16.03.2018

Koalitionsvertrag: Auswirkungen im öffentlichen Dienst

In der großen Koalition sollen die Pläne der Vereinbarung umgesetzt werden, 15.000 Polizisten, 8.000 Pfleger und 2.000 Richter zusätzlich einzustellen. Verbandsexperten melden jedoch Zweifel an, dass es dafür genügend Bewerbungen gibt.

Koalitionsvertrag

Für die Bereiche Polizei, Justiz und Pflege soll es deutlich mehr Personal geben. Für alle drei Bereiche fordern diese Parteien Tausende zusätzliche Stellen. Nun melden sich Verbandsexperten zu Wort. Sie halten den Parteien vor, dass die angestrebten Zahlen nur schwer zu erreichen seien.

Wie in der „Welt am Sonntag“ zu lesen war, verwiesen Polizeigewerkschaften, Richterbund und der Berufsverband für Pflegeberufe darauf, dass qualifizierter Nachwuchs fehle.

Polizei: Tausende gehen in den Ruhestand

Insgesamt sollen nach dem Koalitionsvertrag bei der Polizei 15.000 neue Stellen geschaffen werden. Inhaltlich lobt die Polizeigewerkschaft diesen Vorstoß. Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Oliver Malchow, verwies jedoch darauf, dass Tausende Polizisten in den kommenden Jahren in den Ruhestand gingen. Es sei schon schwierig, allein für sie qualifizierten Nachwuchs zu finden. Auch Rainer Wendt, Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft, teilte mit, dass es in einigen Jahren Probleme geben werde, frei werdende Stellen überhaupt zu besetzen.

Pflege: „80.000 statt 8.000“

Noch schwieriger dürfte die Umsetzung der Pläne im Bereich der Pflege werden. Hier sieht der Koalitionsvertrag 8.000 neue Fachkräftestellen vor. Christel Bienstein, Präsidentin des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe (DBfK), sagte der „WamS“, dass die Politik eine Null bei der Pflegekraftzahl vergessen habe. Deutschland werde in den nächsten Jahren 80.000 weitere Pfleger brauchen, die – Stand jetzt – nicht zu finden seien. Auch sie beklagte Probleme bei der Besetzung offener Stellen.

Juristen: Privatwirtschaft attraktiver

Laut Koalitionsvertrag soll es in den kommenden Jahren 2.000 neue Richterstellen bei den Gerichten der Länder und des Bundes sowie entsprechendes Folgepersonal geben. Der Bundesgeschäftsführer des Richterbunds (DRB), Sven Rebehn, hält diese Zahl für ambitioniert. Die Privatwirtschaft locke junge Spitzenjuristen mit deutlich höheren Gehältern als der öffentliche Dienst. Der DRB-Vorsitzende Jens Gnisa verweist jedoch auch darauf, dass „viele Gerichte und Staatsanwaltschaften seit Jahren überlastet und nicht hinreichend ausgestattet“ seien. Zudem habe die Justiz in den kommenden Jahren eine große Pensionierungswelle zu verkraften.

Wie u.a. der Badischen Zeitung Ende Februar 2018 zu entnehmen war, fehlt Personal in den bautechnischen Behörden sowie in Kindergärten, Kämmereien und Schwimmbädern. Eine Studie der Beratungsgesellschaft Pricewaterhouse Coopers soll schon 2017 prophezeit haben, dass die öffentliche Hand im Jahr 2030 insgesamt 816.000 Stellen nicht besetzen könne, unter ihnen 276.000 für Verwaltungsfachleute und Büroangestellte – alternde Belegschaften der geburtenstarken Jahrgänge, die in Kohorten in die Rente gehen. Besonders heikel sei die Situation am Hochrhein, wo die Kommunen nicht nur mit der privaten Wirtschaft, sondern auch mit der Schweiz konkurrierten. Die Auswahl der Bewerber sei schmaler als noch vor zehn Jahren, habe der Herrischrieder Kämmerer Roland Frank festgestellt, der auch für Personal zuständig ist.

Autor*in: Werner Plaggemeier (langjähriger Herausgeber der Onlinedatenbank „Personalratspraxis“)