Einigungsstelle erfordert erfolglose Verhandlungen
Das Tätigwerden einer Einigungsstelle setzt voraus, dass die Betriebsparteien im Vorfeld erfolglos verhandelt haben. Laut dem ArbG Stuttgart muss der Antragsteller zumindest den Versuch unternommen haben, mit der Gegenseite zu verhandeln.
Worum geht es?
In einem Unternehmen des textilen Einzelhandels hörte die Arbeitgeberin den Betriebsrat mit Schreiben vom 11.11.2022 gemäß § 99 BetrVG über den geplanten Einsatz von Leiharbeitnehmern in den Kalenderwochen 47 ff. 2022 an. Noch am selben Tag beantragte die Arbeitgeberin die Einrichtung einer Einigungsstelle, die über die Personaleinsatzpläne für die Leiharbeitnehmer entscheiden sollte. In der mündlichen Verhandlung vom 16.11.2022 konnte diesbezüglich keine Einigung erzielt werden, da die Arbeitgeberin die Personaleinsatzpläne für die Leiharbeitnehmer noch nicht vorgelegt hatte. Per Schriftsatz vom 17.11.2022 zeigte die Arbeitgeberin die besondere Eilbedürftigkeit und vorläufige Umsetzung der Maßnahme an, ohne eine Antwort des Betriebsrats abgewartet zu haben. Sie behauptete, der Betriebsrat boykottiere
bewusst den Einsatz von Leiharbeitnehmern.
Das sagt das Gericht
Das Gericht wies den Antrag auf Einrichtung einer Einigungsstelle aufgrund offensichtlicher Unzuständigkeit ab. Die Einigungsstelle sei offensichtlich unzuständig, wenn die Verhandlungen – wie hier – noch nicht gescheitert seien. Der Antragsteller müsse zumindest den Versuch unternommen haben, mit der Gegenseite in Verhandlungen einzutreten. Dazu gehöre insbesondere, eigene Vorstellungen zum Regelungsthema zu formulieren, über die dann überhaupt
erst verhandelt werden könne. Der bloße Hinweis der Arbeitgeberin, der Betriebsrat habe seine Boykotthaltung gegenüber dem Einsatz von Leiharbeitnehmern zum Ausdruck gebracht, genüge nicht, um ein Scheitern von Verhandlungen anzunehmen. ArbG Stuttgart, Beschluss vom 01.12.2022, Az.: 25 BV 187/22
Das bedeutet für Sie als Betriebsrat
Die Einigungsstelle wird auf Antrag einer Betriebspartei gemäß § 76 Abs. 5 Satz 1 BetrVG nur dann tätig, wenn
Betriebsrat und Arbeitgeber im Vorfeld mit dem ernsthaften Willen zur Problemlösung – erfolglos – verhandelt
haben. Dazu gehört, dass jede Seite ihre Argumente vorbringt und die Gegenseite sich mit diesen Argumenten
ernsthaft auseinandersetzt. Das Fehlen eines konkreten Verhandlungsgegenstandes schließt ein sich anschließendes
Scheitern von Verhandlungen denklogisch aus.