UVgO – Die Unterschwellenvergabeordnung
Die UVgO (Unterschwellenvergabeordnung) stellt ein Regelwerk für die Vergabe von Aufträgen unterhalb der EU-Schwellenwerte dar und ersetzt – soweit für die jeweilige Vergabestelle in Kraft gesetzt – die bisher geltende VOL/A Teil 1 (Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen).
Durch eine Angleichung der Regelungen an für Vergaben oberhalb der Schwellenwerte geltende VgV erleichtert die UVgO die Vergabepraxis, gerade bei Auftraggebern, die sowohl rein nationale als auch EU-weite Vergaben durchführen. Erfahren Sie mehr zu allen wichtigen Details der Unterschwellenvergabeordnung.
Was ist die UVgO
Die Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) ist ein vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie unter Einbeziehung weiterer Bundesministerien und der Länder erarbeitetes Regelwerk, das im Bundesanzeiger veröffentlicht wurde (BAnz. AT, 07.02.2017, B1, ber. Nr. 170208, S. 1).
Es handelt sich hierbei nicht um ein Gesetz oder eine Rechtsverordnung im Sinne des Artikels 80 GG, sondern um eine Verwaltungsvorschrift ohne Außenwirkung, wie der Abschnitt 1 VOB/A.
Die UVgO muss nur dann von den Vergabestellen beachtet werden, wenn sie durch die Bekanntmachung eines Erlasses des zuständigen Ministeriums oder eines Verweises in den Vorschriften des Haushaltsrechts des Bundes, eines Landes oder der Kommunen in Kraft gesetzt wird.
Wann gilt die Unterschwellenvergabeordnung
Im Bereich unterhalb der EU-Schwellenwerte liegt das Vergaberecht – anders als im Bereich oberhalb der EU-Schwellenwerte – als Teilmaterie des Haushaltsrechts in der Gesetzgebungskompetenz der Länder, soweit nicht Vergaben von Stellen des Bundes selbst zu regeln sind.
Für die Vergabestellen, für die sie in Kraft gesetzt wurde, regelt die Unterschwellenvergabeordnung die Vergabe öffentlicher Liefer- und Dienstleistungsaufträge unterhalb der EU-Schwellenwerte, also den Bereich, in dem bisher weitgehend der Teil 1 VOL/A zur Anwendung kam, soweit dies im jeweiligen Haushaltsrecht des Bundes, der Länder und für die Kommunen vorgeschrieben war.
Bei Bauaufträgen unterhalb der EU-Schwellenwerte sind nach wie vor die Regelungen des Teils 1 VOB/A in der jeweiligen Fassung maßgeblich.
Die UVgO: Einführung
Die Schaffung der UVgO steht in Zusammenhang mit der großen Vergaberechtsreform im Bereich oberhalb der EU-Schwellenwerte durch die EU-Vergaberichtlinien 2014/23/EU, 2014/24/EU und 2014/25/EU.
Mit der Neufassung der Vergabeverordnung (VgV) vom 12.04.2016 (BgBl. I S. 624), die den bisherigen 2. Teil der VOL/A (VOL/A EU) ablöste, kam es zu massiven Unterschieden zwischen dem oberhalb und unterhalb der EU-Schwellenwerte anwendbaren Vergaberecht. Aus diesem Grund wurden erheblichen Problemen in der Praxis befürchtet.
Die Regelungen im Bereich unterhalb der EU-Schwellenwerte waren durch die Vorschriften des Haushaltsrechts und der Landesvergabegesetze (auf Länderebene) geprägt und sollten so weit wie möglich vereinheitlicht werden. Die Erarbeitung dieser Regelungen wurde nicht wie bei der VOL/A einem Gremium aus Vertretern von Auftraggebern und der Wirtschaft (dem DVAL) überlassen, sondern vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie selbst initiiert, dies hat zu einer deutlichen Verbesserung der Qualität der Regelungen geführt.
Erläuterungen: wesentliche Inhalte
Um die Unterschiede zum Oberschwellenbereich in einem für die Praxis vertretbaren Rahmen zu halten, orientiert sich die UVgO stark an der VgV (Vergabeverordnung) und regelt das Vergabeverfahren wesentlich detaillierter als vorher die VOL/A.
Die Regelungen stellen inhaltlich nur in wenigen Fällen eine Verschärfung oder Verkomplizierung der Rechtslage im Vergleich zum Abschnitt 1 VOL/A dar, aber gleichwohl führen sie den Vergabestellen deutlich vor Augen, welche Anforderungen in einem Vergabeverfahren zu beachten sind, was sich aus der VOL/A nicht mit dieser Detailtiefe ergab.
In der UVgO wird insbesondere Folgendes geregelt:
- § 1 Gegenstand und Anwendungsbereich
- § 2 Grundsätze der Vergabe
- § 3 Wahrung der Vertraulichkeit
- § 4 Vermeidung von Interessenkonflikten
- § 6 Dokumentation
- § 7 Grundsätze der Kommunikation
- § 8 Wahl der Verfahrensart
- § 15 Rahmenvereinbarungen
- § 21 Vergabeunterlagen
- § 22 Aufteilung nach Losen
- § 23 Leistungsbeschreibung
- § 25 Nebenangebote
- § 26 Unteraufträge
- § 30 Vergabebekanntmachung
- § 31 Auswahl geeigneter Unternehmen; Ausschluss von Bewerbern und Bietern
- § 33 Eignungskriterien
- § 41 Prüfung der Teilnahmeanträge und Angebote; Nachforderung von Unterlagen
- § 42 Ausschluss von Teilnahmeanträgen und Angeboten
- § 43 Zuschlag und Zuschlagskriterien
- § 44 Ungewöhnlich niedrige Angebote
- § 47 Auftragsänderung
- § 48 Aufhebung von Vergabeverfahren
- § 49 Vergabe von öffentlichen Aufträgen über soziale und andere besondere Dienstleistungen
- § 50 Sonderregelung zur Vergabe von freiberuflichen Leistungen
- § 52 Durchführung von Planungswettbewerben
Aufbau und Struktur: UVgO vs VgV
Insgesamt ist die UVgO in Aufbau, Struktur und Einzelregelungen sehr stark an den Regelungen der VgV ausgerichtet, die ebenfalls im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (in Umsetzung der Richtlinie 2014/24/EU) erstellt wurde.
- Ebenso wie in der VgV ist der Auftraggeber beispielsweise gemäß § 29 Abs. 1 UVgO verpflichtet, in der Auftragsbekanntmachung eine elektronische Adresse anzugeben, unter der die Vergabeunterlagen unentgeltlich, uneingeschränkt, vollständig und direkt abgerufen werden können.
- Die aus der VgV bekannte Struktur der Eignungskriterien mit der Unterscheidung in wirtschaftliche und finanzielle sowie technische und berufliche Leistungsfähigkeit sowie der Nichterfüllung von Ausschlussgründen ist in § 31 Abs. 1 UVgO übernommen worden.
- Die Regelungen der VgV zum Nachfordern von Unterlagen und zum Umgang mit ungewöhnlich niedrigen Angeboten wurden ebenfalls eins zu eins übernommen.
- Praktisch bedeutsam ist auch, dass § 7 Abs. 4 UVgO vollumfänglich auf §§ 10 bis 12 VgV verweist, sodass sämtliche Regelungen zur Manipulationssicherheit und Datenintegrität der VgV auch nach der UVgO gelten. Dies schließt beispielsweise eine Angebotsabgabe per E-Mail ohne E-Vergabesystem grundsätzlich aus.
- Gegenüber der VgV bestehen allerdings zahlreiche Vereinfachungen und Erleichterungen für den öffentlichen Auftraggeber.
Weiterhin enthält die UVgO sämtliche Ausnahmeregelungen von der Anwendbarkeit des Vergaberechts, die auch im Oberschwellenbereich bestehen (§ 1 Abs. 2 UVgO i.V.m. §§ 107, 108, 109, 116, 117 und 145 GWB).
Gegenüber dem Oberschwellenbereich sind die formalen (nicht aber die inhaltlichen!) Anforderungen an die Dokumentation bei der UVgO geringer, und die Wertung von Nebenangeboten ist erleichtert. Die Anordnung der Selbstausführung des Auftrags ist im Gegensatz zum EU-Vergaberecht regelmäßig möglich.
Zudem ist die Vergabe von freiberuflichen Leistungen durch § 50 VgV de facto von der Anwendung der UVgO freigestellt.
Verfahrensarten der UVgO
Es gibt mehrere Verfahrensarten, die in der UVgO vorgesehen sind:
- Öffentliche Ausschreibung
- Beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb
- Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb
- Verhandlungsvergabe mit Teilnahmewettbewerb
- Verhandlungsvergabe ohne Teilnahmewettbewerb
§ 8 der UVgO regelt die Zulassungsvoraussetzungen, die die Wahl der einzelnen Verfahrensarten bestimmen.
Die Öffentliche Ausschreibung und die Beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb stehen dem öffentlichen Auftraggeber im Bereich unterhalb der EU-Schwellenwerte stets zur Verfügung. Für die übrigen Verfahrensarten sind Zulässigkeitsvoraussetzungen zu beachten.
Anders als die VgV sieht die UVgO die Verfahrensarten des wettbewerblichen Dialogs und der Innovationspartnerschaft nicht vor, dafür existieren mit der beschränkten Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb und dem Direktauftrag zwei vereinfachte Verfahrensarten, die es so im Bereich oberhalb der EU-Schwellenwerte nicht gibt.
Was ist die freihändige Vergabe
Die freihändige Vergabe, ein sehr missverständlicher Begriff, der in der VOL/A (und auch der VOB/A) verwendet wurde, ist in der Unterschwellenvergabeordnung durch den verständlicheren Begriff Verhandlungsvergabe ersetzt worden.
Die Verhandlungsvergabe ist nur unter den Voraussetzungen des § 8 Abs. 4 UVgO zulässig, die Gründe sind an die Zulässigkeit des Verhandlungsverfahrens nach der VgV angelehnt, zudem ist die Verhandlungsvergabe dann zulässig, dies durch Ausführungsbestimmungen eines Bundes- oder Landesministeriums bis zu einem bestimmten Höchstwert (Wertgrenze) zugelassen ist. Letzteres ist in der Praxis der Hauptanwendungsfall der Verhandlungsvergabe.
Bei der Verhandlungsvergabe nach UVgO kann der Auftraggeber zwischen den folgenden Varianten wählen:
– Bei einem Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb wird es öffentlich zur Abgabe von Teilnahmeanträgen aufgefordert. Eine unbeschränkte Anzahl von Wettbewerbern kann an so einem Verfahren teilnehmen.
– Bei der Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb muss die Beschaffung nicht öffentlich ausgeschrieben werden, sondern es werden vom Auftraggeber geeignete Bieter (im Regelfall mindestens drei) zur Angebotsabgabe durch den zuständigen Auftraggeber aufgefordert.
eVergabe nach UVgO
38 Abs. 1 bis 3 UVgO enthält gestaffelte Regelungen zur verpflichtenden Einführung der elektronischen Führung der Vergabeverfahren mit praktisch nur wenig längeren Übergangsfristen als im Oberschwellenbereich. Danach konnte der Auftraggeber bis 31.12.2018 noch frei bestimmen, in welcher Form die Angebote abzugeben sind.
Seit dem 01.01.2019 bestimmt der Auftraggeber nach wie vor die Form der Angebotsabgabe, ist aber verpflichtet, die Einreichung von Teilnahmeanträgen und Angeboten in Textform nach § 126b Bürgerliches Gesetzbuch mithilfe elektronischer Mittel gemäß § 7 UVgO zu akzeptieren.
Aufgrund der Geltung von §§ 10 bis 12 VgV benötigt ein Auftraggeber daher spätestens zu diesem Zeitpunkt ein funktionierendes eVergabe-System.
Ab dem 01.01.2020 besteht wie im Oberschwellenbereich (dort seit dem 18.10.2018) im Regelfall die Verpflichtung zur elektronischen Abwicklung der Vergabeverfahren. Hiervon können die Länder und in einigen Bundesländern auch die Kommunen in ihren Einführungserlassen allerdings abweichen und haben dies verbreitet – insbesondere unterhalb bestimmter Wertgrenzen – getan. Bzgl. der Regelungen zur eVergabe bestehen daher eine Vielzahl unterschiedlicher Regelungen, auf die sich Bieter in jedem Bundesland und in einigen Bundesländern sogar in jeder Kommune einstellen müssen.
UVgO: Fazit
Die Unterschwellenvergabeordnung gibt den Rechtsanwendern ausführliche Regelungen an die Hand und bringt eine erhebliche Angleichung der Regelungen ober- und unterhalb der Schwellenwerte mit sich.
Das erklärte Ziel, die Regelungen für die Vergabe von Aufträgen unterhalb der Schwellenwerte bundesweit weitgehend zu vereinheitlichen wurde hingegen leider nur teilweise erreicht. Trotz umfangreicher Abstimmung des Entwurfs der UVgO mit den Ländern und Kommunen im Vorfeld, bestehen eine Vielzahl von landesspezifischen und in Bayern und Baden-Württemberg sogar gemeindespezifischen Sonderregelungen, die mit Schaffung der UVgO eigentlich vermieden werden sollten.