Arbeitnehmer haben keinen Anspruch auf halbe Urlaubstage
Arbeitgeber sind nicht dazu verpflichtet, einem Arbeitnehmer halbe Urlaubstage zu gewähren. Das hat das LAG Baden-Württemberg bestätigt. Ein Urlaubswunsch, der auf eine Zerstückelung des Urlaubs gerichtet sei, müsse nicht erfüllt werden. Urlaub sei laut dem Bundesurlaubsgesetz zusammenhängend zu gewähren.
Worum geht es?
Ein Arbeitnehmer ist seit 1977 als Zerspanungsmechaniker in einem Unternehmen beschäftigt. Aufgrund eines Betriebsübergangs ging das Unternehmen zum 01.12.2015 auf einen neuen Arbeitgeber über. Der Arbeitnehmer hat einen vertraglichen Urlaubsanspruch von 31 Tagen pro Jahr. 2015 hatte ihm der alte Arbeitgeber für seine Nebentätigkeit in einem Weinberg antragsgemäß an insgesamt 18 Tagen und in 2016 an insgesamt 13 Tagen halbe Urlaubstage gewährt. Der neue Arbeitgeber teilte dem Arbeitnehmer im August 2017 mit, ihm künftig nicht mehr als sechs halbe Tage Urlaub pro Jahr zu gewähren. Damit war der Arbeitnehmer nicht einverstanden und zog vor Gericht. Er behauptete, er habe einen Anspruch darauf, zehn, hilfsweise acht, Urlaubstage pro Jahr auch halbtageweise (also 20 halbe Tage bzw. 16 halbe Tage) zu nehmen. Dabei berief er sich auf die jahrzehntelange betriebliche Übung im Unternehmen. Der neue Arbeitgeber wollte davon nichts wissen. Deshalb klagte der Arbeitnehmer.
Das sagt das Gericht
Das Gericht gab dem Arbeitgeber Recht. Der Arbeitnehmer habe keinen Anspruch auf Urlaubsfestlegungen nach seinen Wünschen in Form von halben Urlaubstagen. Ein solcher Anspruch ergebe sich weder aus dem BUrlG noch aus dem Arbeitsvertrag. Zwar seien Urlaubswünsche des Arbeitnehmers generell zu berücksichtigen. Ein grundsätzlicher Anspruch auf halbe Urlaubstage bestehe aber bereits deshalb nicht, weil betriebliche Belange dem entgegenstehen könnten. Ausgehend von der gesetzgeberischen Grundwertung, dass der Urlaub Erholungszwecken zu dienen habe, könne selbst auf Wunsch des Arbeitnehmers eine Zerstückelung und Atomisierung des Urlaubs in viele kleine Einheiten nicht gefordert werden. Eine betriebliche Übung liege nicht vor, weil dies voraussetze, dass alle Beschäftigten eines Betriebes oder zumindest eine kollektiv abgrenzbare Gruppe von einer Maßnahme des Arbeitgebers profitierten. Das sei hier nicht der Fall gewesen. LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 06.03.2019, Az.: 4 Sa 73/18 (nicht rechtskräftig)
Das bedeutet für Sie als Betriebsrat
Eine aufschlussreiche Entscheidung des LAG Baden- Württemberg. Es liegt also im Ermessen des Arbeitgebers, ob er auf Wunsch eines Arbeitnehmers halbe Urlaubstage genehmigt oder nicht. Ein entsprechender Anspruch besteht jedenfalls nicht. Das Bundesurlaubsgesetz kennt keine halben Urlaubstage. In § 5 Abs. 2 BUrlG heißt es „Bruchteile von Urlaubstagen, die mindestens einen halben Tag ergeben, sind auf volle Urlaubstage aufzurunden“. Gegen die Gewährung halber Urlaubstage spricht auch § 7 Abs. 2 BurlG, wonach Urlaub grundsätzlich zusammenhängend zu gewähren ist.
„Wo kein Kläger, da kein Richter“
Es kommt in der betrieblichen Praxis häufig vor, dass Arbeitnehmer nur halbe Urlaubstage beantragen. In den meisten Unternehmen wird diesem Wunsch auch entsprochen, obwohl diesbezüglich eben keine Rechtspflicht vonseiten des Arbeitgebers besteht. Gewährt der Arbeitgeber halbe Urlaubstage, so ist dies als ein Entgegenkommen seinerseits zu verstehen. Eine solche einvernehmliche Gewährung von halben Urlaubstagen ist nach der Rechtsprechung grundsätzlich möglich (BAG, Urteil vom 26.01.1989, Az.: 9 AZR 730/87). Für den Arbeitgeber besteht jedoch das Risiko, dass die Gewährung halber Urlaubstage keine ordnungsgemäße Urlaubserfüllung darstellt und er im Ergebnis den Urlaub ein zweites Mal erfüllen muss.
Hinweis: Doppelte Geltendmachung von Urlaub ist sehr unwahrscheinlich
Dass sich dieses Risiko in der betrieblichen Praxis verwirklicht, ist eher zweifelhaft. Denn in einem intakten Arbeitsverhältnis ist die Wahrscheinlichkeit äußerst gering, dass ein Beschäftigter Urlaub doppelt geltend macht. Sollte dies dennoch einmal passieren, kann der Arbeitgeber den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung erheben. Denn der Beschäftigte verhält sich dann durch einen zweiten Urlaubsantrag treuwidrig, sofern die Gewährung eines halben Urlaubstages zuvor auf seinen Wunsch erfolgt ist.