07.12.2023

Lohnzuschlag – Benachteiligung im Vergleich zu Vollzeitkräften

Dürfen Teilzeitbeschäftigte bei der Leistung von Überstunden unterschiedlich zu Vollzeitbeschäftigten vergütet werden? Dies prüft derzeit der EuGH im Rahmen einer Klage zweier in Teilzeit beschäftigter Pflegehelferinnen bei einem Dialyse-Dienstleister. In ihrem Vorwurf formulieren sie eine Benachteiligung bei den Lohnzuschlägen im Vergleich zu den Vollzeitkräften. Sie berufen sich auf den für sie geltenden Manteltarifvertrag, der Überstundenzuschläge von 30 Prozent für Überstunden vorsieht, die über die kalendermonatliche Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers hinaus geleistet werden.

Lohnzuschlag

Forderung einer Zeitgutschrift für Überstunden

Die Pflegehelferinnen beanspruchen für über ihre arbeitsvertragliche Arbeitszeit hinaus geleistete Arbeitsstunden eine Zeitgutschrift, die einem Lohnzuschlag für Überstunden entspricht. Zudem fordern sie eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 Allgemeines Gleichstellungsgesetz (AGG). Sie fühlten sich als Teilzeitbeschäftigte gegenüber Vollzeitbeschäftigten diskriminiert, weil sie keinen Lohnzuschlag für Überstunden erhielten. Darüber hinaus sehen sie eine Benachteiligung aufgrund ihres Geschlechts, was sie damit begründeten, dass ihr Arbeitgeber überwiegend Frauen als Teilzeitbeschäftigte einsetze. Das Landesarbeitsgericht gab dem Antrag der Klägerinnen auf die Zeitgutschrift statt. Den Antrag auf Entschädigung wies es allerdings ab (§ 15 Abs. 2 AGG). Dagegen legten die beiden Pflegerinnen Revision beim Bundesarbeitsgericht (BAG) ein. Der beklagte Arbeitgeber legte Anschlussrevision gegen seine Verurteilung zu den Zeitgutschriften ein.

Frage der Ungleichbehandlung zwischen Frauen und Männern

Das BAG legte darauf den Fall zur Vorabentscheidung dem EuGH vor. Unter anderem stellte das BAG die Frage, ob eine nationale tarifvertragliche Regelung eine Ungleichbehandlung von Vollzeitbeschäftigten und Teilzeitbeschäftigten im Sinne des EU-Rechts enthalte, wenn diese die Zahlung von Überstundenzuschlägen nur für Arbeitsstunden vorsieht, die über die regelmäßige Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers hinaus reichen. Außerdem war für das BAG die Frage relevant, inwieweit eine Ungleichbehandlung zwischen Frauen und Männern vorliege, da in der Regel mehr Frauen in Teilzeitbeschäftigungen arbeiten als Männer. Für den Fall interessant ist jedoch, dass bei dem beklagten Dialysedienstleister auch unter den Vollzeitbeschäftigten die Frauen in der Mehrheit sind. Insgesamt sind 76,8 % der Belegschaft weiblich.
Prognosen sind problematisch, aber es ist zu vermuten, dass der EuGH dem BAG nahelegen könnte, dass im diskutierten Fall eine Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten vorliege und dass die Überrepräsentation von Frauen in der benachteiligten Gruppe, also der der Teilzeitbeschäftigten, ausreicht, um eine indirekte Diskriminierung zu bejahen.

Autor*in: Andrea Brill (Andrea Brill ist Pressereferentin und Fachjournalistin.)