BAG: Arbeitnehmer muss Weihnachtsgeld zurückzahlen
Bald ist es schon wieder so weit. Im November kann sich über die Hälfte der Beschäftigten über ein Weihnachtsgeld freuen, das neben dem Urlaubsgeld die populärste Form der finanziellen Sonderzuwendung ist. Doch aufgepasst: Wer Weihnachtsgeld kassiert und den Betrieb verlässt, muss das Geld eventuell zurückzahlen.
Worum geht es?
Arbeitsrecht. Ein Arbeitnehmer war seit 1995 als Busfahrer für ein Verkehrsunternehmen tätig. Auf das Arbeitsverhältnis fand ein Tarifvertrag Anwendung, der einen Anspruch auf eine bis zum 01.12. zu zahlende Sonderzuwendung vorsieht (Weihnachtsgeld). Das Weihnachtsgeld ist laut der tariflichen Regelung zurückzuzahlen, wenn ein Arbeitnehmer bis zum 31.03. des folgenden Jahres aus eigenem Verschulden oder auf eigenen Wunsch aus dem Beschäftigungsverhältnis ausscheidet. Der Busfahrer kündigte das Arbeitsverhältnis im Oktober 2015 zum Januar 2016. Mit der Abrechnung für den Monat November 2015 zahlte ihm der Arbeitgeber die tarifliche Sonderzuwendung in Höhe eines Monatslohns. Nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses forderte der Arbeitgeber den Busfahrer zur Rückzahlung des Weihnachtsgeldes gemäß der tarifvertraglichen Regelung auf. Der ehemalige Arbeitnehmer verweigerte die Rückzahlung, weil die Tarifvorschrift unwirksam sei. Sie verstoße als unverhältnismäßige Kündigungsbeschränkung gegen das Grundrecht auf Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Der Arbeitgeber zog vor Gericht und klagte auf Zahlung.
Das sagt das Gericht
Die Klage war in allen Instanzen erfolgreich. Die sich aus der tarifvertraglichen Stichtagsregelung ergebende Rückzahlungsverpflichtung verstoße nach Meinung des BAG nicht gegen höherrangiges Recht. Die Regelung greife zwar in die Berufsfreiheit der Arbeitnehmer ein. Denn Artikel 12 GG schütze auch die Entscheidung eines Arbeitnehmers, eine konkrete Beschäftigungsmöglichkeit in einem gewählten Beruf beizubehalten oder aufzugeben. Die Einschränkung der Berufsfreiheit sei im Streitfall aber noch verhältnismäßig. Die Grenzen des gegenüber einseitig gestellten Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen erweiterten Gestaltungsspielraums der Tarifvertragsparteien seien nicht überschritten. BAG, Urteil vom 27.06.2018, Az.: 10 AZR 290/17
Das bedeutet für Sie als Betriebsrat
Arbeitnehmer können nach einer Eigenkündigung tarifvertraglich verpflichtet sein, eine empfangene Sonderzuwendung an den Ex-Arbeitgeber zurückzuzahlen. Juristisch korrekt lautet der Tenor der Entscheidung: In Tarifverträgen kann der Anspruch auf eine jährliche Sonderzahlung vom Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Stichtag außerhalb des Bezugszeitraums im Folgejahr (hier 31.03.) abhängig gemacht werden. Wäre eine solche Rückzahlungsregelung als Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB) Bestandteil des (Formular-)Arbeitsvertrages, wäre sie nach der Rechtsprechung des BAG übrigens unwirksam, wenn sie einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB zu unterziehen wäre (BAG, Urteil vom 13.11.2013, Az.: 10 AZR 848/12). Wird ein Tarifvertrag allerdings wie im Eingangsfall in seiner Gesamtheit in ein Arbeitsverhältnis einbezogen, findet keine Inhaltskontrolle statt, weil es in § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB heißt „Dieser Abschnitt findet keine Anwendung …. auf Tarifverträge …“.
Gesetz kennt keinen Anspruch auf Weihnachtsgeld
Weihnachtsgeld ist eine Sonderzuwendung, auf die kein gesetzlicher Anspruch besteht. Es handelt sich um eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers, soweit kein Anspruch auf Zahlung eines Weihnachtsgeldes aus
- einem Tarifvertrag,
- einer Betriebsvereinbarung,
- dem Arbeitsvertrag,
- einer betrieblichen Übung oder
- dem Gleichbehandlungsgrundsatz besteht.
Hinweis
Besteht ein abschließend geregelter tarifvertraglicher Anspruch auf Weihnachtsgeld, hat der Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht. Handelt es sich hingegen um eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers, bestimmt die Arbeitnehmervertretung über die Frage mit, „wie“ das Weihnachtsgeld im Sinne des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes auf die Beschäftigten verteilt wird.