EuGH gestattet befristete Arbeitsverträge für Rentner
Unerfreuliche Nachrichten für alle berufstätigen Rentner: Wer nach dem Erreichen des Rentenalters weiter arbeiten möchte, muss nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Kauf nehmen, dass sein Arbeitsvertrag befristet wird. Darin sei keine Altersdiskriminierung zu sehen.
Worum geht es?
Arbeitsrecht. Geklagt hatte ein als Lehrer angestellter Arbeitnehmer aus Bremen. Kurz vor Erreichen des Rentenalters hatte er bei der Stadt Bremen seine Weiterbeschäftigung beantragt. Die Kommune war damit einverstanden, befristete das Arbeitsverhältnis jedoch bis zum Ende des laufenden Schuljahres. Eine weitere, vom Arbeitnehmer beantragte, Verlängerung lehnte die Stadt ab. Dagegen klagte der Lehrer. Er behauptete, die Befristung der gewährten Verlängerung des Arbeitsverhältnisses verstoße gegen europäisches Recht. Das zuständige LAG Bremen legte dem EuGH die Frage vor, ob die deutsche Regelung in § 41 Satz 3 SGB VI, nach der das Ende des Arbeitsverhältnisses ohne weitere Voraussetzungen und zeitlich unbegrenzt mehrfach hinausgeschoben werden kann, mit dem unionsrechtlichen Verbot der Diskriminierung wegen des Alters und mit der Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge vereinbar ist.
Das sagt das Gericht
Der EuGH entschied, dass § 41 Satz 3 SGB VI nicht gegen das Altersdiskriminierungsverbot verstößt. Es sei unter diesem Aspekt nicht zu beanstanden, dass bei Beschäftigten, die die Regelaltersgrenze erreicht haben, das Hinausschieben des Zeitpunkts der Beendigung des Arbeitsverhältnisses von einer befristet erteilten Zustimmung des Arbeitgebers abhängig sei. Beschäftigte, die das Rentenalter erreicht haben, würden durch eine solche Regelung nicht gegenüber Beschäftigten benachteiligt, die dieses Alter noch nicht erreicht haben. Die Regelung, nach der das Ende des Arbeitsverhältnisses mehrfach hinausgeschoben werden könne, und zwar ohne weitere Voraussetzungen und zeitlich unbegrenzt, stelle eine Ausnahme vom Grundsatz der automatischen Beendigung des Arbeitsvertrages bei Erreichen der Regelaltersgrenze dar. Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses setze in jedem Fall die Zustimmung beider Vertragsparteien voraus. EuGH, Urteil vom 28.02.2018, Az.: C-46/17
Das bedeutet für Sie als Betriebsrat
Angesichts des in manchen Branchen grassierenden Fachkräftemangels gewinnt für Unternehmen die Bindung erfahrener Arbeitnehmer über das Rentenalter hinaus zunehmend an Bedeutung. Denn dadurch bietet sich die Möglichkeit, den Mangel an Nachwuchskräften zumindest zeitweise aufzufangen. Merken Sie sich in Ihrer Funktion als Betriebsrat deshalb Folgendes: Erreicht ein Beschäftigter in Ihrem Betrieb das Rentenalter, so gilt es zu bedenken, dass die befristete Verlängerung eines Arbeitsverhältnisses über die Regelaltersgrenze hinaus im Einklang mit EU-Recht steht und deshalb zulässig ist. Das heißt im Klartext, dass ein Kollege, der das Rentenalter erreicht hat, in Absprache mit Ihrem Arbeitgeber befristet weiter beschäftigt werden kann, aber keinen Anspruch auf einen unbefristeten Vertrag hat.
Praxistipp: Hinausschieben der Beendigung
Weisen Sie Ihren Arbeitgeber darauf hin, dass er die Befristungsoption, die ihm die Vorschrift des § 41 Satz 3 SGB VI (Hinausschieben der Beendigung) bietet, gefahrlos in Anspruch nehmen kann. Dabei gilt es zu beachten, dass nach dem Urteil des EuGH nur die Fallkonstellation des § 41 Satz 3 SGB VI privilegiert ist. Ansonsten gelten für die Befristung von Arbeitsverhältnissen mit Rentnern die allgemeinen Einschränkungen des § 14 TzBfG (Zulässigkeit der Befristung).