10.10.2018

BAG konkretisiert Anspruch auf Gehaltsanpassung von Betriebsräten

Während sich Betriebsratsmitglieder für die Interessen der Belegschaft einsetzen, können sich andere Arbeitnehmer uneingeschränkt beruflich weiterentwickeln, die Karriereleiter emporsteigen und den Verdienst steigern. Um Betriebsräte vor finanziellen Nachteilen zu schützen, haben sie ggf. Anspruch auf Gehaltsanpassung.

Betriebsrat Rechte

Worum geht es?

Geschäftsführung Betriebsrat. Ein Arbeitnehmer ist seit 1995 für einen IT-Dienstleister tätig. 2000 wurde er bei der Betriebsratswahl zum Ersatzmitglied gewählt. Als solches nahm er in regelmäßiger Folge an Sitzungen des Betriebsrats teil. Seit 2002 gehört er dem Gremium ununterbrochen als ordentliches Mitglied an. Bis 2014 wurde die Vergütungshöhe der Betriebsratsmitglieder dergestalt angepasst, dass für jedes Mitglied drei Vergleichspersonen bestimmt wurden. Deren Gehaltsanpassungen und Bonuszahlungen wurden jährlich summiert und durch drei dividiert. Den sich daraus ergebenden Durchschnittswert gewährte der Arbeitgeber dem jeweiligen Betriebsratsmitglied. Dieses Verfahren änderte der Arbeitgeber ab 2014 wie folgt: Die Gehälter der Betriebsratsmitglieder wurden nur noch dann angepasst, wenn die Mehrzahl der Vergleichspersonen eine Gehaltserhöhung erhalten hatten. Aufgrund dieses veränderten Verfahrens hinkte das Gehalt des Betriebsratsmitgliedes teilweise hinter den Gehältern der Mitglieder der Vergleichsgruppe her. Die Differenz forderte er von seinem Arbeitgeber.

Das sagt das Gericht

Das BAG verwies den Rechtsstreit an das LAG Düsseldorf zurück, weil es aufgrund des Fehlens tatsächlicher Feststellungen nicht beurteilen konnte, ob die Gehaltsentwicklung des Betriebsratsmitgliedes den gesetzlichen Vorgaben entsprach. Die Erfurter Richter betonten jedoch, dass bei einer kleinen Vergleichsgruppe wie hier und unterschiedlich ausfallenden Gehaltserhöhungen der Durchschnitt der gewährten Gehaltserhöhungen für den Gehaltsanpassungsanspruch des Betriebsratsmitgliedes maßgebend sein könne. Nur so könne eine Benachteiligung des Betriebsratsmitgliedes ausgeschlossen werden. Entgegen der Auffassung des Arbeitgebers seien Gehaltserhöhungen der Vergleichspersonen nicht nur dann berücksichtigungsfähig, wenn die Mehrheit der Vergleichspersonen in einem bestimmten Zeitraum – etwa in einem Kalenderjahr – eine Gehaltserhöhung erhalten habe. BAG, Beschluss vom 21.02.2018, Az.: 7 AZR 496/16

Das bedeutet für Sie als Betriebsrat

Um Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen aus dem Betriebsratsgremium vor finanziellen Nachteilen zu schützen, die durch die Ausübung des Betriebsratsamtes entstehen können, hat der Gesetzgeber den § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG geschaffen. Danach darf sich der Verdienst eines Betriebsratsmitgliedes aufgrund der Betriebsratstätigkeit nicht verringern (Verbot der Minderung des Arbeitsentgeltes). Darüber hinaus darf der Verdienst einschließlich eines Zeitraumes von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nicht niedriger ausfallen als der Verdienst vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung (Anspruch auf Gehaltsanpassung).

Hinweis: Gehaltsanpassung bei Betriebsratsmitgliedern

Merken Sie sich Folgendes: Für die Ermittlung des Gehaltsanpassungsanspruchs eines Betriebsratsmitgliedes gemäß § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG ist bei großen Vergleichsgruppen mit gleichförmigen Gehaltserhöhungen entscheidend, in welchem Umfang die Gehälter der Mehrzahl der Vergleichsgruppe angehoben werden. Demgegenüber ist bei kleineren Vergleichsgruppen mit unterschiedlichen Erhöhungen auf die durchschnittliche Gehaltsentwicklung abzustellen.

Freigestellte Betriebsräte können Anschluss verlieren

Was das Verbot der Minderung des Arbeitsentgeltes betrifft, so macht es keinen Unterschied, ob ein Betriebsratsmitglied freigestellt ist oder nicht. Es gilt für alle Arbeitnehmervertreter gleichermaßen. Der Anspruch auf Gehaltsanpassung hingegen steht in erster Linie vollständig freigestellten Betriebsratsmitgliedern zu, die nicht mehr ihrer beruflichen Tätigkeit nachgehen, sondern sich ausschließlich der Betriebsratsarbeit widmen. Hier ist die Gefahr entsprechend groß, dass freigestellte Betriebsratsmitglieder in ihrer beruflichen Entwicklung beeinträchtigt werden. Aber auch nicht voll freigestellten Betriebsräten kann ein Anspruch auf Gehaltsanpassung zustehen.

 

Autor*in: Daniel Roth (ist Chefredakteur des Beratungsbriefs Urteils-Ticker Betriebsrat.)