Rechte und Pflichten als Praktikant – Das sollten Sie als Betriebsrat wissen
Beim Praktikum stehen an erster Stelle das Lernen und die Wissensvermittlung. Das Erbringen einer Arbeitsleistung ist hingegen nicht Sinn und Zweck – so lautet die Theorie. Doch in der Praxis sieht das oft anders aus: Praktikanten werden als „billige“ und „motivierte“ Arbeitskräfte eingeplant. Zum Teil ersetzen sie sogar Stammarbeitsplätze. Hier sollten Sie als Betriebsrat unbedingt gegensteuern.
Arbeitsrecht. Insbesondere bei den Praktikanten, die bereits ein Studium oder eine Ausbildung abgeschlossen haben, besteht die Gefahr, dass sie während des Praktikums wie regulär Beschäftigte eingesetzt werden. Mittlerweile gibt es ja eine ganze „Generation Praktikum“. Bei diesen Grenzfällen sollten sich Betriebsrat und Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) folgende entscheidenden Fragen stellen: – Handelt es sich tatsächlich noch um ein Praktikum oder erbringt der „Praktikant“ Arbeitsleistungen, indem er eigenständig Aufgaben übernimmt oder an einem Projekt mitarbeitet? – Handelt es sich um ein Arbeitsverhältnis?
Nutzen Sie Ihr Unterrichtungsrecht als Betriebsrat
Die rechtzeitige und umfassende Information des Betriebsrats hat nach § 80 BetrVG auch über Personen zu erfolgen, die (angeblich) nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehen. Dazu zählen auch Praktikanten. Der Betriebsrat ist vom Arbeitgeber zur Durchführung seiner Aufgaben nach dem Gesetz rechtzeitig und umfassend zu unterrichten. Insbesondere die Anzahl der Praktikanten sowie ihre Einsatzhäufigkeit und Aufgabengebiete hat die Geschäftsleitung mitzuteilen. Im Übrigen besteht auch ein Informationsanspruch nach § 20 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) über befristet beschäftigte Arbeitnehmer.
Praxistipp: Ansprechpartner der JAV oder des BR für Praktikanten
Ein oder mehrere Gremiumsmitglieder von Betriebsrat bzw. JAV sollten als Ansprechpartner speziell für Praktikanten benannt werden. Die Praktikanten sollten gezielt über deren Aufgaben und Projekte informiert werden. Dies kann erfolgen, indem sich Betriebsrat und JAV während einer vom Betrieb veranstalteten offiziellen Begrüßung der Praktikanten vorstellen. Natürlich können Sie sich auch unabhängig von der Vorstellung des Betriebs selbst vorstellen – z. B. bei einem Besuch am Praktikumsplatz.
Informieren Sie sich über den Ablauf des Praktikums
Der Betriebsrat hat einen Überwachungsauftrag nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Daher ist es ratsam, dass Sie der Arbeitgeber über den geplanten Ablauf des Praktikums unterrichtet. Die Ausbildungsinteressen der Praktikanten sind dabei wichtig:
- Wie wird das „Lernen“ organisiert?
- Gibt es einen Praktikumsplan, vergleichbar dem Ausbildungsplan des Auszubildenden?
- Erfolgt die Betreuung durch einen festen Ansprechpartner?
- Sind ausreichend Räume und technische Ausstattung für den Arbeitsplatz des Praktikanten vorhanden?
Am besten können all diese Punkte in einer Betriebsvereinbarung geregelt werden. Diese ist allerdings in diesem Bereich nicht erzwingbar.
Hinweis: Es kommt nur auf den tatsächlichen Einsatz an
Nicht die Bezeichnung des Vertrags („Praktikumsvertrag“) ist maßgebend, sondern der tatsächliche Einsatz und die verrichteten Tätigkeiten des (vermeintlichen) Praktikanten.
Grundsätzlich muss der Mindestlohn gezahlt werden
Der Mindestlohn von 12 € pro Stunde gilt grundsätzlich auch für Praktikanten. Doch ganz so einfach ist es leider nicht: Es gibt drei wichtige Ausnahmen.
Ausnahme 1: Freiwilliges Praktikum unter drei Monaten
Grundsätzlich ist festgelegt, dass bei einem freiwilligen Praktikum – das zwar zur Orientierung im Studium und bei der Berufswahl dient, aber nicht von der Hochschule verlangt wird – der gesetzliche Mindestlohn gezahlt werden muss. Dies gilt aber nur, wenn der Praktikant länger als drei Monate bei einer Firma beschäftigt ist. Bei Praktika, die kürzer als drei Monate dauern, darf der Arbeitgeber weiterhin frei bestimmen, was dem Praktikanten gezahlt wird.
Ausnahme 2: Pflichtpraktika
Bei vielen Studiengängen sind in der Prüfungsordnung Praktika verankert, die zum erfolgreichen Abschluss eines Studiums vorgewiesen werden müssen. Der Arbeitgeber darf Pflichtpraktikanten zu einem von ihm festgelegten Lohn beschäftigen, auch wenn der von der Hochschule vorgesehene Zeitraum drei Monate überschreitet. Dies gilt für Praktika während des Studiums genauso wie für Vorpraktika, die vor Studienbeginn geleistet werden müssen. Schreibt ein Student seine Abschlussarbeit im Rahmen eines Praktikums in einem Unternehmen, zählt dies übrigens nicht als Pflichtpraktikum. Dann ist der Mindestlohn zu zahlen. Abschlussarbeiten in einem Unternehmen könnten daher gefährdet sein, wenn die Unternehmen nicht mehr bereit sind, den Mindestlohn an Praktikanten zu zahlen.
Ausnahme 3: Praktikanten, die noch nicht volljährig sind
Sind Praktikanten noch keine 18 Jahre alt, muss ihnen kein Mindestlohn gezahlt werden. Dies kann z. B. bei Realschülern oder G8-Abiturienten der Fall sein. Die Ausnahme von der Ausnahme: Der Praktikant kann schon eine abgeschlossene Berufsausbildung vorweisen.