Lassen Sie sich als Betriebsrat eine Behinderung nicht gefallen!
Immer wieder kommt es vor, dass Arbeitgeber die Aufgabenerfüllung des Betriebsrats mit aberwitzigen Aktionen zu torpedieren versuchen. Der Erfindungsreichtum dabei ist fast beeindruckend: Da werden Betriebsratsbüros in nicht beheizte Container ausgelagert, Seminare nicht bewilligt, die Belegschaft mit Falschinformationen oder Indiskretionen gezielt aufgehetzt usw.
Geschäftsführung Betriebsrat. Eine Behinderung Ihrer Arbeit vonseiten der Geschäftsleitung ist erstaunlich. Denn meistens geschieht es nicht aus Unwissenheit, sondern aus einem gewissen Kalkül heraus. Der Arbeitgeber weiß sehr genau, dass solche Aktionen rechtswidrig sind. Er spekuliert aber darauf, dass sein Betriebsrat das entweder nicht weiß oder sich nicht traut, entschieden gegen solche Behinderungen vorzugehen. In beiden Punkten sollte er sich besser irren.
Klares gesetzliches Verbot der Behinderung oder Störung
§ 78 BetrVG regelt ganz unmissverständlich, dass die Mitglieder des Betriebsrats in der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht gestört oder behindert werden dürfen. Verstößt der Arbeitgeber in grober Weise gegen seine Verpflichtungen nach dem BetrVG, kann der Betriebsrat ein arbeitsgerichtliches Beschlussverfahren gemäß § 23 Abs. 3 BetrVG durchführen. Ziel dieses Verfahrens ist es, dem Arbeitgeber durch das Arbeitsgericht aufzugeben, eine Handlung zu unterlassen, die Vornahme einer Handlung zu dulden oder eine Handlung vorzunehmen. Im Einzelfall können diese Ziele auch mittels einer einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden.
Der Arbeitgeber kann sich strafbar machen
Die Amtsführung des Betriebsrats wird darüber hinaus auch durch § 119 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG geschützt. Nach dieser Vorschrift macht sich der Arbeitgeber strafbar, wenn er die Tätigkeit des Betriebsrats behindert oder stört. Bei einer Verurteilung drohen dem Arbeitgeber bis zu einem Jahr Haft oder Geldstrafe. Es handelt sich bei § 119 BetrVG um ein sogenanntes Antragsdelikt. Dies bedeutet, dass die Strafverfolgung nur dann eintritt, wenn ein Strafantrag gestellt wird. Dieser Strafantrag kann unter anderem durch den Betriebsrat und die im Betrieb vertretene Gewerkschaft gestellt werden (vgl. § 119 Abs. 2 BetrVG).
Übersicht: Beispiele für strafbare Behinderungen
- generelle Ablehnung der Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat
- Hausverbot für Betriebsratsmitglieder
- beharrliche Weigerung, die Kosten der Betriebsratsarbeit zu tragen
- Vorenthalten erforderlicher Unterlagen
- Übertragung zusätzlicher Arbeiten an Betriebsratsmitglieder, um deren Teilnahme an der Sitzung zu erschweren
- Öffnen oder Nichtweiterleiten der Betriebsratspost
- Abhören von Betriebsratssitzungen und Telefonaten
- vollständige Untersagung des Zugangs zu den Arbeitsplätzen
- Empfehlung an die Mitarbeiter, nicht an den Betriebsversammlungen teilzunehmen
- ständiges Verschweigen von Informationen trotz Mitteilungs- und Auskunftspflicht
Unzureichende Unterrichtung wird teuer
Schließlich kann die Verletzung einer der im Betriebsverfassungsgesetz bezeichneten Aufklärungs- oder Auskunftspflichten durch den Arbeitgeber nach § 121 BetrVG auch mit einer Geldbuße geahndet werden.
Der besondere Kündigungsschutz hilft Betriebsräten, ohne Furcht zu handeln
Damit Interessenvertreter ihre Arbeit ohne Furcht vor Repressalien ausüben und ihre Aufgaben effektiv erfüllen können und damit sich die personelle Zusammensetzung der Gremien nicht ständig ändert, ist in § 15 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) ein besonderer Kündigungsschutz verankert. Danach ist eine ordentliche Kündigung eines Betriebsrats- oder JAV-Mitglieds für die Dauer seiner Amtszeit nicht möglich (§ 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG). Dieser Schutz gilt auch noch ein Jahr nach Ende der Amtszeit (§ 15 Abs. 1 Satz 2 KSchG). Davon ausgenommen sind allerdings außerordentliche Kündigungen. Diese sind zu jedem Zeitpunkt möglich, sofern sie wirksam sind. Theoretisch besteht für den Arbeitgeber also die Möglichkeit, einem Gremiumsmitglied fristlos zu kündigen. Aber natürlich nur dann, wenn er einen wirksamen Kündigungsgrund dafür hat.
Außerordentliche Kündigung von BR-Mitgliedern möglich
Das Arbeitsverhältnis kann (bei Betriebsräten und bei „normalen“ Arbeitnehmern) in besonders gravierenden Fällen auch ohne Kündigungsfrist beendet werden. Und zwar durch eine fristlose oder außerordentliche Kündigung. Sie ist in § 626 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geregelt. Voraussetzung für eine gerechtfertigte Entlassung ist das Vorliegen eines wichtigen Grundes zum Zeitpunkt der Kündigung. Dem Kündigenden darf die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zum vertraglich vereinbarten Zeitpunkt der Beendigung nicht mehr zumutbar sein. Hier einige Beispiele für wichtige Gründe im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB:
- beharrliche Arbeitsverweigerung
- eigenmächtiger Urlaubsantritt
- Straftaten zulasten des Arbeitgebers
- Weigerung, zulässig angeordnete Überstunden zu leisten
- Weitergabe von Betriebs- bzw. Geschäftsgeheimnissen
Hinweis: Interessenabwägung immer nötig
Es gibt bei dieser Kündigungsart allerdings keine „absoluten“ Kündigungsgründe, die immer greifen. Stets müssen alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden. Zudem sind die Interessen von Arbeitnehmer und Arbeitgeber gegeneinander abzuwägen.
Abmahnung meistens nicht erforderlich
Liegt ein wichtiger Grund für eine fristlose Entlassung vor, muss der Arbeitgeber den zu Kündigenden in der Regel nicht mehr vorher abmahnen. So beispielsweise, wenn das Verhalten des Arbeitnehmers den Vertrauensbereich zwischen ihm und dem Arbeitnehmer berührt, etwa bei einem Diebstahl. Denn mit einer Wiederherstellung des Vertrauens ist hier generell nicht mehr zu rechnen. Aber auch wenn das Verhalten in den Leistungsbereich des Arbeitnehmers fällt, kann eine Abmahnung entbehrlich sein. Zum Beispiel, wenn hier von vornherein feststeht, dass eine Abmahnung keinen Erfolg verspricht oder der Vertragsverstoß besonders schwerwiegend ist.
Außerordentliche Kündigung nur als letzter Ausweg zulässig
Die außerordentliche Kündigung ist das schärfste Mittel, das dem Arbeitgeber zur Verfügung steht. Er kann nur dann davon Gebrauch machen, wenn eine ordentliche Kündigung seinen berechtigten Interessen nicht gerecht wird („Ultima-Ratio-Prinzip“).
Hinweis: 2-wöchige Frist bei außerordentlicher Kündigung
Der Kündigungsgrund darf dem Arbeitgeber bei Ausspruch der Kündigung noch nicht länger als zwei Wochen bekannt sein. Diese Auslauffrist bestimmt § 626 Abs. 2 BGB. Ist sie abgelaufen, kann wegen dieses speziellen Grundes nicht mehr gekündigt werden.