Freizeitausgleich bei Ruhezeiten im Bereitschaftsdienst
Wer sich nach einem festgelegten Dienstplan während der „freien Zeit“ grundsätzlich in der vom Dienstherrn zugewiesenen Unterkunft aufzuhalten und dort für mögliche Einsätze bereitzuhalten hat, weil mit besonderen Einsätzen zu rechnen sei, das Gelände allenfalls nur nach vorheriger Genehmigung verlassen dürfe, erforderliche Ausrüstung wie beispielsweise Dienstwaffen und Munition bei sich zu führen, ununterbrochen erreichbar zu sein und keinen Alkohol zu sich zu nehmen habe mit dem Ziel, im Bedarfsfall jederzeit unverzüglich zum Volldienst herangezogen werden zu können, verbringt keine Ruhezeit, sondern leistet Bereitschaftsdienst im Sinne der arbeitszeitrechtlichen Vorschriften. Das hatte nach einem jahrelangen Streit jetzt das OVG NW zu entscheiden.
Bereitschaftsdienst ist Arbeitszeit
Personalrat hat hierbei ein Überwachungsrecht
Aufgabe eines jeden Personalrats ist es, darauf zu achten, dass grundsätzlich jeder einzelne Beschäftigte vor übermäßiger zeitlicher Inanspruchnahme geschützt wird. Das gilt allgemein für die dienstliche Arbeitszeit und beim Verrichten von Sonderaufgaben im Besonderen. Werden vom Arbeitgeber oder Dienstherrn spezielle Anwesenheitsregelungen gefordert, stellt sich für den Personalrat im Rahmen seines Überwachungsrechts die Pflicht, festzustellen, ob es sich dabei um besondere Arbeitszeitformen handelt, die seiner Beteiligung bedürfen. Dies gilt besonders bei der Leistung von Bereitschaftsdienst, der voll als Arbeitszeit gilt und häufig im Anschluss an eine normale Arbeitsschicht geleistet wird.
Kein Freizeitausgleich für eine reine Rufbereitschaft
Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts
Von einer Personalratsbeteiligung ist aber in der Pressemitteilung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen zu dem nachstehenden Urteil leider nichts zu erfahren. Vor geraumer Zeit hatten wir in einem unserer Newsletter über eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts berichtet, wonach Mehrarbeit eines Beamten in Form von Bereitschaftsdienst im Verhältnis „1 zu 1“ durch Freizeit auszugleichen ist, hingegen kein Anspruch auf Freizeitausgleich für eine reine Rufbereitschaft oder bloße Anwesenheitszeit ohne dienstliche Inanspruchnahme in dieser Zeit besteht.
Auffassung des Bundesministerium des Inneren, für Heimat und Bau
Jetzt aber vertrat das Bundesministerium des Inneren, für Heimat und Bau die Auffassung, dass es sich lediglich um Ruhezeit handle, wenn sich Polizisten anlässlich des G7-Gipfels in Schloss Elmau im Juni 2015 und der anschließenden Bilderberg-Konferenz in Österreich entsprechend den festgelegten Dienstplänen während dieser Zeiten grundsätzlich in der vom Dienstherrn als Unterkunft zugewiesenen Hotel aufzuhalten und sich dort für mögliche Einsätze bereitzuhalten haben. Mit besonderen Einsätzen sei zu rechnen. Hinzu kam die Weisung, das Hotelgelände allenfalls nach vorheriger Genehmigung zu verlassen, erforderliche Ausrüstung wie beispielsweise Dienstwaffen und Munition bei sich zu führen, ununterbrochen erreichbar zu sein und keinen Alkohol zu sich zu nehmen. Es müsse sichergestellt sein, im Bedarfsfall jederzeit unverzüglich zum Volldienst herangezogen werden zu können. Unsere Redaktion kann in einer solchen Ruhezeitdefinition und in der Unbekümmertheit, wegen eines solchen Sachverhalts den Rechtsweg bis zur Berufungsinstanz gehen zu sollen, nur noch als Frechheit empfinden.
Ruhezeiten waren tatsächlich Bereitschaftsdienst
Neueste Rechtsprechung: Freizeitausgleich muss auf Bereitschaftsdienst folgen
Nun entschied das OVG NW am 13.2.2020, dass die Ruhezeiten, die für die Einsatzkräfte der Bundespolizei anlässlich des G7-Gipfels in Schloss Elmau und der anschließenden Bilderberg-Konferenz in Österreich in den Dienstplänen festgesetzt waren, arbeitszeitrechtlich als Bereitschaftsdienst zu qualifizieren und dementsprechend mit Freizeit auszugleichen sind. Zur Begründung führte der Senat aus, den Polizisten stehe der geltend gemachte Anspruch auf Gewährung weiteren Freizeitausgleichs zu, weil die Ruhezeiten tatsächlich Bereitschaftsdienst gewesen seien.
Es ist schon bemerkenswert, wenn in der Berichterstattung im Bonner Generalanzeiger über die Gerichtsentscheidung ein Meinungsartikel des berichtenden Journalisten die Überschrift „Schäbiger Dienstherr“ trägt. Denn dass die Beamten erst über einen jahrelangen Weg durch die juristischen Instanzen die Anerkennung erkämpfen müssen, könne durchaus als schäbig gewertet werden.