Homeoffice – Vorwurf der geringen Arbeitsleistung
Die Arbeit im Homeoffice hat sich mittlerweile durchgesetzt. Sie wird von den Arbeitnehmenden immer mehr wahrgenommen, sofern das Aufgabengebiet es zulässt, und ist von Arbeitgebenden akzeptiert und ermöglicht. Dennoch scheint es immer noch das Problem des Vertrauens zu geben. Arbeitgebende fragen sich, ob ihre Mitarbeitenden im Homeoffice genauso viel leisten wie im Unternehmen. Konkret zeigte sich dieser Zweifel bei einem Arbeitgeber, der seiner Mitarbeiterin vorwarf, im Homeoffice zu wenig zu leisten, und damit vor Gericht zog. Seine Forderung, die Rückzahlung von Teilen ihres Lohnes, lehnte das LAG Mecklenburg-Vorpommern ab. Der Arbeitgeber habe nicht nachweisen können, inwieweit die Mitarbeiterin ihre Arbeitspflicht nicht erfüllt habe. Dennoch gilt, dass der Anspruch auf Vergütung ganz oder teilweise entfallen kann, wenn Arbeitnehmende ihrer Arbeitsleistung nicht oder nicht in vollem Umfang nachkommen. Dies gilt auch für die Arbeit im Homeoffice. Die Vermutung, dass Mitarbeitende im Homeoffice die Arbeitspflicht gar nicht oder schlecht erfüllen, also "low performen", muss der Arbeitgeber jedoch beweisen.
Kein konkretes Arbeitsergebnis vorgelegt
Im konkreten Fall des LAG Mecklenburg-Vorpommern handelt es sich um eine Mitarbeiterin in einer Tagespflegeeinrichtung und Einrichtung des betreuten Wohnens. Für die Büroarbeit, wie das Bearbeiten des Qualitätshandbuchs und anderer für das Pflegemanagement erforderlichen Dokumente, war es ihr erlaubt, im Homeoffice zu arbeiten. Ihre im Homeoffice geleisteten Arbeitszeiten musste sie monatlich in einer Tabelle zu Arbeitsbeginn und Arbeitsende erfassen. Für den Zeitraum von Dezember 2021 bis März 2022 dokumentierte die Mitarbeiterin etwa 300 Stunden im Homeoffice. Ein konkretes Arbeitsergebnis, wie eine überarbeitete Neufassung des Qualitätshandbuchs, konnte sie in dieser Zeit nicht vorlegen. Belegt sind aus diesem Zeitraum jedoch von ihr verschickte E-Mails aus dem Homeoffice, in denen sie unter anderem um nähere Informationen zu Betreuungsverträgen und zu Regelungen mit der Auszubildenden, insbesondere zum Inhalt des Ausbildungsvertrags, bat.
Klage zurückgewiesen
Das reichte dem Arbeitgeber nicht aus. Er kündigte seiner Pflegemitarbeiterin ordentlich zu Ende Mai 2022 und forderte für die Monate Dezember 2021 bis März 2022 das gezahlte Gehalt zurück. In seiner Begründung warf er ihr vor, dass sie Arbeitszeiten im Homeoffice von etwa 300 Stunden angegeben habe, ohne irgendeinen Arbeitsnachweis hierfür vorzulegen. Während dieser Zeit habe die Mitarbeiterin keine Änderungen an den Qualitätshandbüchern vorgenommen. Zudem fehlten andere Ausarbeitungen oder Arbeitsdokumente. Er gehe davon aus, dass sie in den angegebenen Bürostunden keinerlei Arbeitsleistung erbracht habe. Damit habe sie das Arbeitsentgelt für die Bürostunden rechtsgrundlos erhalten. Das LAG Mecklenburg-Vorpommern entschied zugunsten der Arbeitnehmerin. Sie sei nicht verpflichtet, dem Arbeitgeber das Gehalt zurückzuzahlen. Für das Gericht war entscheidend, dass das Gehalt auf Basis eines Rechtsgrunds gezahlt worden sei. Denn nach § 611a BGB verpflichtet der Arbeitsvertrag den Arbeitnehmer zur Erbringung der Arbeitsleistung und den Arbeitgeber zur Zahlung der vereinbarten Vergütung.
Kein Beweis für nicht geleistete Arbeit
Gegen den Arbeitgeber sprach, dass er nicht darlegen konnte, in welchem Umfang die Arbeitnehmerin ihre Arbeitspflicht im Homeoffice nicht erfüllt und keine Arbeitsleistungen erbracht habe. Er konnte nicht beweisen, dass sie die 300 Stunden gar nicht oder aber in geringerem Umfang geleistet habe. Die Arbeitnehmerin habe aber mit den von ihr verschickten E-Mails und den beigefügten Anlagen gezeigt, dass sie sich auch im Homeoffice für die Einrichtung gearbeitet hat.
Aus der Tatsache, dass die Mitarbeiterin das Qualitätshandbuch nachweislich nicht komplett und abschließend überarbeitet habe, ergebe sich nicht, dass sie im Homeoffice, wie vom Arbeitgeber behauptet, gar nicht gearbeitet habe. Es sei dabei unerheblich, ob die Arbeitnehmerin die Arbeiten in der vom Arbeitgeber gewünschten Zeit oder in dem gewünschten Umfang erledigt hat oder nicht. Ein Arbeitnehmer genüge seiner Leistungspflicht, wenn er unter angemessener Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit arbeite, stellte das LAG Mecklenburg-Vorpommern klar (LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 28.9.23, Az: 5 Sa 15/23; Vorinstanz: ArbG Stralsund, Urteil vom 23. November 2022, Az: 11 Ca 180/22).