Keine Rückkehr in den Betrieb ohne Okay des Betriebsrats
In den meisten Betrieben sind die Beschäftigten, die aufgrund der Coronavirus-Pandemie wochenlang vom Homeoffice aus gearbeitet hatten, an ihre Arbeitsplätze in den Betriebsstätten zurückgekehrt. Ignoriert der Arbeitgeber dabei Beteiligungsrechte des Betriebsrats, kann das Gremium die Rückkehr vorläufig verhindern.
Worum geht es?
Mitbestimmung. In einem Unternehmen war der Betriebsrat nicht damit einverstanden, dass der Arbeitgeber die Beschäftigten nach dem Ende des pandemiebedingten Lockdowns zurück in den Betrieb beorderte und zur Arbeitsleistung aufforderte, ohne zuvor mit dem Betriebsrat über die Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung (§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG), über die zu ergreifenden Arbeits- und Gesundheitsschutzmaßnahmen (§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG), über die Dienstpläne (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG) sowie über die Umsetzung der Kurzarbeit (§ 87 Abs.1 Nr. 3 BetrVG) verhandelt zu haben. Deshalb beantragte das Gremium in einem Eilverfahren, es dem Arbeitgeber zu untersagen, die Beschäftigten in den Betrieb zurückzubeordern, ohne zuvor mit dem Betriebsrat über die genannten mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten verhandelt zu haben.
Das sagt das Gericht
Das Gericht gab dem Betriebsrat Recht. Der Betrieb müsse vorläufig geschlossen bleiben, bis der Arbeitgeber über die vom Betriebsrat genannten mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten Verhandlungen mit dem Gremium aufgenommen habe. Das hohe Infektionsrisiko durch das Coronavirus stelle eine hohe Gefährdung der Gesundheit dar, die lediglich durch wirksame vorherige Schutzmaßnahmen reduziert werden könne. Diese Maßnahmen seien vor Aufnahme der Tätigkeit der Beschäftigten mit dem Betriebsrat zu vereinbaren. Die Mitbestimmung des Betriebsrats leite sich aus § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) ab. Danach sei der Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, Maßnahmen zur Verhütung von Gesundheitsschäden seiner Beschäftigten zu ergreifen. Der Betriebsrat müsse eine Verletzung dieser Pflicht nicht hinnehmen und sei daher berechtigt, Maßnahmen des Arbeitgebers im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes anzugreifen. Ein Abwarten bis zu einer Entscheidung einer Einigungsstelle wäre nicht verhältnismäßig. ArbG Neumünster, Beschluss vom 28.04.2020, Az.: 4 BVGa 3a/20
Das bedeutet für Sie als Betriebsrat
Merken Sie sich Folgendes: Vor der Rückkehr in den Betrieb muss der Arbeitgeber – je nach der konkreten betrieblichen Situation – Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats beachten. Verstößt der Arbeitgeber dagegen, können die Beschäftigten die Aufnahme der Arbeit im Betrieb ablehnen und der Betriebsrat kann die Rückkehr sämtlicher Beschäftigten notfalls im Wege einer einstweiligen Verfügung stoppen.
Gefährdungsbeurteilung überprüfen!
Der Arbeitgeber ist gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 ArbSchG verpflichtet, Maßnahmen des Arbeitsschutzes regelmäßig auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen und „erforderlichenfalls sich ändernden Gegebenheiten anzupassen“. Die Coronavirus-Pandemie ist eine solche sich ändernde Gegebenheit, die es erforderlich macht, bestehende Gefährdungsbeurteilungen zu überprüfen und gegebenenfalls zu aktualisieren (vgl. Musterschreiben).