19.07.2024

Kündigung eines Hörfunkredakteurs wegen antisemitischer Äußerungen

Für mediales Aufsehen hat eine Kündigung eines Rundfunkredakteurs gesorgt. Dem bei der Deutschen Welle angestellten Redakteur wurde wegen israelkritischer und antisemitischer Äußerungen gekündigt. Sogar die Redaktion selbst stand wegen der Antisemitismus-Vorwürfe in der Kritik. Der Sender hatte daraufhin eine externe Untersuchung beauftragt und Kündigungen ausgesprochen. Der Redakteur äußerte sich insbesondere auf privaten Social-Media-Accounts kritisch zu Israel und Palästina. Nach Auslegung des LAG Berlin war die fristlose Kündigung des Redakteurs wirksam. Die Richter sahen in seinen israelkritischen und antisemitischen Äußerungen auf privaten Facebook- und Twitteraccounts eine gravierende Pflichtverletzung.

Gerichtshammer auf Tisch

Social-Media-Kommentare zu Israel und Palästina

2005 begann der Redakteur zunächst als freier Mitarbeiter bei der arabischen Redaktion der Deutschen Welle zu arbeiten. 2021 ging dies in ein befristetes Arbeitsverhältnis über. In den Jahren 2014 bis 2019 hatte er auf seinen privaten Accounts auf Facebook und Twitter Posts und Kommentare zu Israel und Palästina veröffentlicht. Nachdem die Deutsche Welle aufgrund der kritischen Presseberichte über angeblich antisemitische Äußerungen anderer Beschäftigter der arabischen Redaktion eine externe Untersuchung veranlasst hatte, löschte der Redakteur einige dieser Kommentare im Jahr 2022.

Fristlose Kündigung war rechtmäßig

Im Kontrast zur Vorinstanz, dem Arbeitsgericht Berlin, entschieden die Richter des LAG Berlin, dass die fristlose Kündigung des Redakteurs rechtmäßig sei. Denn die privaten Äußerungen seien antisemitischen Charakters und stellten das Existenzrecht Israels in Frage. Maßgeblich für die Richter war zudem die Rolle des Tendenzträgers, die Redakteure innerhalb des Senders innehaben. Dies verpflichtet ihn, weder bei der Arbeit noch im Privaten gegen die grundsätzlichen Zielsetzungen der Deutschen Welle zu verstoßen. Zu diesen Grundsätzen zählen u.a., das Existenzrecht Israels nicht infrage zu stellen und sich gegen Antisemitismus und dessen Verbreitung einzusetzen.

Rufschädigung des Arbeitgebers

Indem der Redakteur in den Sozialen Medien, wenn auch privat, antisemitische Äußerungen veröffentlichte, schade er dem Ruf seines Arbeitgebers, der Deutschen Welle als Stimme der Bundesrepublik Deutschland im Ausland, so die Richter des LAG Berlin. Darin liege eine schwerwiegende Verletzung vertraglicher Nebenpflichten, die zum Ausspruch der fristlosen Kündigung berechtigten. Entlastend wirkte zudem nicht, dass der Redakteur nach Beginn des Arbeitsverhältnisses keine zu beanstandenden Äußerungen mehr veröffentlicht hatte. Denn auch die vor ein paar Jahren veröffentlichten Äußerungen seien noch abrufbar und wirksam. Für das LAG Berlin war entscheidend, dass der Redakteur aufgrund der Rundfunkfreiheit der Deutschen Welle gemäß Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz gehalten sei, die Tendenz der Deutschen Welle zu wahren. Auch könne sich der Redakteur nicht auf seine Meinungsfreiheit gemäß Artikel 5 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz berufen. Das Landesarbeitsgericht hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht nicht zugelassen. Hiergegen ist die Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesarbeitsgericht möglich (Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 04.04.2024, Az. 5 Sa 894/23).

Autor*in: Andrea Brill (Andrea Brill ist Pressereferentin und Fachjournalistin.)