Kein Beweis: Vermeintlicher Low-Performer behält Job
Wer am Arbeitsplatz Fehler macht oder hinter dem erwarteten Pensum zurück bleibt, ist nicht gleich ein Low-Performer. Einen schlechten Tag hat schließlich jeder einmal. Auf das Arbeitsverhältnis hat das keine Auswirkungen – sofern es nicht zur Regel wird. Den Beweis für eine Low Performance muss der Arbeitgeber liefern. ArbG Siegburg, Urteil vom 28.08.2017, Az.: 3 Ca 1305/17 (nicht rechtskräftig)
Worum geht es?
Arbeitsrecht. Einem in einer Werkstatt beschäftigten Kfz-Mechaniker wurde wegen schlechter Arbeitsleistungen verhaltensbedingt gekündigt. Der Arbeitgeber warf ihm vor, bei einem Werkstatttest nur vier von sechs Fehlern erkannt sowie bei einem Auftrag anstehende Servicearbeiten nicht durchgeführt zu haben. Dies schade dem Ruf des Autohauses. Nach drei vorausgegangenen Abmahnungen könne man keinen Besserungswillen bei dem Beschäftigten feststellen, begründete der Arbeitgeber seine Kündigungsentscheidung. Der Kfz-Mechaniker wehrte sich gegen seinen Rauswurf und erhob Kündigungsschutzklage.
Das sagt das Gericht
Mit Erfolg, denn das Arbeitsgericht Siegburg gab der Klage statt. Der Arbeitgeber habe weder die Leistungen des Kfz-Mechanikers über einen repräsentativen Zeitraum noch die Fehlerquote vergleichbarer Arbeitnehmer dargelegt. So habe das Gericht nicht erkennen können, ob der Beschäftigte seine vertraglichen Verpflichtungen vorwerfbar verletzt habe. Der Arbeitnehmer sei gehalten, das zu tun, was er könne und zwar so gut er es könne. Zur gerichtlichen Überprüfung müsse jedoch der Arbeitgeber seinerseits dem Gericht durch seinen Vortrag ermöglichen, festzustellen, ob bei dem Arbeitnehmer eine die Durchschnittsleistung erheblich unterschreitende Arbeitsleistung vorliege. Zudem habe er weitere Umstände vorzutragen, dass und weshalb darin eine vorwerfbare Pflichtverletzung zu sehen sei. ArbG Siegburg, Urteil vom 28.08.2017, Az.: 3 Ca 1305/17 (nicht rechtskräftig)
Das bedeutet für Sie als Betriebsrat
Mit diesem Urteil folgt das ArbG Siegburg der allgemeinen Linie der Rechtsprechung. Die Minderleistung (Low Performance) eines Beschäftigten kann zu dessen Kündigung führen, sofern eine Abmahnung vorausgegangen ist und der Arbeitgeber im Prozess eine Referenzgröße vorträgt. Als Anhaltspunkt dafür, dass ein Beschäftigter seine Leistungsfähigkeit nicht vollumfänglich abruft, kann z. B. ein Unterschreiten des Leistungsniveaus vergleichbarer Arbeitnehmer um ein Drittel dienen (LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 06.09.2006, Az.: 13 Sa 84/05). Die Referenzgröße darf seitens des Arbeitgebers aber nicht frei gewählt werden, sondern muss sich an der Leistung durchschnittlicher Arbeitnehmer orientieren.
Definition Low-Performer
Ein Low-Performer (minderleistender Mitarbeiter, Minderleister) ist ein Arbeitnehmer, der seine persönliche Leistungsfähigkeit nicht voll ausschöpft und die durchschnittliche Leistung vergleichbarer Arbeitnehmer (deutlich) unterschreitet. Dadurch stört er das arbeitsrechtliche Leistungsverhältnis zum Arbeitgeber erheblich und längerfristig.
So überprüfen Sie die Wirksamkeit einer Kündigung wegen Minderleistung
Beabsichtigt Ihr Arbeitgeber, einem Kollegen wegen Low Performance zu kündigen, so haben Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen im Betriebsrat die Aufgabe, im Rahmen des Anhörungsverfahrens zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine verhaltensbedingte Kündigung wegen einer Minderleistung erfüllt sind.