11.05.2020

Als Betriebsrat aktiv dabei, wenn neue Software kommt

Die Einführung neuer Software im Unternehmen ändert fast immer die Arbeitsorganisation und ist in vielen Fällen mitbestimmungspflichtig. Schließlich besteht die Gefahr, dass der Arbeitgeber damit Leistung und Verhalten der Arbeitnehmer kontrollieren kann. Auch der Datenschutz ist ein wichtiges Thema. Nehmen Sie Ihr Mitbestimmungsrecht ernst – und lassen Sie sich vom Arbeitgeber nicht bremsen.

Betriebsrat IT-System

Mitbestimmung. Wenn eine Softwareeinführung ansteht, wiegeln Arbeitgebervertreter gern ab, reden die Dimensionen klein und versuchen die Mitbestimmung des Betriebsrats zu verhindern. Die Ausreden sind dabei immer die gleichen – treffende Konter zu finden ist deshalb ein Leichtes.

Mitbestimmung des Betriebsrats bei IT-Einrichtungen

Immer wenn eine „technische Einrichtung“ das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer überwachen kann, hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht nach BetrVG. Wichtig ist hier das Wort „kann“: Der Betriebsrat muss keineswegs nachweisen, dass der Arbeitgeber mit der Software die Arbeitnehmer tatsächlich überwacht. Es genügt, wenn dies grundsätzlich möglich ist. Ob der Betriebsrat dem Arbeitgeber glaubt, dass die Überwachungsfunktionen nicht genutzt werden, bleibt diesem überlassen. Die Erfahrung zeigt: Was möglich ist, wird gemacht, und auf Versprechungen kann man sich nicht verlassen.

Jede Software braucht das Okay des Betriebsrats

Wehren Sie sich auch, wenn der Arbeitgeber behauptet, die Software sei von völlig untergeordneter Bedeutung und der Betriebsrat deshalb ohne Mitbestimmungsrecht. Dies geschieht z.B. häufig bei einfachen Office-Anwendungen wie Powerpoint oder Excel. Was soll da schon passieren? Doch kann man auch hier mittels der Aufruf- und Speicherdaten im zentralen Speichermedium beispielsweise sehen, wie lange ein Arbeitnehmer für die Erstellung einer Präsentation benötigt hat. Gerade, wenn auf zentrale Speicher zugegriffen wird, ist eine Überwachung möglich. Weil das heutzutage fast überall der Fall ist, sollte der Betriebsrat wachsam sein.

Bestehen Sie auf Schulungen für den Betriebsrat

Natürlich sind die meisten Betriebsratsmitglieder keine IT-Spezialisten. Und so ist es für sie eine „harte Nuss“, sich in die Funktionen und Möglichkeiten einer neuen Software einzuarbeiten. Nicht selten winken die IT-Verantwortlichen bei Fragen ab: „Das ist zu kompliziert!“ Lassen Sie sich davon nicht abschrecken, denn übersetzt heißt das: „Der Aufwand, es Ihnen zu erklären, ist mir zu groß.“ Bleiben Sie dran und fordern Sie Schulungen für den Betriebsrat. Nehmen Sie nach Möglichkeit außerdem an Schulungen des Software-Anbieters teil.

Einwände des Betriebsrats schon in der Planung

Geben Sie sich nicht damit zufrieden, erst im Rahmen der Einführung der Software an den Schulungen für die Arbeitnehmer teilnehmen zu dürfen. Zu diesem Zeitpunkt sind die meisten Entscheidungen gefallen, und der Betriebsrat müsste gegen bereits etablierte Prozesse und Überwachungsmöglichkeiten ankämpfen. Dies ist erfahrungsgemäß nicht leicht. Lassen Sie sich frühzeitig schulen, wenn die Planung läuft und Ihre Einwände noch berücksichtigt werden können.

Hinweis: Erst Mitbestimmung dann Kauf der Software

Mitbestimmung beginnt vor dem Kaufvertrag: Vereinbaren Sie mit dem Arbeitgeber, dass der Betriebsrat vorab eine Stellungnahme abgeben kann. Dadurch wird verhindert, dass unnötige Kosten entstehen.

Auch bei Schnittstellen als Betriebsrat kritisch nachfragen

Ein anderer Versuch, die Mitbestimmung zu umgehen: Arbeitgeber lassen einfach pauschal verlauten, dass „keine persönlichen Daten“ erhoben werden. Der Betriebsrat kann eine Software-Einführung aber nur dann gutheißen, wenn er das System hinsichtlich der Datenschutzbestimmungen für unbedenklich hält. Dazu muss geklärt werden, welche Daten warum erhoben und auf welche Weise verarbeitet werden. Heikel sind z.B. Anwendungen, die auf die digitale Personalakte zugreifen. Fragen Sie hier besonders kritisch nach Schnittstellen und wozu diese benötigt werden.

Erfahrungen unter Betriebsräten austauschen

Lassen Sie sich bei bedeutenden Softwareeinführungen (z.B. eines neuen ERP-Systems, das die wirtschaftlichen Vorgänge erfasst) Unternehmen nennen, die die Software bereits nutzen. Versuchen Sie mit dem dortigen Betriebsrat zu sprechen und herauszufinden, welche Erfahrungen es damit gibt.

Autor*in: Martin Buttenmüller (ist Journalist und Chefredakteur des Fachmagazins Betriebsrat INTERN.)