21.09.2022

Keine Anwesenheitsprämie ohne Okay des Betriebsrats

Laut BAG können Betriebsräte mitbestimmen, „ob“ eine Sonderzahlung überhaupt eingeführt werden soll. Das LAG Köln entschied jetzt, dass bei einem „Nein“ des Gremiums ein Einigungsstellenverfahren durchgeführt werden kann.

Anwesenheitsprämie

Worum geht es?

Bei einem Automobilzulieferer war aufgrund der Umstellung der Montage auf Elektrofahrzeuge für Ende Juli 2022 ein Personalabbau geplant. Angesichts dieser Betriebsänderung verhandelte der Arbeitgeber mit der IG Metall über einen Tarifsozialplan. Das Unternehmen hatte einen erheblichen Krankenstand zu verzeichnen und wollte deshalb eine Anwesenheitsprämie einführen.

Der Betriebsrat lehnte eine solche Prämie ab, weil es durch eine Anwesenheitsprämie zu einer finanziellen Benachteiligung von Arbeitnehmern kommen könnte, die sich an Streiks zur Erzwingung eines Tarifsozialplanes beteiligen würden. Das Unternehmen beantragte die gerichtliche Einsetzung einer Einigungsstelle. Der Betriebsrat meinte, die Einigungsstelle sei hierfür nicht zuständig.

Das sagt das Gericht

Das Gericht gab dem Arbeitgeber Recht. Die Einigungsstelle sei für den Abschluss einer Betriebsvereinbarung zur Gewährung einer Anwesenheitsprämie nicht offensichtlich unzuständig, denn die Einführung einer freiwilligen Leistung unterliege als Frage der betrieblichen Lohngestaltung gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 Betr-VG der Mitbestimmung des Betriebsrats, soweit es um deren Gestaltung und das Verhältnis zu anderen Entgeltleistungen des Arbeitgebers gehe. Die Freiwilligkeit einer Leistung schließe das Mitbestimmungsrecht nicht aus. Sie begrenze es aber, denn der Arbeitgeber entscheide mitbestimmungsfrei über die von ihm bereitgestellten finanziellen Mittel. LAG Köln, Beschluss vom 20.05.2022, Az.: 9 TaBV 19/22

Das bedeutet für Sie als Betriebsrat

Der Betriebsrat bestimmt mit bei der Frage, ob eine Anwesenheitsprämie mit den entsprechenden Vorgaben des Arbeitgebers eingeführt werden soll sowie bei der Festlegung der Modalitäten im Rahmen dieser Vorgaben (BAG, Beschluss vom 08.12.1981, Az.: 1 ABR 55/79).

Dem Arbeitgeber ist es demnach nicht erlaubt, eine Anwesenheitsprämie ohne Beteiligung des Betriebsrats einzuführen und deren Auszahlungsvoraussetzungen einseitig zu regeln. Er kann aber die Einigungsstelle in der Hoffnung anrufen, dass sie seinen Vorstellungen vollständig oder zumindest teilweise folgen wird.

Autor*in: Daniel Roth (ist Chefredakteur des Beratungsbriefs Urteils-Ticker Betriebsrat.)