Elterngeld: Bereitschaftsdienst gilt als Arbeitszeit
Ein nicht unerheblicher Teil der Arbeitszeit von Klinikärztinnen und -ärzten liegt im Bereitschaftsdienst. Dieser zählt ebenso wie die normal geleisteten Arbeitsstunden als Zeit der Erwerbstätigkeit im Sinne des Elterngeldrechts und kann deshalb dazu führen, dass ein Arzt oder eine Ärztin keine Partnerschaftsbonus-Monate beim Elterngeld erhält.
Beanspruchung der Partnerschaftsbonus-Monate
Das Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt hatte dies jüngst in einem konkreten Fall entschieden. Die Klägerin, eine Klinikärztin, hatte nach der Geburt ihres Kindes in 2016 elf Monate das Basiselterngeld bezogen, ihr Ehemann anschließend drei weitere Monate. Danach arbeiteten beide in Teilzeit und nahmen die vier Partnerschaftsbonus-Monate in Anspruch. Das setzte nach dem damaligen Recht voraus, dass beide Elternteile in diesen vier Monaten gleichzeitig im Monatsdurchschnitt nicht weniger als 25 und nicht mehr als 30 Wochenstunden erwerbstätig waren.
Überschreiten der 30-Stunden-Grenze
Aufgrund der Bereitschaftsdienste in der Klinik kam die Ärztin aber in einigen Monaten auf mehr als 30 Stunden pro Woche. Daher forderte die zuständige Behörde das für die vier Partnerschaftsbonus-Monate zunächst nur vorläufig gezahlte Elterngeld zurück. Dagegen klagte die Ärztin. Ihrer Auffassung nach war der Bereitschaftsdienst keine Erwerbstätigkeit im Sinne des Gesetzes. Sie müsse sich zwar in der Klinik aufhalten, könne die Zeit im Bereitschaftsdienstzimmer aber weitestgehend frei für sich verwenden. Bei der Berücksichtigung allein der Stunden, in denen sie tatsächlich im ärztlichen Einsatz war, habe sie weniger als 30 Stunden pro Woche gearbeitet.
Bereitschaftsdienst ist als Zeit der Erwerbstätigkeit zu berücksichtigen
In erster Instanz vor dem Sozialgericht hatte sie mit dieser Argumentation durchaus Erfolg. Auf die Berufung der Elterngeldstelle hat das Landessozialgericht ihre Klage allerdings in einer veröffentlichten Entscheidung in zweiter Instanz abgewiesen. Nach Meinung der Richter sei der Bereitschaftsdienst vollständig als Zeit der Erwerbstätigkeit zu berücksichtigen, weil die Ärztin sich auf Weisung ihres Arbeitgebers in der Klinik aufhalten musste und weil dieser Dienst vergütet wurde. Ein weiteres Argument war, dass die Ärztin sich während des Bereitschaftsdienstes gerade nicht um die Betreuung ihres Kindes kümmern konnte. Außerdem richte sich die Höhe des Elterngelds nach dem Einkommen vor der Geburt. Hier wirke sich auch Einkommen aus Bereitschaftsdiensten positiv für den Elterngeldberechtigten aus. Dann sei es aber konsequent, solche Zeiten auch bei den Voraussetzungen der Partnerschaftsbonus-Monate zu berücksichtigen. (LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 15.12.2022, L 2 EG 3/21, nicht rechtskräftig)