27.08.2021

Betriebsrats-Check: Quarantäne und Entgelt nach dem Urlaub

Viele Arbeitnehmer genossen dieses Jahr ihren ersehnten Sommerurlaub – doch wie gestaltet sich die Situation nach der Rückkehr? Auch wenn sich hier Regeln schnell ändern können, gibt es einige Grundzüge, die bei der Orientierung helfen. Für Betriebsräte ist es sinnvoll, diese zu kennen. Nur dann können sie etwaige Missstände im Betrieb erkennen und Kollegen kompetent beraten.

Urlaub Corona

Arbeitnehmer dürfen in der Regel frei entscheiden, wohin sie in Urlaub fahren. Der Arbeitgeber hat auch kein Recht darauf, über das Ziel im Vorfeld der Reise informiert zu werden. Es sind eigentlich kaum Fälle denkbar, in denen Beschäftigte durch ihren Arbeitgeber dazu verpflichtet werden könnten, auf bestimmte Destinationen zu verzichten. Das gilt umso mehr, als es strenge bundes- und landesrechtliche Bestimmungen gibt, wie nach der Rückkehr aus „gefährlichen“ Destinationen zu verfahren ist.

Quarantäne: Diese Rechtsgrundlagen gibt es

Wer Urlaub außerhalb Deutschlands macht, für den sind bei der Rückkehr die Einreiseverordnungen des Bundes und der Länder maßgeblich. So sieht die Einreiseverordnung des Bundes seit dem 30.3.2021 vor, dass grundsätzlich alle Personen, die per Flugzeug nach Deutschland einreisen, – vor Abflug dem Beförderer ein negatives Testergebnis (max. 48 Stunden alt) vorlegen müssen, – unabhängig davon, ob sie aus einem Risiko-, Hochinzidenz- bzw. Virusvariantengebiet kommen oder nicht.

Halten sich Reisende nicht daran, drohen Bußgelder (§ 9 der Verordnung: Ordnungswidrigkeiten). Wer aus einem Risiko-, Hochinzidenz- bzw. Virusvariantengebiet kommt, muss zudem nach der Einreise direkt in Quarantäne. Welches Land wie eingestuft ist, lässt sich der Website des Robert-Koch-Instituts (RKI) entnehmen.

Da die Quarantänevorschriften von den einzelnen Bundesländern erlassen werden, kann es diesbezüglich Unterschiede geben. Allerdings sehen die Bestimmungen in den meisten Bundesländern vor, dass sich Rückkehrer auf direktem Weg nach Hause in eine zehntägige Quarantäne begeben müssen, die sich allerdings in der Regel auf fünf Tage verkürzt, wenn man sich „freitesten“ lässt. Manche Bundesländer verlangen zudem einen Wiederholungstest.

Ausnahmen von der Quarantänepflicht für Geimpfte bzw. Genesene

Die COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung sieht insbesondere vor, dass die Quarantänepflichten nicht für Geimpfte und Genesene gelten, etwa bei Einreisen aus dem Ausland. Dies gilt allerdings nicht für Reisen aus sogenannten Virusvariantengebieten; hier ist weiterhin die Quarantäne erforderlich.

Als geimpft gilt derjenige, bei dem die letzte erforderliche Einzelimpfung mindestens 14 Tage her ist. Genesen sind Menschen, die einen positiven PCR-Labortest nachweisen, der mindestens 28 Tage und höchstens sechs Monate alt ist. Solche Arbeitnehmer müssen also nach ihrer Rückkehr grundsätzlich nicht in Quarantäne.

Homeoffice in der Quarantäne?

Wenn Arbeitnehmer nach der Rückkehr in Quarantäne müssen, stellt sich zunächst die Frage, ob sie ihre Tätigkeit während dieses Zeitraums aus der häuslichen Absonderung heraus weiterführen können, d. h. konkret aus dem Homeoffice. Ist das möglich, sind sie zwar in Quarantäne, arbeiten aber normal weiter. In diesem Fall erhalten sie auch ihre Vergütung weiterhin vom Arbeitgeber. Insoweit gibt es keine Besonderheiten, die es zu beachten gilt.

Quarantäne: Greift § 616 BGB?

Wenn ein Arbeitnehmer nach der Rückkehr aus dem Urlaub in Quarantäne muss, ist das eine behördliche Anordnung. Der Beschäftigte darf gar nicht an seinem Arbeitsplatz im Betrieb erscheinen.

Damit könnte die Vorschrift des § 616 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) einschlägig sein. Danach hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer von der Arbeitsleistung freizustellen, wenn er aus einem persönlichen Grund an der Arbeitsleistung verhindert ist. Einen solchen Grund könnte die Quarantäne darstellen.

Allerdings gibt es eine weitere wichtige Voraussetzung dafür, dass der Arbeitgeber dann trotz Quarantäne die Vergütung weiterzahlen muss: Den Beschäftigten darf hinsichtlich seines Ausfalls keine Schuld treffen. Ein Verschulden des Arbeitnehmers in diesem Sinne ist aber nur zu bejahen bei einem leichtsinnigen, unverantwortlichen Verhalten oder bei einem groben Verstoß gegen die im Verkehr erforderliche Sorgfalt.

Das dürfte allerdings bei einer wissentlichen Reise in ein Risiko-, Hochinzidenz- bzw. Virusvariantengebiet durchaus erfüllt sein. Anders sieht es allerdings bei einer Einstufung des Landes als „problematisch“ dann aus, wenn diese erst nach der Abreise erfolgt. In diesem Fall könnte der Arbeitgeber unter Umständen zur Zahlung des Entgelts verpflichtet sein. Das hängt von der konkreten Situation ab.

Hinweis: § 616 BGB oft im Vertrag ausgeschlossen

Unabhängig von der Frage, ob ein schuldhaftes Verhalten des Arbeitnehmers für seine Verhinderung durch die Quarantäne vorliegt, gibt es einen weiteren Grund, warum diese Vorschrift oft nicht greift: Ihre Geltung kann nämlich im Arbeitsvertrag ausgeschlossen werden. Und das ist in der Praxis auch sehr häufig der Fall. Das heißt, ist der § 616 BGB vertraglich abbedungen, erhält der Beschäftigte vom Arbeitgeber während der Quarantäne in keinem Fall eine Vergütung.

Geld vom Staat bei Entschädigungsanspruch

Falls der Arbeitnehmer nach der Rückkehr in Quarantäne muss und der Arbeitgeber vertraglich nicht zur Fortzahlung der Vergütung verpflichtet ist (also etwa, wenn § 616 BGB vertraglich ausgeschlossen ist), ist zu prüfen, ob der Arbeitnehmer für das Beschäftigungsverbot während der Quarantäne einen Entschädigungsanspruch nach § 56 Infektionsschutzgesetz (IfSG) hat.

Diese Vorschrift bestimmt, dass der Arbeitgeber das Entgelt für die ersten sechs Wochen der Quarantäne weiterzahlt. Für diese Zahlungen kann er innerhalb von zwölf Monaten eine Erstattung, bei der im jeweiligen Bundesland zuständigen Behörde beantragen.

Das heißt: Bei einer Quarantäne nach Rückkehr aus dem Urlaub zahlt der Arbeitgeber den Beschäftigten weiter, kann sich das aber vom Staat erstatten lassen. Allerdings ist zu beachten, dass der Entschädigungsanspruch nur dann greift, wenn das Zielland des Beschäftigten vor der Abreise kein Risikogebiet war.

Bewusste Entscheidung für Risikogebiet: kein Gehalt

Mögliche Entschädigungsansprüche nach § 56 Infektionsschutzgesetz gibt es in der Quarantäne nur dann, wenn das Zielland bei der Abreise nicht als Risiko-, Hochinzidenz- bzw. Virusvariantengebiet eingestuft war. Da das RKI diese Einstufungen mitunter schnell ändert, kann das durchaus eintreten.

Ist das Land aber schon vorher in einer dieser Kategorien enthalten, guckt der Beschäftigte meist in die Röhre: Denn wer das Risiko der Quarantäne bewusst in Kauf nimmt, der erhält für die Zeit der Quarantäne keine Entschädigung nach dem IfSG (§ 56 Abs. 1 Satz 3 IfSG).

Wird das vom Arbeitnehmer bereiste Urlaubsland erst nach Reiseantritt zum Risikogebiet erklärt, hat der Beschäftigte nicht schuldhaft gehandelt. Er hat dann für die Dauer der Quarantäne weiterhin einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung und der Arbeitgeber einen Anspruch auf Entschädigung für diese Zahlungen.

Fazit: Die Kollegen sollten Bescheid wissen

In den meisten Fällen tragen Beschäftigte selbst das Risiko, wenn sie in ein Risiko-, Hochinzidenz- bzw. Virusvariantengebiet fahren und diese Tatsache bereits vor ihrer Abreise feststand. Dann darf der Beschäftigte zwar dorthin reisen, hat aber gegenüber dem Arbeitgeber keinen Anspruch auf Gehalt.

Etwas anderes gilt nur, wenn der Beschäftigte während der Quarantäne im Homeoffice arbeiten kann. Dann muss er regulär bezahlt werden. Wenn sich die Einstufung des RKI während der Reise des Arbeitnehmers ändert und eine Quarantäne erforderlich wird, behält der Beschäftigte regelmäßig seinen Entgeltanspruch.

Das kann der Betriebsrat hier tun

Grundsätzlich zählen die Fragen einer Quarantäne und einer etwaigen Vergütungspflicht nicht zu den Bereichen, in denen Betriebsräte über viele Mitbestimmungsrechte verfügen. Das heißt aber nicht, dass sich das Gremium damit gar nicht befassen sollte.

Es kann sinnvoll sein, mit der Geschäftsleitung das Gespräch über diesen Problemkreis zu suchen und – im besten Fall – gemeinsam entsprechende Informationen darüber zusammenzustellen. Viele Beschäftigte sind sich unter Umständen gar nicht darüber bewusst, welche Regeln gelten und mit welchen Konsequenzen das verbunden sein kann.

Deshalb kann es nur hilfreich sein, auf die Kollegen zuzugehen und sie entsprechend zu unterrichten. Das geschieht am besten über mehrere Kanäle, z. B. über das Intranet, eine E-Mail oder, etwa in Produktionsbetrieben, auch über Aushänge im Betrieb.

Zusätzlich sollten Arbeitnehmervertreter für die Kollegen zur Verfügung stehen, wenn diese nach der Rückkehr aus dem Urlaub weitere Fragen haben. Allerdings können Betriebsratsmitglieder hier natürlich auch nicht alles wissen und sollten die Beschäftigten im Zweifel lieber weiterverweisen, wenn sie selbst nicht weiterhelfen können.

Autor*in: Silke Rohde (ist Rechtsanwältin & Journalistin sowie Chefredakteurin des Fachmagazins Betriebsrat KOMPAKT.)