19.01.2017

Gewaltanwendung gegen Beschäftigte im öffentlichen Dienst

Gewalt gegenüber öffentlich Beschäftigten ist derzeit ein aktuelles politisches Thema. Doch was wird konkret gegen die Bedrohung getan? Vor rund 100 Tagen ist in Düsseldorf die erste Plattform online gegangen, auf der Beschäftigte des öffentlichen Dienstes melden können, wenn sie im Dienst angegriffen worden sind. Seitdem sind knapp 300 Fälle gemeldet worden. Beschimpfungen, körperliche Attacken bis hin zu Morddrohungen sollen nach Angaben der Plattformbetreiber an der Tagesordnung sein.

Attacken auf Bahn-Kontrolleure

Auf der Jahrestagung des dbb Anfang Januar war die Gewaltanwendung gegenüber Beschäftigten des öffentlichen Dienstes ein Hauptthema. Weil offenbar viele Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes die genauen Zahlen von Gewaltanwendungen gegenüber Beschäftigten unter Verschluss hielten, will die dbb-Jugend NRW durch eine Meldeplattform versuchen, Licht ins Dunkel zu bringen. Auf der Plattform müssten die ersten Angaben zunächst mit vollständigem Namen gemacht werden. Die Tat kann aber später unter einem Pseudonym auf der Plattform veröffentlicht werden, nachdem sie vom Beamtenbund überprüft wurde. Die Plattform ist erreichbar unter https://dbbjnrw.de/ oder unter dem Suchwort „angegriffen.info.de“

 

Über die Plattform berichteten die Medien bereits mehrfach. In einem Bericht des WDR war folgendes zu lesen:

„Sieben Personen traten auf einen Zugbegleiter ein“

Sebastian Schuhmacher hat eine kräftige Statur. Er trägt eine Jeans und ein blaues, enges Shirt. Weil er Angst vor der Reaktion seines Arbeitgebers hat, wurde sein Name von der Redaktion geändert. Er arbeitet als Zugbegleiter am Niederrhein. Mehrmals im Monat sei er dabei aggressiven Bahnfahrern ausgesetzt: „Ich werde bedroht, angespuckt und geschubst.“

Die schlimmste Gewalttat traf ihn am frühen Morgen, als eine Gruppe alkoholisierter Studenten nach Hause fuhr. „Einer wollte mir eine Flasche auf den Kopf schlagen.“ Der 44-Jährige konnte den Schlag abwehren, fiel dabei aber mit dem Studenten zu Boden. „Seine sieben Kumpels haben dann auf mich eingetreten“, sagt Schuhmacher. Keiner der Mitreisenden griff ein oder alarmierte die Polizei. „

 

Sicherheitsknöpfe in Büros

Das Thema ist bis zur Bundeskanzlerin bekannt. Sie sagte auf der Jahrestagung des dbb:

„Auch wenn die Mehrheit der Bürger zufrieden sei mit diesen Leistungen, seien die im öffentlichen Dienst Tätigen zunehmend mit Hass, Ablehnung und Unverständnis konfrontiert. Nicht nur die Bundesregierung, sondern die gesamte Gesellschaft muss dagegen aufstehen und sagen: Wir lassen das nicht zu, denn von der Arbeit dieser Menschen hängt unsere Lebensqualität ab.“

Die Öffentlichkeit und die Politik soll auf das Problem intensiver aufmerksam gemacht werden. Die Hemmschwelle zur Gewalt habe deutlich abgenommen, bestätigte kürzlich auch Bundesinnenminister de Maizière. Viel Verständnis gibt es schon, nur Taten fehlten, bemängel Gewerkschafter. So würden beispielsweise funktionierende Sicherheitsknöpfe in allen Behörden gefordert, die im Notfall Sicherheitskräfte alarmieren.“

Betroffen seien aber nicht nur Bürokräfte. Sogar Berufe, die vorrangig Menschenleben retten, würden attackiert. „In Dorsten tragen die Kollegen im Rettungsdienst stichsichere Westen, um sich vor Messerangriffen zu schützen“, so Klügel.

 

Schlaflos nach Attacke

Für die Zugbegleiter gibt es so etwas noch nicht. Sebastian Schumacher hatte Glück, als er von sieben Männern zusammengeschlagen wurde. Er kam mit Prellungen davon. Viel schlimmer waren allerdings die psychischen Narben. Die Bilder ließen ihn Tag und Nacht nicht los. „Ich bin erst mal zwei Wochen krank gewesen“, sagt Sebastian Schumacher.

 

Doppelbesetzung gefordert

Eine konkrete Forderung hat er deshalb schon an seinen Arbeitgeber: „Eine Doppelbesetzung oder eine Dreifachbesetzung. Dann könnten wir aufeinander aufpassen.

 

Bundesrat ist informiert

Im Bundesrat hat die nordrhein-westfälische Landesregierung eine Lanze für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst gebrochen. Mit einem Gesetzesentwurf sollen Staatsdiener und auch Ehrenamtliche, die sich für das Gemeinwohl einbringen, besser geschützt werden. In ihrer Begründung vor dem Plenum nahm Ministerpräsidentin Hannelore Kraft Bezug auf zahlreiche Gespräche, die sie in NRW dazu geführt habe. Einige dieser Ereignisse sprach die Ministerpräsidentin in ihrer persönlichen Ansprache vor dem Bundesrat an: „Rettungskräfte als Zielscheibe: bespuckt, beleidigt, angefahren, – Abschleppaktion eskaliert: Angriff auf Polizisten in Krefeld – Verdächtige auf freiem Fuß, – Jagdszenen im öffentlichen Dienst: 82 % der Bahnmitarbeiter beleidigt, 25 % körperlich angegriffen.“

Autor*in: Werner Plaggemeier (langjähriger Herausgeber der Onlinedatenbank „Personalratspraxis“)