16.03.2021

Digitalisierung – So gestalten Sie als Betriebsrat mit!

Automatisierung, Digitalisierung – das weckt Ängste. Kollegen fragen: Habe ich morgen noch meinen Arbeitsplatz? Ihre Antwort als Betriebsrat sollte sein: Da haben wir ein Wörtchen mitzureden, wir gestalten aktiv mit. Möglichkeiten, Einfluss zu nehmen, gibt es zuhauf. Nutzen Sie sie!  

Digitalisierung Betriebsrat

Inhaltsverzeichnis

Der Automatisierung mit gemischten Gefühlen entgegen?

Mitbestimmung. Jedenfalls scheint das unter Betriebsräten eine nicht unbedeutende Einstellung zur Digitalisierung zu sein. Arbeitsplatzverluste, Umstrukturierungen und Arbeitsverdichtung – viele Beschäftigte sehen das so, und manche Betriebsräte auch. Interessanterweise aber nicht alle. So hat eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung von 2018 ergeben, dass im Zusammenhang mit Digitalisierung fast 40 Prozent der befragten Betriebsräte die neuen digitalen Technologien mit positiven Erwartungen verbinden.

Sind denn Ängste vor der Digitalisierung nicht berechtigt?

Gut ein Drittel der Unternehmensleitungen, das zeigt der Transformationsatlas der IG Metall, hat zur Neugestaltung der Arbeitswelt konkrete Digitalisierungspläne, legt diese aber nicht offen. Kein Wunder, enthalten diese Pläne doch Themen, die für große Unruhe im Betrieb sorgen würden:

  • Digitale Umgestaltung der Prozesse
  • Einbindung von anderen Unternehmen in die Abläufe
  • Neue Anforderungen an Arbeitnehmer hinsichtlich Qualifikationen
  • Schließung und Eröffnung von Betriebsteilen

Würden solche Pläne oder auch nur Überlegungen dazu für einzelne Abteilungen und Arbeitsplätze offengelegt, würden wohl Teile der Belegschaft auf die Barrikaden gehen – und mit ihnen der Betriebsrat.

Die gute Nachricht jedoch ist: Arbeitgeber können nicht alles, was sie gerne möchten, und Sie als Betriebsrat können aber in den meisten Fällen mitbestimmen und etwas dagegen tun. Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) liefert Ihnen einige rechtliche Hebel.

Betriebsrat muss in Planung zur Digitalisierung einbezogen werden

  • § 90 BetrVG legt fest, dass Ihr Arbeitgeber Sie als Betriebsrat über die Planung von Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufen sowie von Arbeitsplätzen zu unterrichten hat. Verlangen Sie also die Vorlage aller erforderlichen Unterlagen, aus denen sich Art und Umfang der Digitalisierung auf Arbeitsprozesse ergeben!
  • Eine weitere Stoßrichtung ergibt sich aus § 92 BetrVG. Danach muss Ihr Arbeitgeber Sie als Betriebsrat über die betriebliche Personalplanung unterrichten.
  • Nach § 96 Abs. 1 BetrVG muss Ihre Geschäftsleitung Sie als Betriebsrat bei der zusätzlichen Ermittlung des Berufsbildungsbedarfes hinzuziehen – auch ganz unabhängig von der Digitalisierung.

Erzwingbare Mitbestimmung des Betriebsrats bei der Digitalisierung

  • § 97 Abs. 2 BetrVG gibt Ihnen als Betriebsrat ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht an die Hand. Das könnten Ihnen helfen, sollten sich durch die Digitalisierung die durchzuführenden Tätigkeiten ändern und die vorhandenen Kenntnisse der Arbeitnehmer nicht mehr ausreichen.
  • Entsprechend können Sie eine Betriebsvereinbarung über die Einführung von Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung auf die Tagesordnung setzen lassen.
  • § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG räumt Ihnen als Betriebsrat Mitbestimmung bei Einführung neuer technischer Einrichtungen ein. Digitalisierung aber bedeutet fast immer genau das: technische Einrichtung. Viele Einrichtungen zur Digitalisierung wie z. B. neue Software bieten nämlich zumindest theoretisch die Möglichkeit, die Leistung der Arbeitnehmer zu messen und zu dokumentieren. Hier gilt für Sie als Betriebsrat die Mitbestimmung. Dabei kommt es keineswegs darauf an, dass Ihr Arbeitgeber die Kontrolle wirklich beabsichtigt. Es genügt, wenn die technische Möglichkeit dafür besteht. Diesen Hebel, den das Mitbestimmungsrecht bietet, können Sie im Grunde bei jeder Softwareeinführung und -änderung betätigen.
  • Nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG greift Ihr Mitbestimmungsrecht als Betriebsrat insbesondere dann, wenn aus den Darlegungen Ihres Arbeitgebers zu Ihrer Beteiligung an der Ermittlung des Berufsbildungsbedarfes nach § 96 (siehe oben) die Forderung Ihres Arbeitgebers nach Flexibilisierung der Arbeitszeit oder nach mobilem Arbeiten folgt.

Einfluss des Betriebsrats durch Überwachung der Digitalisierung

  • Datenschutz: Halten Sie als Betriebsrat engen Kontakt mit dem Datenschutzbeauftragten Ihres Unternehmens! Fragen Sie bei jeder geplanten Veränderung nach, wie sie sich mit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) verträgt. Mehr dazu in dem Beitrag „Mitbestimmen bei der digitalen Personalakte“.
  • Arbeitsschutz: Nutzen Sie als Betriebsrat den ohnedies bestehenden Kontakt mit dem Beauftragten für Arbeitsschutz! Hier haben Sie über den Schutz von Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer einen Hebel, die Einführung neuer Prozesse zu prüfen. Dazu empfehlen wir Ihnen die Beiträge „Stress im Betrieb: Helfen Sie als Betriebsrat Ihren Kollegen!“ und „Suchtprävention: Das kann der Betriebsrat tun“, in dem wir die Rolle von zu viel Digitalisierung bei der Gesundheit des Menschen behandeln: An beiden, Stress und Sucht, kann Digitalisierung nämlich mitschuldig sein.

Machen Sie Ihrem Arbeitgeber unmissverständlich klar, dass Sie Ihre Mitbestimmungsrechte kennen und gegebenenfalls durchzusetzen bereit sind! Für Sie als Betriebsrat ist es wichtig zu zeigen, dass Sie neue Arbeitsfelder im Griff haben und für die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen sorgen. So schaffen Sie sich als Betriebsrat bei Ihrem Arbeitgeber den Ruf, Veränderungen umsetzen zu wollen, verschaffen sich Respekt und machen den Eindruck: Nicht ohne Sie als Betriebsrat!

Interessant dürfte für Sie als Betriebsrat „Künstliche Intelligenz“ als eine Art Unterkategorie der Digitalisierung sein. Was da auf Sie als Betriebsrat direkt und in Ihrer Arbeit für die Ihnen anvertrauten Mitarbeiter zukommt, damit hat sich eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung beschäftigt. Über sie berichten wir in dem Beitrag „Künstliche Intelligenz: was kommt auf den Betriebsrat zu?“.

Ist es Aufgabe des Betriebsrats, Pläne des Arbeitgebers zur Digitalisierung zu verhindern?

Nein, um Gottes Willen. Im Gegenteil: Sie können konstruktiv an arbeitnehmerfreundlichen Lösungen mitarbeiten. Lassen Sie sich als Betriebsrat nicht von selbst ernannten Experten kirre machen, die da viel Unbedachtes über die Arbeitsplatzvernichtung und andere negative Auswirkungen der Digitalisierung daher schwätzen! In Wirklichkeit hat Digitalisierung viele Gesichter und kann von Betrieb zu Betrieb völlig unterschiedliche Folgen haben. Deswegen:

  • Machen Sie sich als Betriebsrat frei von vorgefassten Meinungen!
  • Analysieren Sie nüchtern, was in Ihrem Betrieb passieren wird!
  • Überlegen Sie, wie Sie als Betriebsrat die Dinge im Sinne Ihrer Kolleginnen und Kollegen im Betrieb zum Besseren wenden können!

Wie auch immer, über eins sollten Sie als Betriebsrat und Ihre Kollegen sich im Klaren sein: die Digitalisierung kommt, ob Sie Angst davor haben oder nicht. Angst aber war noch nie ein guter Ratgeber.

So rüstet sich der Betriebsrat für die Digitalisierung

Besser ist es, Sie packen den Stier bei den Hörnern. Mitgestalten, nicht Verhindern ist die Devise. Allerdings werden Sie als Betriebsrat bei den kommenden Veränderungsprozessen Konflikte mit Ihrem Arbeitgeber nicht aus dem Weg gehen können. Dabei sollten Sie über glaubwürdiges Drohpotenzial verfügen, um sich gegen willkürliche Maßnahmen Ihrer Geschäftsführung wirksam zur Wehr setzen zu können. Hier ein paar Tipps:

  • Die Mitglieder Ihres Betriebsrats sollten gezielt Veranstaltungen zu Digitalisierung und „Zukunft der Arbeit“ besuchen und beispielsweise auf Betriebsversammlungen über neue Erkenntnisse berichten. Zu diesem spannenden Thema, welche Rolle Sie als Betriebsrat bei der Innovation einnehmen können, zeigt an verschiedenen Szenarien unser Beitrag „Zukunft der Arbeit = Zukunft des Betriebsrats“.
  • Versuchen Sie so, eine konstruktive Stimmung des „Es kommt etwas auf uns zu“ zu erwirken.
  • Vermeiden Sie es, mit Ihren Aktionen vorhandene Ängste zu verstärken oder eine ablehnende Haltung in der Belegschaft zu erzeugen! Dies wäre kontraproduktiv; denn weder Sie als Betriebsrat noch Ihre Kolleginnen und Kollegen werden die kommende Entwicklung stoppen können.
  • Wecken Sie das Bewusstsein, dass Veränderungen bevorstehen oder sogar schon in vollem Gange sind!
  • Ermutigen Sie die Beschäftigten, darüber nachzudenken: „Was bedeutet das jetzt für mich persönlich?“ Damit haben Sie eine neugierige Stimmung erzeugt, mit der Sie als Betriebsrat die Arbeitnehmer gut aktivieren können und in der sich möglicherweise noch vorhandene Befürchtungen leichter entkräften lassen sollten.
  • Bauen Sie systematisch Kompetenz in- und außerhalb des Betriebsrats zum Thema „Veränderung der Arbeitswelt“ auf.

Wie können Sie als Betriebsrat systematisch Kompetenz in Sachen Digitalisierung aufbauen?

Wenn Sie diese Frage beantworten, bekommen Sie ein weiteres Plus gegenüber Ihrem Arbeitgeber in die Hand. Mehr als die Hälfte der Unternehmer weiß nämlich nicht, wie der Qualifizierungsbedarf der Arbeitnehmer konkret aussieht. Das heißt im Umkehrschluss: Wenn Sie die Frage nicht beantworten, wäre das schlecht für Ihre Kolleginnen und Kollegen. Wer sich als Arbeitnehmer nicht selbst für die Anforderungen der zukünftigen Arbeitswelt qualifiziert, wird vom Arbeitgeber angesichts einer Umgestaltung des Arbeitsplatzes keine Chance bekommen, die nötige Kompetenz zu erwerben. Deswegen:

  • Führen Sie eine Umfrage unter den Beschäftigten durch:
    • welche Fortbildungen für neue Technologien wünschen sie sich?
    • Welchen Bedarf sehen sie dafür.
  • Gestalten Sie aus den Antworten einen Fortbildungskatalog, den Sie mit der Geschäftsleitung diskutieren.
  • Ihr Arbeitgeber will den Qualifizierungsbedarf selbst systematisch ermitteln? Schön. Dann fragen Sie ihn:
    • Welche Ergebnisse gibt es?
    • Welche Schlussfolgerungen will er daraus ziehen?
  • Folgt Ihr Arbeitgeber Ihrem Ansinnen als Betriebsrat nicht, rufen Sie die Einigungsstelle an!

Computer geben immer mehr Arbeitsschritte vor

Warum kommt die Digitalisierung – egal was Sie als Betriebsrat davon halten?

Sie bietet einfach zu viele Vorteile für Ihr Unternehmen und letztlich für die Arbeitsplätze Ihrer Kolleginnen und Kollegen. Sie ermöglicht in viel stärkerem Ausmaß als bisher Ihnen allen, unabhängig von Zeit und Ort zu arbeiten. Sie sind zeitlich flexibler und können beispielsweise mobil arbeiten:

  • auf dem Weg zur und
  • von der Arbeit oder
  • auf Geschäftsreisen sowie
  • regelmäßig oder
  • spontan im Homeoffice oder
  • E-Mails am Arbeitsplatz oder in der Freizeit abrufen – ganz wie es am besten passt.

Ob zum Vorteil oder zum Nachteil Ihrer Kollegen, kommt ganz wesentlich auf die Ausgestaltung der digitalen Prozesse am Arbeitsplatz und damit auf Sie als Betriebsrat an. Schöpfen Sie Ihre Mitbestimmungsrechte aus! Reden Sie mit, wenn Ihr Chef:

  • Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen festlegt,
  • die Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage verteilt oder
  • auch nur vorübergehend die betriebsübliche Arbeitszeit verkürzen oder verlängern will.

Welche Vorteile kann Digitalisierung den Arbeitnehmern bieten?

Eine ganze Menge. Laut der Böckler-Studie glauben zumindest viele Ihrer Kollegen in Betriebsräten, dass Digitalisierung den Beschäftigten mehr Möglichkeiten gibt, eigenverantwortlich zu arbeiten. Hier können Sie als Betriebsrat einhaken. Fordern Sie von Ihrem Arbeitgeber, für eigenverantwortliches Arbeiten die richtigen Voraussetzungen zu schaffen! Dazu gehört die Qualifizierung der Arbeitnehmer in Sachen Arbeitsorganisation.

Video: Betriebsvereinbarung zur Digitalisierung

Können Sie als Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung erzwingen?

Nein, das können Sie nicht. Als Betriebsrat können Sie aber auf eine freiwillige Betriebsvereinbarung hinwirken. Dem sollte sich Ihr Arbeitgeber nicht verschließen; denn es hat ja auch für ihn Vorteile. Und sei es, dass seine  Mitarbeiter seine Regelungen bereitwilliger annehmen und umsetzen. Wenn Sie als Betriebsrat mit Ihrer Geschäftsleitung über eine Betriebsvereinbarung zum richtigen Weg in die Digitalisierung verhandeln, sollten Sie nicht aus dem Auge verlieren:

  • Einzelne Maßnahmen können Auswirkungen in ihrer Gesamtheit haben. Ein Digitalisierungsprojekt kann wie ein Dominostein wirken: erst einmal eingeführt, ergeben sich Zwänge, auch in anderen Abteilungen zu digitalisieren.
  • Berücksichtigen Sie deswegen solche umfassenden Folgen in Ihrer Betriebsvereinbarung, um ungewollte Automatismen zu verhindern:
    • Wer steuert was für eine bestimmte Tätigkeit bei, also welche Kollegin oder welcher Kollege welchem anderen Kollegen welche Informationen, welche vorgearbeitete Werkstücke oder Materialien?
    • Wer empfängt eine bestimmte Tätigkeit, also welche Kollegen erhalten das Ergebnis einer Tätigkeit, ein bearbeitetes Werkstück oder eine ergänzte Information und bearbeitet diese weiter?
    • Ändert sich an den Schnittstellen dieses Zusammenspiels etwas?
    • Wenn ja, macht dies weitere Digitalisierungsschritte notwendig?
  • Gehen Sie als Betriebsrat mit Ihrem Arbeitgeber den ganzen Prozess durch:
    • Hat Ihr Arbeitgeber alle Auswirkungen bedacht?
    • Wollte er womöglich die eine oder andere gar nicht bedenken?
  • Bringen Sie so Ihren Arbeitgeber dazu, das ganze Ausmaß der Veränderungen deutlich zu machen und die Prozesse sauber zu Ende zu planen!

Betriebsrat Digitalisierung

Welche Nachteile birgt Digitalisierung für die Arbeitnehmer?

Sie verdichtet fast immer Arbeit. Damit bringt sie Gefährdungen am Arbeitsplatz mit sich. Welche, das beurteilt man jeweils im Einzelfall. Hier kommen wieder Sie als Betriebsrat mit einigem Gewicht ins Spiel. Sie haben die Chance, über diese Gefährdungsbeurteilungen mitzubestimmen. Themen, auf die Sie ein Augenmerk legen können, wären etwa:

  • steigende Anforderungen an Flexibilität,
  • mehr Selbstorganisation,
  • Zwang zu ständiger Erreichbarkeit,
  • immer komplexere Arbeitsinhalte,
  • psychische Gefährdungen.

Zumal in Bezug auf Letzteres können Sie darauf dringen, Maßnahmen zu aktualisieren und verbindlicher umzusetzen. Sie können hierzu eine Betriebsvereinbarung vorschlagen und Ihren Einfluss über den Arbeitsschutzausschuss geltend machen.

Ein weiterer Nachteil ist sicherlich eine Abwertung menschlicher Arbeit durch Digitalisierung. Wenn immer komplexere Aufgaben an Maschinen und Roboter übergehen, bleibt für einen Teil der Arbeitnehmer oft nur noch die Zuarbeit zu diesen Prozessen. Hier droht offene oder schleichende Abqualifizierung menschlicher Arbeit. Das kann sich auf die Vergütung und den Status innerhalb des Unternehmens auswirken. Hinzu kommt die psychische Komponente: Arbeitnehmer fühlen sich nicht mehr gebraucht. Mögliche Folge: Sie werden krank, verlieren die Lust an der Arbeit und letztlich sogar diese selbst.

Können Sie als Betriebsrat den Nachteilen der Digitalisierung gegenwirken?

Ja, auf verschiedenen Wegen:

  • Fordern Sie den Arbeitgeber zur Weiterqualifizierung betroffener Kollegen auf!
  • Handeln Sie mit ihm Betriebsvereinbarungen für Weiterbildungsmaßnahmen aus! Das Betriebsverfassungsgesetz gibt Ihnen hierzu die rechtliche Handhabe (§§ 96 ff. BetrVG).
  • Versuchen Sie, eine Betriebsvereinbarung zur Arbeitnehmerqualifizierung abzuschließen! Mehr zu den Rechten des Betriebsrats lesen Sie im Beitrag: Qualifizierung: Wie Sie als Betriebsrat Ihren Kollegen dabei helfen.
  • Achten Sie darauf, dass die geringer qualifizierten Arbeitnehmer mitgenommen werden!
  • Legen Sie im Arbeitsschutzausschuss ein Augenmerk darauf, dass neue, insbesondere psychische Gefährdungen beurteilt und entsprechende Maßnahmen zur Reduzierung eingeleitet werden!
  • Bevor es zum Schlimmsten kommt: handeln Sie entsprechende Bedingungen für den Sozialplan aus! Dieser dient dem Ausgleich und der Milderung wirtschaftlicher Nachteile, die Ihren Kollegen infolge einer Betriebsänderung wie eben durch Digitalisierung entstehen (§ 112 BetrVG). Eine solche Vereinbarung wirkt wie eine Betriebsvereinbarung und ist ebenfalls in der Einigungsstelle erzwingbar. Deshalb ist der Arbeitgeber an den Sozialplan gebunden. Er verschafft Ihren Arbeitnehmern einklagbare Rechte und Ansprüche.

Führt Digitalisierung zu mehr Personalabbau?

Nicht unbedingt. Allerdings kostet Digitalisierung Geld. Da ist ein Arbeitgeber schnell mit Personalabbau zur Hand. Investitionen in die Digitalisierung müssten irgendwo hereingeholt werden, heißt es dann gerne. Hier sollten bei Ihnen als Betriebsrat alle Alarmglocken schrillen. Drehen Sie den Spieß um: Digitalisierung dient der Rationalisierung des Arbeitsplatzes, nicht der Wegrationalisierung der Arbeitskraft. Die Digitalisierung soll ja gerade die Investitionen in sie hereinholen und so die Möglichkeit schaffen, dadurch an der einen Stelle freiwerdende Arbeitskräfte an anderer Stelle einsetzen zu können. Wäre es anders, müsste sich der Geschäftsführer oder gar der Arbeitgeber am Ende selbst wegrationalisieren oder wegdigitalisieren.

Muss Ihr Arbeitgeber Sie als Betriebsrat an Entscheidungen über Umstrukturierungen beteiligen?

Ab einem bestimmten Umfang ja, zumal wenn Kündigungen das Ausmaß von Betriebsänderungen annehmen. Ihr Arbeitgeber muss Sie dann an den Entscheidungen beteiligen und Sie mitbestimmen lassen. Beispiele dafür wären:

  • Änderung der Betriebsorganisation und
  • Einführung neuer Arbeits- und Fertigungsmethoden.

Einigen Sie als Betriebsrat sich mit Ihrem Arbeitgeber und kommt ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, lassen Sie diesen schriftlich niederlegen. Ihr Arbeitgeber und Sie als Betriebsrat unterschreiben ihn. Gelingt Ihnen das nicht, können Sie die Bundesagentur für Arbeit oder die Einigungsstelle um Vermittlung anrufen (§§ 111, 112 BetrVG).

Digitalisierung in Betrieben

 

Bestimmen Sie als Betriebsrat bei digitalem Outsourcing mit?

Ja klar. Ihr Arbeitgeber führt damit eine Betriebsänderung durch – und muss Sie als Betriebsrat mithin beteiligen. Das wird dann erforderlich, wenn Ihr Unternehmen dank Digitalisierung Arbeitsprozesse über die Grenzen Ihres eigenen Unternehmens hinaus verwirklicht. Dann gehen Aufgaben häufig an Spezialisten, die günstiger sind als Ihre eigenen Arbeitnehmer im Unternehmen. Dies kann bei hohem Arbeitsanfall sogar von heute auf morgen geschehen, etwa durch Crowdsourcing. Hierbei schreibt Ihr Unternehmen die Aufgaben aus und vergibt den Auftrag an den günstigsten Anbieter. Sie als Betriebsrat können auf Ihr Recht pochen, als solcher schon bei der Personalplanung eingebunden zu werden. Mehr dazu im Beitrag „Personalplanung: Welche Rechte hat der Betriebsrat?“

Welche Bedeutung kommt dem Datenschutz zu?

Er wird immer wichtiger. Wie die Böckler-Studie zeigt, ist der Datenhunger von Arbeitgebern groß. Arbeitnehmervertreter berichten darin von mehr Verhaltens- und Leistungskontrollen durch die Arbeitgeber. Seit Mai 2018 gilt die neue Datenschutzgrundverordnung. Deswegen:

  • Prüfen Sie als Betriebsrat sorgfältig, inwieweit Ihr Unternehmen im Rahmen der Digitalisierung datenschutzrechtliche Vorschriften einhält!
  • Wehren Sie sich, wenn Ihr Arbeitgeber einfach so neue Verfahren und Kontrollen einführen will! In vielen Fällen muss er Sie bei solchen Maßnahmen mindestens beteiligen, oft sogar mitbestimmen lassen.

Was sollten Sie als Betriebsrat bei Digitalisierungsprojekten beachten?

  • Gehen Sie in Sachen Digitalisierung planvoll vor!
  • Beziehen Sie als Betriebsrat Position!
  • Machen Sie Ihre Haltung und Ihre Rechtsposition gegenüber Ihrem Arbeitgeber bereits klar, bevor entsprechende Projekte im Unternehmen initiiert werden! Damit geben Sie ihm die Gelegenheit, eine Grundsatzentscheidung zu treffen: Entweder mit Ihnen oder gegen Sie.
  • Sorgen Sie dafür, dass Sie frühzeitig von den Plänen des Arbeitgebers erfahren! Fragen Sie z.B. im Wirtschaftsausschuss oder bei den Arbeitgebergesprächen nach! Tauschen Sie sich mit Arbeitnehmern in voraussichtlich betroffenen Betriebsbereichen aus. So erhalten Sie frühzeitig Kenntnis von etwaigen Digitalisierungsprojekten. Wichtige Hinweise darauf, dass sich etwas in dieser Richtung anbahnt, können zum Beispiel verstärkte Bemühungen sein, Arbeitsprozesse zu messen und zu dokumentieren.
  • Verschaffen Sie sich als Betriebsrat nötiges Know-how! Die Materie ist meistens komplex. Sorgen Sie frühzeitig für Schulungen von Betriebsratsmitgliedern in entsprechende Technologien! Wenn nötig, ziehen Sie Experten hinzu!
  • Gehen Sie als Betriebsrat auf Ihren Arbeitgeber zu und fragen Sie ihn, ob nicht interne Experten das Know-how vermitteln können! Er wird Ihrem Wunsch vermutlich aus Kostengründen nachgeben. Sie Ihrerseits kommen in Kontakt mit Projektentscheidern und erhalten nicht nur abstraktes Wissen, sondern Kenntnisse, wie die Umsetzung in Ihrem Betrieb erfolgen soll.

Gestalten Sie als Betriebsrat mit!

  • Fragen Sie Ihren Arbeitgeber, ob seine Pläne überhaupt seinen Zielen entsprechen.
  • Gibt es womöglich Planungsmängel, die ihn zur Nachbesserung zwingen könnten?
  • Bringen Sie als Betriebsrat sich so als ernstzunehmenden Wissensträger auf Augenhöhe mit Ihrem Arbeitgeber! Entwickeln Sie Alternativvorschläge! Geben Sie Anstöße, damit diese vom Arbeitgeber entwickelt werden!
  • Stellen Sie als Betriebsrat Öffentlichkeit her! Digitalisierung ist etwas, das die meisten Arbeitnehmer betrifft. Deshalb haben diese Anspruch darauf, in Rundschreiben und Betriebsversammlungen über die Pläne des Arbeitgebers und die Standpunkte des Betriebsrats informiert zu werden.

Wie nehmen Sie als Betriebsrat ältere Kolleginnen und Kollegen mit?

Genau! Seit dem Scheitern der Rente mit 55 wissen wir, wie sehr Erfahrung und Wissen gerade der älteren Mitarbeiter hernach im Unternehmen fehlen können. Wir haben für Sie als Betriebsrat in dem Beitrag „Der Betriebsrat weiß, was ältere Kollegen brauchen“ zusammengetragen, wie Sie diesen Schatz vor dem Verschütten retten oder wieder ausgraben können – Ihr Arbeitgeber wird es Ihnen danken.

Lässt sich auch Ihre Arbeit als Betriebsrat digitalisieren?

Ja natürlich. Ihnen steht dabei eine Reihe digitaler Werkzeuge zur Verfügung wie beispielsweise Mitarbeiter-Apps für die interne Unternehmenskommunikation. Was Sie Ihnen bringen, welche Fragen sie allerdings auch aufwerfen und was Sie bei Einführung solcher Hilfsmittel beachten sollten, dazu mehr in unserem Beitrag „Mitarbeiter-Apps: So bestimmt der Betriebsrat mit“.

Autor*innen: Silke Rohde (ist Rechtsanwältin & Journalistin sowie Chefredakteurin des Fachmagazins Betriebsrat KOMPAKT.), Martin Buttenmüller (ist Journalist und Chefredakteur des Fachmagazins Betriebsrat INTERN.), Friedrich Oehlerking (Friedrich Oehlerking ist Journalist und Autor des Werkes Wirtschaftswissen für den Betriebsrat.)