BAG: Mindestlohn bildet unterste Grenze für Nachtzuschläge
Erfreuliche Nachrichten aus Erfurt: Das BAG hat die Rechte von Tausenden Schichtarbeitern gestärkt. In einem Grundsatzurteil stellten die Arbeitsrichter klar, dass für die Berechnung von Nachtzuschlägen der Mindestlohn als unterste Basis gilt. Das gleiche gilt für Feiertagslohn und Urlaubsgeld.
Worum geht es?
Geschäftsführung Betriebsrat. Eine Arbeitnehmerin ist seit über 25 Jahren als Montagekraft für ein Unternehmen tätig. Sie ist Mitglied in der IG Metall. Auf ihr Arbeitsverhältnis finden die Regelungen des Manteltarifvertrages der Metall- und Elektroindustrie Anwendung. Dieser sieht einen Nachtarbeitszuschlag in Höhe von 25 Prozent des tatsächlichen Stundenverdienstes und ein „Urlaubsentgelt“ in Höhe des 1,5-fachen durchschnittlichen Arbeitsverdienstes vor. Als 2015 der Mindestlohn in Höhe von 8,50 € eingeführt wurde, erhielt die Arbeitnehmerin zwischen 7,00 € und 7,15 € in der Stunde sowie eine „Zulage nach MiLoG“, um so den Stundenlohn auf den Mindeststundenlohn aufzustocken. Die Vergütung für einen Feiertag und einen Urlaubstag berechnete der Arbeitgeber ebenso wie den Nachtarbeitszuschlag nicht auf Grundlage des gesetzlichen Mindestlohns, sondern nach der niedrigeren vertraglichen Stundenvergütung. Dagegen klagte die Beschäftigte.
Das sagt das Gericht
Das BAG gab ihr Recht und begründete seine Entscheidung wie folgt: Sowohl Zuschläge für Nachtarbeit als auch Urlaubs- und Feiertage müssen auf der Grundlage des gesetzlichen Mindestlohns berechnet werden. Der im Streitfall maßgebliche Tarifvertrag stellt bei der Bestimmung der Nachtzuschläge auf den tatsächlichen Stundenverdienst ab. Seit dem 01.01.2015 gilt bundesweit der gesetzliche Mindestlohn von damals 8,50 € für jede Stunde geleisteter Arbeit. Damit ist für einen Rückgriff auf einen vertraglich vereinbarten geringeren Stundenlohn kein Platz. Auch für die Fortzahlung von Entgelt an Urlaubs- und Feiertagen kommt als untere Grenze nur der Mindestlohn in Betracht. Dabei gilt das Entgeltausfallprinzip, nach dem der Beschäftigte so gestellt werden muss, als hätte er an diesen Tagen tatsächlich gearbeitet. BAG, Urteil vom 20.09.2017, Az.: 10 AZR 171/16
Das bedeutet für Sie als Betriebsrat
Als engagierter Betriebsrat wissen Sie, dass Sie gemäß § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG darüber zu wachen haben, dass die zugunsten Ihrer Kolleginnen und Kollegen geltenden Gesetze und Tarifverträge von Ihrem Arbeitgeber durchgeführt werden. Merken Sie sich vor diesem Hintergrund Folgendes: Sieht ein Tarifvertrag einen Nachtarbeitszuschlag vor, so bildet der gesetzliche Mindestlohn die unterste Berechnungsgrundlage. Für die Vergütung an Feiertagen gilt dasselbe. Soweit kein höherer tariflicher oder vertraglicher Vergütungsanspruch besteht, bestimmt sich die Höhe der Entgeltfortzahlung an Feiertagen nach § 2 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) in Verbindung mit § 1 Mindestlohngesetz (MiLoG).
Praxistipp
Der Betriebsrat kann dafür sorgen, dass eventuell geltende Ausschlussfristen eingehalten werden, indem er für die Beschäftigten in deren Auftrag die entsprechenden Ansprüche beim Arbeitgeber geltend macht.
So sorgt der Betriebsrat für Lohngerechtigkeit im Betrieb
Der Betriebsrat hat nach dem Betriebsverfassungsgesetz das Recht, die vom Arbeitgeber an die Beschäftigten gezahlten Löhne zu kontrollieren. Diesem Zweck dient der Anspruch aus § 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG, der darauf gerichtet ist, Einblick in die Listen über die Bruttolöhne zu nehmen. Stellt der Betriebsrat dabei einen Verstoß des Arbeitgebers gegen das Mindestlohngesetz fest, so ist er nicht dazu befugt, dadurch entstandene Lohndifferenzen für betroffene Arbeitnehmer einzuklagen. Das ist allein Sache der Beschäftigten, weil es sich um eine individualrechtliche Angelegenheit handelt. Das Gremium hat vielmehr die Aufgabe, beim Arbeitgeber vorstellig zu werden und ihn darauf hinzuweisen, dass er gegen das Mindestlohngesetz verstößt, indem er weniger als (aktuell) 8,64 € die Stunde zahlt.