BAG: Versetzung ins Ausland ist grundsätzlich möglich
In einem Grundsatzurteil hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) klargestellt, dass Arbeitgeber Beschäftigte dauerhaft ins Ausland versetzen können, sofern im zugrunde liegenden Arbeitsvertrag nicht ausdrücklich etwas Anderes vereinbart ist. Das Weisungsrecht zum Arbeitsort gelte nicht nur für Deutschland, sondern auch für Standorte im Ausland.
Worum geht es?
Ein Arbeitnehmer ist bei einer irischen Fluglinie als Pilot beschäftigt. Nach der Stilllegung sämtlicher deutschen Standorte ersetzte ihn die Arbeitgeberin an eine Flugbasis in Italien und sprach hilfsweise eine entsprechende Änderungskündigung aus. An dem Standort in Italien sollte er zu den dort geltenden Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigt werden. Im Arbeitsvertrag war vereinbart, dass der Pilot auch an jedem anderen Standort des Unternehmens eingesetzt werden kann und sich die Vergütung dann nach dem dort geltenden System richtet. Der Pilot nahm das Änderungsangebot unter Vorbehalt an und klagte danach gegen seine Versetzung und die vom Arbeitgeber vorsorglich ausgesprochene Änderungskündigung. Er meinte, die Versetzungsklausel im Arbeitsvertrag sei unwirksam, weil nach § 106 GewO (Gewerbeordnung) das Weisungsrecht des Arbeitgebers auf das Territorium der Bundesrepublik begrenzt sei und keine Versetzung ins Ausland erfasse. Die Arbeitgeberin meinte, dass die Versetzung nicht zu beanstanden sei. Nachdem die Vorinstanzen (ArbG Nürnberg und LAG Nürnberg) die Klage abgewiesen hatten, zog der Pilot vor das BAG.
Das sagt das Gericht
Die Erfurter Bundesrichter schlossen sich der Auffassung der Vorinstanzen an und wiesen die Klage ebenfalls ab. Der Arbeitgeber könne aufgrund seines arbeitsvertraglichen Weisungsrechts den Arbeitnehmer anweisen, an einem Arbeitsort des Unternehmens im Ausland zu arbeiten, wenn nicht im Arbeitsvertrag ausdrücklich oder den Umständen
nach konkludent etwas Anderes vereinbart worden sei. § 106 GewO (Gewerbeordnung) begrenze das Weisungsrecht des Arbeitgebers insoweit nicht auf das Territorium der Bundesrepublik Deutschland. BAG, Urteil vom 30.11.2022, Az.: 5 AZR 336/21
Das bedeutet für Sie als Betriebsrat
Vor dem Hintergrund, dass die Arbeitswelt im Zuge der fortschreitenden Globalisierung immer internationaler wird, hat die Entscheidung des BAG weitreichende Folgen. Denn in vielen Arbeitsverträgen ist kein Arbeitsort festgelegt. In diesen
Fällen kann der Arbeitgeber den Arbeitsort nach betrieblichen Notwendigkeiten festlegen. Willkürliche Versetzungen sind dabei ausgeschlossen, weil der Gesetzgeber die Arbeitgeber bei der Ausübung ihres Weisungsrechts verpflichtet, billiges Ermessen zu wahren. Dies bedeutet im Klartext, dass sie bei einer Anordnung hinsichtlich des Arbeitsortes den Interessen der Beschäftigten hinreichend Rechnung tragen müssen.
Versetzungsklausel erweitert Gestaltungsspielraum der Arbeitgeber Je konkreter die Vertragsparteien den Arbeitsort im Arbeitsvertrag ausgestaltet haben (z. B. „Einsatzort ist die Filiale in Köln“), desto besser ist der Beschäftigte vor einer Versetzung an einen anderen Arbeitsort geschützt. Enthält der Vertrag eine sogenannte Versetzungsklausel (vgl. Beispiel), steht es dem Arbeitgeber trotz des konkret beschriebenen Arbeitsortes frei, eine Versetzung anzuordnen, sofern sie nach billigem Ermessen erfolgt, d. h. unter angemessener Berücksichtigung der Interessen des Beschäftigten. Gerichtlich überprüfbar sind Versetzungsklauseln dahingehend, ob sie aus Arbeitnehmersicht verständlich sind und keine unangemessene Benachteiligung enthalten.