27.10.2020

Betriebsvereinbarungen sind Sache des Betriebsrats

Die Betriebsparteien können die Geltung einer Betriebsvereinbarung nicht davon abhängig machen, dass ihr der Großteil der Belegschaft zustimmt. Schließlich wirkten Betriebsvereinbarungen unmittelbar und zwingend, so das BAG.

Betriebsvereinbarung

Worum geht es?

Mitbestimmung. Arbeitgeber und Betriebsrat schlossen 2007 eine Betriebsvereinbarung (BV) über variable Vergütung für die im Lager beschäftigten Arbeitnehmer. Was den Zeitpunkt des Inkrafttretens der BV betrifft, trafen die Betriebsparteien folgenden Regelung: „Diese Betriebsvereinbarung tritt für alle Mitarbeiter mit Wirkung ab dem 01.07.2007 unter der Bedingung in Kraft, dass 80 % der abgegebenen Stimmen bis zum Ablauf der vom Unternehmen jeweils gesetzten Frist der Betriebsvereinbarung einzelvertraglich schriftlich zugestimmt haben … wird diese Zustimmungsquote von 80 % unterschritten, kann das Unternehmen dies dennoch für ausreichend erklären.“ Der Betriebsrat hielt diese Klausel später für unzulässig und klagte deshalb auf Feststellung, dass die BV unwirksam sei.

Das sagt das Gericht

Die Klage hatte Erfolg. Laut dem BAG könne die normative Wirkung einer Betriebsvereinbarung nicht von einem Zustimmungsquorum der Belegschaft abhängig gemacht werden. Eine solche Regelung widerspreche den Strukturprinzipien der Betriebsverfassung. Danach sei der gewählte Betriebsrat Repräsentant der Belegschaft. Er werde als Organ der Betriebsverfassung im eigenen Namen kraft Amtes tätig und sei weder an Weisungen der Beschäftigten gebunden noch bedürfe sein Handeln deren Zustimmung. Eine von ihm abgeschlossene Betriebsvereinbarung gelte kraft Gesetzes unmittelbar und zwingend. Dieser Umstand schließe es aus, die Geltung einer Betriebsvereinbarung an das Erreichen eines Zustimmungsquorums, verbunden mit dem Abschluss einer einzelvertraglichen Vereinbarung mit dem Arbeitgeber, zu knüpfen. BAG, Beschluss vom 28.07.2020, Az.: 1 ABR 4/19

Das bedeutet für Sie

Eine Betriebsvereinbarung hat normativen Charakter, d. h. sie gilt gemäß § 77 Abs. 4 BetrVG unmittelbar und zwingend für alle von ihr erfassten Arbeitsverhältnisse. Die Belegschaft hat keinen Einfluss auf den Inhalt oder die Modalitäten einer Betriebsvereinbarung. Der Betriebsrat ist völlig frei in seiner Entscheidung über das „Ob“ und „Wie“ einer BV. Eine Rücksprache mit der Belegschaft ist nicht erforderlich.

Autor*in: Daniel Roth (ist Chefredakteur des Beratungsbriefs Urteils-Ticker Betriebsrat.)