „Low-Performer“ können so vom Arbeitgeber „aussortiert“ werden.