Fahrten von Betriebsräten außerhalb der Arbeitszeit bleiben unbezahlt
Betriebsratsmitglieder dürfen wegen ihrer Amtstätigkeit gegenüber den Kolleginnen und Kollegen ohne Betriebsratsmandat weder bevorzugt, noch benachteiligt werden. Da Arbeitnehmer Fahrtzeiten von der Wohnung zum Betrieb nicht bezahlt bekommen, muss für Betriebsratsmitglieder das Gleiche gelten, sagt das BAG.
Worum geht es?
Eine Arbeitnehmerin ist bei einem gemeinnützigen Verein für Menschen mit Behinderung beschäftigt. Sie ist in dem Fachbereich „Assistenz in Schulen“ als persönliche Assistentin für behinderte Schüler tätig und Mitglied im Betriebsrat. Während der insgesamt 12-wöchigen Schulferien nimmt sie ihren Erholungsurlaub und ist teilweise freigestellt. Aufgrund eines speziellen Vergütungssystems erhält sie während dieses Zeitraums ihren Lohn fortgezahlt. Erforderliche Betriebsratstätigkeit fällt auch während der Schulferien an. 2012 nahm sie während den Schulferien, also außerhalb ihrer Arbeitszeit, an drei ordentlichen Betriebsratssitzungen teil. Hierfür wandte sie insgesamt drei Stunden für die Fahrten von ihrer Wohnung zum Betrieb und zurück auf. Diese Fahrtzeiten wollte sie vom Arbeitgeber bezahlt haben. Die Fahrten von der Wohnung zum Betrieb stünden in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Teilnahme an den Betriebsratssitzungen und seien deswegen erforderlich gewesen. Der Arbeitgeber verweigerte die Zahlung. Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte seien auch vor dem Hintergrund des Begünstigungsverbotes nicht ausgleichspflichtig.
Das sagt das Gericht
Die Erfurter Bundesrichter entschieden gegen die Betriebsrätin. Wegezeiten von Arbeitnehmern ohne Betriebsratsmandat von der Wohnung zur Betriebsstätte seien in der Regel nicht als Arbeitszeit zu vergüten. Solche Wegezeiten seien der Privatsphäre des Arbeitnehmers zugeordnet. Dementsprechend seien auch Fahrtzeiten zwischen der Wohnung und dem Betrieb, die ein Betriebsratsmitglied außerhalb seiner Arbeitszeit zur Wahrnehmung von Betriebsratstätigkeit aufwende, nicht nach § 37 Abs. 3 BetrVG ausgleichs- oder vergütungspflichtig. BAG, Urteil vom 27.07.2016, Az.: 7 AZR 255/14
Das bedeutet für Sie als Betriebsrat
Zwar können Wege-, Fahrt- und Reisezeiten, die ein Betriebsratsmitglied außerhalb seiner Arbeitszeit aufwendet, um notwendige Betriebsratsarbeit zu erledigen, einen Anspruch auf Freizeitausgleich oder gegebenenfalls einen Vergütungsanspruch im Sinne des § 37 Abs. 3 auslösen. Dabei gilt es aber, die Vorschrift des § 78 Satz 2 BetrVG zu beachten. Danach dürfen Betriebsratsmitglieder aufgrund ihrer Betriebsratstätigkeit weder benachteiligt noch begünstigt werden. Deshalb dürfen bei der Bewertung von Fahrtzeiten, die ein Betriebsratsmitglied zur Wahrnehmung von Betriebsratsaufgaben aufwendet, keine anderen Maßstäbe gelten als für Fahrtzeiten, die ein Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Erfüllung seiner Arbeitspflicht aufwendet.
Während der Freistellung greift das Lohnausfallprinzip
Mitglieder des Betriebsrats führen ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt, § 37 Abs. 1 BetrVG. D. h., Betriebsratsarbeit wird nicht gesondert vergütet. Um die im Gremium anfallenden Aufgaben bewältigen zu können, haben Arbeitnehmervertreter nach § 37 Abs. 2 BetrVG einen Anspruch auf bezahlte Freistellung von der Arbeit. Die Betriebsratstätigkeit hat also grundsätzlich während der Arbeitszeit zu erfolgen. Ist dies aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich, besteht ein Anspruch auf Freizeitausgleich unter Fortzahlung der Vergütung. Für die Zeiten der Freistellung muss der Arbeitgeber Betriebsratsmitgliedern das arbeitsvertraglich vereinbarte Arbeitsentgelt zahlen, das sie verdient hätten, wenn sie während der Zeit der Betriebsratsarbeit am Arbeitsplatz gearbeitet hätten (Lohnausfallprinzip).
Hinweis
Voraussetzung für den Fortzahlungsanspruch nach dem Lohnausfallprinzip ist, dass das Betriebsratsmitglied während der Arbeitsbefreiung tatsächlich Betriebsratsaufgaben erfüllt, deren Erledigung erforderlich war.