17.09.2019

Handlungsmöglichkeiten des Personalrats – Wie werden sie ermittelt?

Bevor der Personalrat gegenüber der Dienststelle handelt, sollte er sich einen Überblick über seine Durchsetzungsrechte in der Angelegenheit verschaffen.

Handlungsmöglichkeiten des Personalrats

Zuständigkeit prüfen

Stellen Sie fest, ob die Dienststellenleitung, mit der Sie als Personalrat zusammenzuarbeiten haben, in der Angelegenheit zuständig und entscheidungsbefugt ist, z.B. als personalbearbeitende Dienststelle. Nur wenn dies zutrifft, ist auch Ihr Personalrat für die Maßnahme zuständig. Oftmals regeln sogenannte Organisationserlasse in den Geschäftsbereichen der obersten Dienstbehörden die Zuständigkeiten, besonders in Personalangelegenheiten. Daraus geht u.a. hervor, welche Befugnisse auf nachgeordnete Dienststellen delegiert worden sind.

Achten Sie bei gegebener Zuständigkeit Ihrer Dienststelle auch darauf, ob ein anderes Personalvertretungsgremium (z.B. der Gesamtpersonalrat oder eine Stufenvertretung, d.h. Bezirks- oder Hauptpersonalrat) statt des örtlichen Personalrats zuständig ist.

 

Personalratsposition ermitteln

  • Zur Ermittlung der Position des Personalrats können Sie prüfen, ob derzeit ein Beteiligungsrecht besteht, weil es sich im konkreten Fall um eine beabsichtigte Maßnahme handelt, die sich innerhalb der Dienststelle zu einer konkreten Handlungsabsicht verdichtet hat.
  • Sodann prüfen Sie, welches Beteiligungsrecht im konkreten Fall besteht (Mitbestimmung in uneingeschränkter oder eingeschränkter Form, Mitwirkungs- oder Anhörungsrecht).
  • Zudem prüfen Sie, ob etwaige Mitbestimmungsgrenzen zu berücksichtigen sind (Beteiligung nur auf Antrag, Mitbestimmungsausschluss, in einigen Personalvertretungsgesetzen keine Beteiligung wegen Vollziehung eines Reform- oder Umstrukturierungskonzepts).

 

Liegt eine Maßnahme vor?

Gegenstand der Beteiligungsverfahren ist die „Maßnahme“. Eine solche liegt vor, wenn der Dienststellenleiter in eigener Verantwortung eine Handlung oder Entscheidung trifft, die sich durch eine Änderung auf das Beschäftigungsverhältnis oder die Arbeitsbedingungen aller oder einzelner Beschäftigter auswirkt und die im Falle einer Personalentscheidung deren Rechtsstand berührt. Es kann sich dabei sowohl um eine Einzelmaßnahme als auch um eine generelle Regelung (also auch um eine Dienstvereinbarung) handeln.

Die Vorbereitung einer Maßnahme unterliegt noch nicht dem Beteiligungsverfahren, weil sie den bestehenden Zustand noch nicht verändert. Gleiches gilt auch für umsetzungsbedürftige Weisungen einer übergeordneten Dienststelle oder einer anderen externen Stelle. Allerdings unterliegen vorbereitende Handlungen dann dem Beteiligungsverfahren, wenn sie sich auf eine Maßnahme bereits vorab auswirken, sie also in gewissem Maße vorwegnehmen.

Wann unterliegt eine Maßnahme dem Beteiligungsverfahren?

Eine Maßnahme unterliegt nur dem Beteiligungsverfahren, wenn sie beabsichtigt ist. Dieses Stadium tritt zu dem Zeitpunkt ein, sobald die Dienststelle ihre interne Willensbildung abgeschlossen hat und entschlossen ist, die Maßnahme nach dem jeweils vorgeschriebenen Beteiligungsverfahren durchzuführen.

Im Zusammenhang mit dem an ein Unterlassen anknüpfenden Mitbestimmungsrecht (z.B. Verzicht auf eine Stellenausschreibung) ist es erforderlich, dass der Abschluss des Willensbildungsprozesses durch ein positives – ausdrückliches oder konkludentes – Handeln des Leiters der Dienststelle zum Ausdruck kommt. Das ist abgesehen von dem Fall, dass der Dienststellenleiter gegenüber dem Personalrat oder sonst (ausdrücklich) verlautbart, dass im gegebenen Fall von einer Ausschreibung abgesehen wird, auch dann zu bejahen, wenn er diese Entscheidung stillschweigend zum Ausdruck gebracht hat. Eine solche stillschweigende positive Entscheidung ist insbesondere auch dann gegeben, wenn der Dienststellenleiter von einer sonst befolgten Praxis der Ausschreibung abweicht (BVerwG, Beschlüsse vom 09.01.2007 – Az: 6 P 6.06).

Will der Personalrat möglichst in einem frühen Stadium, etwa vor einem internen Entschluss der Dienststelle in einer Angelegenheit, reagieren, bewegt er sich noch außerhalb seines gesetzlich vorgesehenen Wirkungsfelds.

 

Folge bei einer vollzogenen Maßnahme vor Abschluss der Personalratsbeteiligung?

Falls die Maßnahme von der Dienststelle bereits ausgesprochen oder sogar vollzogen worden ist, liegt ein Beteiligungsmangel vor. Tragen Sie das im Personalrat vor, sodass hierüber mit der Verwaltung ein Gespräch zu führen ist. Bestätigt sich dabei die Vermutung, weisen Sie darauf hin, dass der Maßnahme wegen fehlender vorheriger Zustimmung der Personalvertretung die Rechtswirksamkeit fehlt.

 

Welche Handlungen der Dienststelle sind keine „Maßnahmen“?

Keine „Maßnahmen der Dienststelle“ sind z.B.:

  • die Anmeldungen der Verwaltung zu Haushalts- und Stellenplänen
  • das Unterlassen einer Handlung (weil dadurch keine Veränderung des bestehenden Zustands eintritt) oder
  • die rechtliche Auslegung einer Norm (weil durch alle diese Vorgänge keine Veränderung des bestehenden Zustands eintritt)
  • Lediglich vorbereitende Handlungen sind ebenfalls keine Maßnahmen der Dienststelle, wenn sie nicht bereits die beabsichtigte Maßnahme vorwegnehmen oder unmittelbar festlegen (BVerwG, Beschluss vom 26.01.2000 – Az: 6 P 2/99). Zu den vorbereitenden Maßnahmen zählen auch Maßnahmen der Sachaufklärung und Ermittlungen.
  • Auch Stellenbewertungen sind keine Maßnahme im personalvertretungsrechtlichen Sinne (BVerwG, Beschluss vom 05.10.2011 – Az: 6 P 19/10).
  • Der Erlass einer obersten Dienstbehörde ist ebenfalls keine Maßnahme im Sinne des Personalvertretungsrechts, wenn er Rechte und Pflichten für die Beschäftigten des Geschäftsbereichs nicht begründet, sondern sich darin erschöpft, den nachgeordneten Dienststellen Weisungen zu erteilen, und ihnen auf dieser Grundlage die Durchführung überlässt.
  • Auch die Überwachung von Beschäftigten durch einen Dritten ohne Wissen oder Zustimmung des Dienststellenleiters ist keine Maßnahme im Sinne des Personalvertretungsrechts.
  • unmittelbar durch Gesetz oder Tarifvertrag geregelte Sachverhalte oder bloße Hinweise auf gesetzliche oder tarifliche Regelungen

 

Wie kann eine Erfolgseinschätzung vorgenommen werden?

Besteht im Personalrat wenig Bereitschaft, einer Maßnahme zuzustimmen, sollte er nach der gemeinsamen Sachberatung auch darüber sprechen, welche Erfolgsaussichten eine eventuelle Ablehnung haben könnte. Zu diesem Zweck muss er die ermittelte Beteiligungsqualität und die sich daraus ergebenden Verfahrensschritte würdigen.

Als Beteiligungsqualität werden die Auswirkungen der einzelnen Verfahrensarten nach den PersVGen bei der Durchsetzung der Personalratsinteressen verstanden. Ein kurzer Überblick:

  • Volle Mitbestimmung führt im Konfliktfall zu einer Entscheidung der Einigungsstelle, die auch die oberste Dienstbehörde bindet.
  • Volle Mitbestimmung mit Evokationsrecht des obersten Gremiums führt dazu, dass Beschlüsse der Einigungsstelle aufgehoben werden können. Allerdings nur, wenn wegen ihrer Auswirkungen auf das Gemeinwesen die Regierungsverantwortung wesentlich berührt wird.
  • Volle Mitbestimmung mit Versagungskatalog bedeutet, dass eine Zustimmungsverweigerung nur zulässig ist, wenn ein Grund vorliegt, der dem im maßgebenden Personalvertretungsgesetz aufgeführten Versagungskatalog entspricht; im Konfliktfall bleibt das Einigungsstellenverfahren.
  • Bei eingeschränkter Mitbestimmung hat die Einigungsstellenentscheidung nur Empfehlungscharakter mit Letztentscheidung der obersten Dienstbehörde.
  • Bei Mitwirkung findet bei einem Geschäftsbereich zwar ein Stufenverfahren, nicht aber ein Einigungsstellenverfahren statt; die oberste Dienstbehörde entscheidet abschließend.
  • Eine Anhörung erfolgt in Form der Abgabe einer Stellungnahme durch den Personalrat.
  • Und schließlich gibt es noch ein Antragsrecht des Personalrats bei der Ausübung seiner personalvertretungsgesetzlichen allgemeinen Aufgaben.

Ob die Einigungsstelle den Vorstellungen des Personalrats folgt, hängt von der Überzeugungskraft der ablehnenden Argumente des Personalrats zu der Maßnahme und der Zulässigkeitsprüfung ab.

Die Argumentationskraft des Personalrats spielt bereits bei dem eventuell vorgeschalteten Stufen- oder Schlichtungsverfahren eine Rolle. Sind die Argumente schwach oder können sie in Verhandlungen mit der „schlichtenden“ Dienststelle entkräftet werden, ist eine Stufenvertretung befugt, der beabsichtigten Maßnahme zuzustimmen.

 

Autor*in: Werner Plaggemeier (langjähriger Herausgeber der Onlinedatenbank „Personalratspraxis“)