Arbeitskontrolle: BAG stoppt Totalüberwachung
Das BAG zeigt klare Kante beim Thema Arbeitskontrolle: Eine dauerhafte technische Überwachung der Produktivität von Beschäftigten stellt einen schwerwiegenden Eingriff in deren Persönlichkeitsrecht dar und ist deshalb unzulässig. BAG, Beschluss vom 25.04.2017, Az.: 1 ABR 46/15
Worum geht es?
Geschäftsführung Betriebsrat. Der Chef eines großen Versicherungsunternehmens hatte festgestellt, dass sich die Produktivität der 38 für die Schadensbearbeitung zuständigen Außenstellen stark unterschied. Um gegenzusteuern, sollten durch IT-Systeme die von jedem einzelnen Sachbearbeiter erledigten bzw. nicht erledigten Arbeitsschritte überwacht und in das Verhältnis zum Durchschnitt der Kollegen gesetzt werden. Nachdem sich Arbeitgeber und Gesamtbetriebsrat nicht auf eine gemeinsame Lösung verständigen konnten, rief Ersterer die Einigungsstelle an. Diese beschloss eine Betriebsvereinbarung „Belastungsstatistik“, mit der neben den bearbeiteten Fallzahlen und „Rückständen“ der einzelnen Sachbearbeiter auch detaillierte Daten zu den einzelnen Arbeitsschritten erfasst werden sollten. Der Gesamtbetriebsrat hielt die BV wegen Verletzung der Persönlichkeitsrechte für unwirksam und klagte dagegen.
Das sagt das Gericht
Die Klage hatte Erfolg. Eine Betriebsvereinbarung über eine „Belastungsstatistik“, die durch eine technische Überwachungseinrichtung im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG dauerhaft die Erfassung, Speicherung und Auswertung einzelner Arbeitsschritte und damit des wesentlichen Arbeitsverhaltens der Beschäftigten anhand quantitativer Kriterien während ihrer gesamten Arbeitszeit vorsieht, stelle einen schwerwiegenden Eingriff in deren Persönlichkeitsrecht dar. Ein solcher Eingriff sei nicht durch überwiegend schutzwürdige Belange des Arbeitgebers gedeckt. BAG, Beschluss vom 25.04.2017, Az.: 1 ABR 46/15
Das bedeutet für Sie als Betriebsrat
Mit diesem Grundsatzbeschluss hat das BAG einer engen digitalen Überwachung am Arbeitsplatz den Riegel vorgeschoben. Eine Totalkontrolle von Gruppen von Beschäftigten mithilfe technischer Einrichtungen ohne individuellen Verdacht ist stets verboten. Meint der Betriebsrat – wie im Eingangsfall –, die Einigungsstelle habe ihr Ermessen überschritten, kann er die Entscheidung gerichtlich überprüfen lassen. Rechtsgrundlage hierfür ist § 76 Abs. 5 Satz 4 BetrVG. Danach muss der Antrag innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Spruchs der Einigungsstelle bei Gericht eingehen.