24.04.2019

BAG: Arbeitgeber muss Beschäftigte vor Verfall von Resturlaub warnen

Die Würfel sind gefallen: In der mit Spannung erwarteten Entscheidung des BAG zu der Frage, inwieweit nicht genommener Urlaub verfallen darf, ohne dass der Arbeitgeber auf den drohenden Verfall hingewiesen hat, haben die Bundesrichter die Arbeitnehmerrechte gestärkt und die Vorgaben des EuGH umgesetzt.

Wann verfällt Urlaub?

Worum geht es?

Ein Arbeitnehmer war vom 01.08.2001 bis zum 31.12.2013 als Wissenschaftler für die Max- Planck-Gesellschaft in München tätig. Nach dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses forderte er Urlaubsabgeltung (Ausbezahlung) für 51 Tage nicht genommenen Urlaub aus den Jahren 2012 und 2013 in Höhe von rund 12.000 €. Den Urlaub hatte er nach eigenen Angaben wegen eng getakteter Projektphasen nicht nehmen können und deshalb gar nicht erst beantragt. Die Arbeitgeberin behauptete, sie habe den Arbeitnehmer in einer E-Mail auf seine Urlaubsansprüche hingewiesen. Der Wissenschaftler bestritt den Erhalt einer solchen E-Mail und verklagte die Arbeitgeberin auf finanzielle Abgeltung des Resturlaubs.

Das sagt das Gericht

Aufgrund dieser unklaren Faktenlage fällte das BAG kein Urteil, sondern verwies die Sache an die Vorinstanz zurück. Die Erfurter Bundesrichter betonten jedoch, dass der Arbeitgeber gehalten sei, konkret und in völliger Transparenz dafür zu sorgen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage sei, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, indem er ihn – erforderlichenfalls förmlich – auffordere, dies zu tun. Der Verfall von Urlaub könne daher in der Regel nur eintreten, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor konkret aufgefordert habe, den Urlaub zu nehmen und ihn klar und rechtzeitig darauf hingewiesen habe, dass der Urlaub anderenfalls mit Ablauf des Urlaubsjahres oder Übertragungszeitraumes erlösche. BAG, Urteil vom 19.02.2019, Az.: 9 AZR 541/15

Das bedeutet für Sie als Betriebsrat

Auf den Punkt gebracht bedeutet die Entscheidung, dass Urlaub nicht automatisch verfällt, wenn er nicht rechtzeitig genommen wurde. Der Verfall von Resturlaub setzt vielmehr voraus, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer ausdrücklich dazu aufgefordert hat, noch nicht beantragten Urlaub zu nehmen und darauf hingewiesen hat, dass er ansonsten verfällt. Der Arbeitgeber ist zwar nicht gezwungen, Beschäftigten Urlaub zu gewähren, den diese nicht beantragt haben. Er muss sie allerdings „klar und rechtzeitig“ auf nicht genommenen Urlaub und das Verfallrisiko hinweisen. Was „rechtzeitig“ bedeutet, ließ das BAG offen. Es ist absehbar, dass diese Frage die Arbeitsgerichte in Zukunft beschäftigen wird.

Wann verfällt der Urlaub?
Die Checkliste Urlaubsverfall können Sie auch kostenfrei downloaden.
Autor*in: Daniel Roth (ist Chefredakteur des Beratungsbriefs Urteils-Ticker Betriebsrat.)