Crowdworker sind arbeitsrechtlich keine Arbeitnehmer
Auf die öffentlichen Verwaltungen und Betriebe kann durchaus zukommen, dass sie künftig teilweise Arbeiten und Leistungen über Internetplattformen „ausschreiben“ werden. Über solche Plattformen würden sogenannten Crowdworkern, die nicht ortsgebunden sind, dadurch kleinere Jobs vermittelt. Bei den Aufträgen geht es meistens um zeitlich begrenzte Arbeiten. Diese Mikrojobber haben zwar oft einen hohen Stundenlohn, doch nur eine kurzfristige Arbeit. Jüngst wollte ein solcher geklärt wissen, dass er wegen häufigerer Aufträge als Arbeitnehmer bei der Internetfirma anzusehen sei. Das Landesarbeitsgericht in München gab ihm aber nicht Recht.
Auf der Suche nach „billigerer Arbeitsleistung“
Was kommt da eventuell nicht nur auf Betriebsräte, sondern auch auf Personalräte zu? Es braucht nur konjunkturell eine Verknappung der öffentlichen Finanzmittel einzutreten, und schon begänne die Suche nach „billigerer Arbeitsleistung“. Die Crowdworker könnten dabei eine zunehmend gewichtigere Rolle spielen.
Ein Beispiel aus dem Crowdworking
Vermittelt über eine Internetplattform fotografierte ein Mann unter anderem Tankstellen und Märkte, um die Bilder zur Überprüfung der jeweiligen Warenpräsentation weiterzuleiten. Er verdiente in 20 Stunden pro Woche knapp 1800 Euro im Monat. Als die Plattform die Zusammenarbeit mit ihm beenden wollte, zog er vor Gericht. Aus seiner Sicht bestand zwischen ihm und der Plattform ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Die beklagte Internetfirma hielt dagegen, der Kläger sei selbstständig und habe als Selbstständiger Aufträge übernommen.
LAG: Mangels Leistungsverpflichtung kein Arbeitsverhältnis
Das LAG München entschied am 4.12.2019 (Az. 8 Sa 146/19), dass zwischen dem Kläger und dem Betreiber einer Internetplattform kein Arbeitsverhältnis bestehe. Ein Arbeitsvertrag liege nach der gesetzlichen Definition nur dann vor, wenn der Vertrag die Verpflichtung zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit vorsehe. Dies drücke sich im Allgemeinen darin aus, dass der Mitarbeiter Arbeitsanweisungen hinsichtlich Zeit, Ort und Inhalt der geschuldeten Dienstleistung beachten müsse und in die Arbeitsorganisation des Arbeitgebers eingebunden sei. Maßgeblich sei die tatsächliche Durchführung des Vertrags. Die Basisvereinbarung erfülle die Voraussetzungen schon deswegen nicht, weil sie keinerlei Verpflichtung zur Erbringung von Leistungen enthalte.
Der Vortrag des Klägers, tatsächlich einen erheblichen Teil seines Lebensunterhalts durch die Aufträge verdient und sich aus verschiedenen Gründen unter Druck gesehen zu haben, auch in Zukunft Aufträge anzunehmen, führe nach der bestehenden Gesetzeslage nicht dazu, dass der Kläger die Schutzvorschriften für Arbeitnehmer beanspruchen könne, so das LAG weiter. Die Basisvereinbarung habe deshalb als bloßer Rahmenvertrag auch per E-Mail wirksam gekündigt werden können. Mangels Relevanz nicht entschieden hat das LAG, ob jeweils durch das Anklicken eines Auftrags ein befristetes Arbeitsverhältnis begründet wurde.
Was sind Crowdworker?
Die Besonderheit der Crowdworker liegt darin, Aufträge für die Masse anzunehmen. Häufig arbeiten sie mobil, oftmals in Anlehnung an Homeoffice. Unternehmen (es können aber auch Verwaltungen sein) bieten Aufträge über bestimmte Crowdworking-Plattformen (auch als Crowdsourcing bezeichnet) an, registrierte Crowdworker können sich das Angebot ansehen und annehmen – oder eben auch nicht.
Laut dem „Crowdworking Monitor“ des Bundesarbeitsministeriums aus dem Jahr 2018 arbeiten rund 4,8 Prozent der wahlberechtigten Bevölkerung in Deutschland als Crowdworker. „Und es ist zu erwarten, dass diese Zahl deutlich ansteigen wird“, schreibt der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) in einem aktuellen Positionspapier zum Thema. Der DGB befürchtet seit Langem prekäre Arbeitsverhältnisse von Crowdworkern und fordert faire Regeln.