24.09.2018

Äußerungsfrist des Personalrats ist bei Ablehnung einer Maßnahme einzuhalten

In einem Revisionsverfahren vor dem BAG über die Rechtsunwirksamkeit eines befristeten Arbeitsverhältnisses stellte der 7. Senat fest, dass mitbestimmungspflichtige Maßnahmen nur mit Zustimmung des Personalrats oder erst nach Ablauf der personalvertretungsrechtlichen Äußerungsfrist wirksam sind. Das gilt auch dann, wenn der Personalrat der Dienststelle bereits vor dem Fristablauf mitteilt, keine Stellungnahme abgeben zu wollen (BAG, Urteil vom 21.3.2018 – 7 AZR 408/16).

Aeußerungsfrist

Personalrat muss die Ablehnung einer Maßnahme schriftlich verweigern

Ein Personalrat hat seinen Beschluss über die beantragte Zustimmung der Dienststelle innerhalb von zwei Wochen mitzuteilen (Äußerungsfrist). Je nach PersVG kann in dringenden Fällen die Dienststelle diese Frist sogar auf eine Woche verkürzen. Beabsichtigt der Personalrat, der Maßnahme nicht zuzustimmen, hat er der Dienststellenleitung dies innerhalb der zwei Wochen nach Zugang der Aufforderung mitzuteilen. Die Maßnahme gilt als gebilligt, wenn der Personalrat innerhalb der genannten Frist die Zustimmung unter Angabe der Gründe nicht schriftlich verweigert.

Vielfach beschließen Personalräte in „heiklen“ Fällen, auf eine Stellungnahme zum Antrag zu verzichten, und teilen dies bereits vor Fristablauf mit. Handelt die Dienststelle daraufhin bereits vor Fristablauf, fehlt der Maßnahme wegen eines Beteiligungsfehlers die Rechtswirksamkeit. Dies kann für den betroffenen Beschäftigten von großer Bedeutung sein, wie sich beim folgenden Fall ergeben hat:

Was war geschehen?

Am 14./19. August 2014 schlossen die Vertragsparteien für die Zeit vom 20. August 2014 bis zum 24. Dezember 2014 einen Arbeitsvertrag zur Elternzeitvertretung der Lehrerin L. Vor Abschluss dieses Arbeitsvertrags hatte das Land den Personalrat mit Antragsformular vom 30. Juli 2014 um Zustimmung zur Einstellung von L. gebeten. Das Antragsformular sieht unter der Rubrik „Stellungnahme des Personalrats“ die Alternativen „stimmt zu“, „verzichtet auf Stellungnahme“, „stimmt nicht zu“ und „hat Bedenken und bittet um Erörterung“ zum Ankreuzen vor. Auf dem Antragsformular, das dem Personalrat laut Eingangsstempel am 12. August 2014 zuging, ist „verzichtet auf Stellungnahme“ angekreuzt. Darunter befinden sich das handschriftlich eingesetzte Datum „14.8.14“ und eine Unterschrift mit dem Zusatz „i.A.“.

Klägerin: Befristung sei unwirksam

Die klagende Lehrerin vertrat die Auffassung, die zum 24. Dezember 2014 vereinbarte Befristung sei unwirksam, da sie nicht durch einen Sachgrund gerechtfertigt sei. Jedenfalls könne sich das beklagte Land aufgrund der langjährigen Dauer ihrer Beschäftigung und der Anzahl der abgeschlossenen befristeten Verträge nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs nicht auf einen Sachgrund für die Befristung berufen. In der Berufungsinstanz hat die Klägerin erstmals geltend gemacht, die Befristung sei auch deshalb unwirksam, weil die Zustimmung des Personalrats zu der Befristung bei Abschluss des Arbeitsvertrags am 14./19. August 2014 nicht vorgelegen habe.

Beklagte: Personalrat habe durch Verzicht einer Stellungnahme der Befristung zugestimmt

Das beklagte Land vertrat die Ansicht, das Arbeitsverhältnis habe aufgrund der im Arbeitsvertrag vom 14./19. August 2014 vereinbarten Befristung am 24. Dezember 2014 geendet. Die Befristung sei insbesondere nicht aus personalvertretungsrechtlichen Gründen unwirksam. Der Personalrat habe der Befristung durch den Verzicht auf eine Stellungnahme zumindest konkludent zugestimmt. Im Übrigen könne sich die Klägerin auf Fehler im Rahmen der Personalratsbeteiligung anlässlich der Befristung nicht berufen, da sie dies erstmals in der Berufungsinstanz geltend gemacht habe. Da die Klägerin in der ersten Instanz gewerkschaftlich vertreten gewesen sei, habe eine Hinweispflicht des Arbeitsgerichts nach § 17 Satz 2 TzBfG, § 6 Satz 2 KSchG nicht bestanden.

 

Die Entscheidung des BAG

Das beklagte Land hat das Mitbestimmungsrecht des Personalrats nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LPVG NW bei der Vereinbarung der streitgegenständlichen Befristung verletzt. Es hat diese Befristung ohne Zustimmung des Personalrats und vor Eintritt der Zustimmungsfiktion des § 66 Abs. 2 Satz 5 LPVG NW vereinbart.

Der Personalrat hat der Befristung weder ausdrücklich noch konkludent zugestimmt. Dabei kann zugunsten des beklagten Landes unterstellt werden, dass der laut Formular am 14. August 2014 erklärte Verzicht auf Stellungnahme auf einem wirksamen Personalratsbeschluss beruhte und unter Verwendung des Kürzels „i.A.“ wirksam für ihn erklärt wurde. In der Mitteilung eines Verzichts auf eine Stellungnahme liegt keine Zustimmung im Sinne des § 66 Abs. 1 LPVG NW.

Die Zustimmung des Personalrats galt bei Vertragsschluss auch nicht als erteilt, denn die zweiwöchige Frist für den Eintritt der Zustimmungsfiktion war bei Vertragsschluss am 14./19. August 2014 noch nicht abgelaufen. Dabei kann die Behauptung des beklagten Landes, der Zustimmungsantrag vom 30. Juli 2014 sei dem Personalrat bereits am 11. August 2014 zugegangen, zu seinen Gunsten als wahr unterstellt werden. Die Äußerungsfrist des Personalrats lief damit frühestens am 25. August 2014 ab.

Der Verzicht auf Stellungnahme führte nicht zum vorzeitigen Eintritt der Fiktion.

Eine Abkürzung der Äußerungsfrist durch den Personalrat und einen darauf beruhenden vorzeitigen Eintritt der Zustimmungsfiktion lässt das Gesetz nicht zu. Für dringende Fälle ist in § 66 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 LPVG NW vorgesehen, dass die Dienststelle die Äußerungsfrist auf eine Woche verkürzen kann. Dies ist vorliegend nicht geschehen.

Autor*in: Werner Plaggemeier (langjähriger Herausgeber der Onlinedatenbank „Personalratspraxis“)