Arbeitgeber muss Teilzeit explizit ablehnen
Teilzeitarbeit erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Die Gründe sind vielfältig. Einer der Hauptgründe ist sicherlich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, auch Work-Life-Balance genannt. Denn wer weniger arbeitet, bekommt erfahrungsgemäß Job und Familie besser unter einen Hut. Dementsprechend machen immer mehr Beschäftigte von ihrem Recht Gebrauch, ihre Arbeitszeit zu reduzieren. Lehnt der Arbeitgeber ein entsprechendes Gesuch nicht innerhalb eines Monats schriftlich ab, gilt das Teilzeitverlangen als genehmigt. Das hat das BAG bestätigt.
Keine Reaktion auf Teilzeitverlangen gilt als Zustimmung
Eine Assistenzkraft befand sich in Elternzeit. Im September 2011 informierte sie ihren Arbeitgeber über ihre geplante Rückkehr an den Arbeitsplatz:
„Nach reiflicher Überlegung sind wir nun zu dem Entschluss gekommen, dass ich 5 x 6 Stunden, also von 08:00 bis 14:00 Uhr arbeiten möchte. Bezüglich der Elternzeitverlängerung habe ich momentan vor, am 11.06.2012 wiederzukommen.“
Der Arbeitgeber reagierte nicht auf die E-Mail. 8 Monate später, im Februar 2012, schickte die Beschäftigte dem Arbeitgeber ein Antrags-Formular für einen Kitaplatz per E-Mail. Darin hatte sie die Arbeitszeit eingetragen. „Arbeitszeitende: 14:00 Uhr“. Der Arbeitgeber unterschrieb den Antrag, strich jedoch jeweils „14:00 Uhr“ durch und fügte handschriftlich „montags bis donnerstags 17:00 Uhr“ und „freitags 15:00 Uhr“ ein. Am Tag ihrer Rückkehr verließ die Beschäftigte um 14:00 Uhr ihren Arbeitsplatz. Daraufhin mahnte sie der Arbeitgeber ab. Kurz darauf ging sie erneut um 14:00 Uhr nach Hause. Der Arbeitgeber reagierte mit einer Änderungskündigung. Er argumentierte, dass eine Assistenzkraft bei ihm nicht in Teilzeit arbeiten könne. Er benötige ständig einen Ansprechpartner für die Kunden. Die Wettbewerber machten das schließlich auch so. Die Beschäftigte zog vor Gericht. Sie meinte, ihre Arbeitszeit rechtmäßig auf 30 Wochenstunden reduziert zu haben. Da der Arbeitgeber ihr Teilzeitverlangen nicht schriftlich abgelehnt habe, gelte seine Zustimmung als erteilt.
Das sagt das Gericht
Das BAG gab der Beschäftigten Recht. Die E-Mail ist als Antrag auf Teilzeitarbeit zu bewerten. Darin hatte sich die Arbeitnehmerin festgelegt, in welchem Umfang sie ihre Arbeitszeit zu verringern gedenkt und zu welchen Zeiten sie künftig arbeiten will. Da es der Arbeitgeber versäumt hat, das Teilzeitverlangen innerhalb eines Monats schriftlich abzulehnen, gilt seine Zustimmung als erteilt. Das Gesetz fingiert die Vertragsänderung (siehe „Das sagt das TzBfG“). Der Arbeitgeber muss sich danach so behandeln lassen, als hätte er dem Teilzeitwunsch zugestimmt. Somit durfte die Beschäftigte ihren Arbeitsplatz um 14:00 Uhr verlassen. Damit ist die Abmahnung hinfällig und muss vom Arbeitgeber aus der Personalakte entfernt werden.
BAG, Urteil vom 20.01.2015, Az.: 9 AZR 860/13
Betriebliche Gründe können Teilzeitwunsch platzen lassen
Grundsätzlich hat jeder Arbeitnehmer das Recht, seine Arbeitszeit zu reduzieren. Sofern dem Teilzeitverlangen keine betrieblichen Gründe entgegenstehen, ist der Arbeitgeber verpflichtet, der Reduzierung der Arbeitszeit zuzustimmen. Ein betrieblicher Grund steht dem Teilzeitwunsch entgegen, wenn die Arbeitszeitverringerung die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursachen würde. Da sich Gründe des Arbeitsablaufs oft nicht von denjenigen der Arbeitsorganisation trennen lassen und die Sicherheit im Betrieb nur selten durch Teilzeitarbeit gefährdet ist, bleiben letztlich nur organisatorische Gründe übrig. Im Streitfall muss der Arbeitgeber beweisen, dass
- er ein Organisationskonzept hat und praktiziert,
- eine Änderung des Konzepts für ihn unzumutbar ist und
- die gewünschte Teilzeit dieses Konzept wesentlich beeinträchtigt.
Das sagt das TzBfG
§ 8 Verringerung der Arbeitszeit (5) … Haben sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht … über die Verringerung der Arbeitszeit geeinigt und hat der Arbeitgeber die Arbeitszeitverringerung nicht spätestens einen Monat vor deren gewünschtem Beginn schriftlich abgelehnt, verringert sich die Arbeitszeit in dem vom Arbeitnehmer gewünschten Umfang.