08.04.2021

Thüringer Bauordnung (ThürBO): Änderungen 2020

Mehrere Paragrafen der Thüringer Bauordnung wurden verändert und am 30.11.2020 veröffentlicht. Die Neuerungen sind zum 01.12.2020 in Kraft getreten. Sie betreffen vor allem das Bauen mit Holz, Genehmigungsverfahren und serielles Bauen. Im Zuge der Änderungen der Thüringer Bauordnung 2020 dürfen Sie z.B. Holz als Baustoff in allen Gebäudeklassen einsetzen. Bauvorhaben zum Ausbau der Elektromobilität benötigen kein Genehmigungsverfahren mehr. Serielle Bauweisen und die Verwendung von Modulen werden ab sofort durch die novellierten Richtlinien unterstützt.

Thüringer Bauordnung (ThürBO)

Seit 01.12.2020 gelten neue Anforderungen für Ihre Baugenehmigung in Thüringen. Die Thüringer Bauordnung, kurz ThürBo, aus dem Jahr 2014 wurde um Möglichkeiten zur Verwendung von Holz erweitert. Bauvorhaben zum Ausbau der Elektromobilität und der Mobilfunkinfrastruktur sind laut neuer Thüringer Bauordnung genehmigungsfrei. Außerdem wurden Genehmigungsverfahren in der neuen Fassung gebündelt.

Mit Hilfe der Novelle der ThürBo soll schneller, kostengünstiger und in guter Qualität gebaut werden. Diese Änderung erfolgte u.a. als Konsequenz aus dem steigenden Wohnraumbedarf. Die Einführung der Typengenehmigung trägt dem Umstand Rechnung, dass bauliche Anlagen oft in derselben Ausführung an vielen Stellen errichtet werden. Mit diesem Instrument wird die Anwendung von seriellen Bauweisen und die Verwendung von Modulen unterstützt. Dadurch lässt sich die Geschwindigkeit beim Bebauen von neuen Flächen erhöhen. Gleichzeitig sparen Bauplaner Zeit beim Kalkulieren der benötigten Baustoffe.

Nachfolgend werden die wichtigsten Aktualisierungen der Thüringer Bauordnung ausführlich beschrieben.

§ 26 und 28 ThürBO: Verwendung von Holz für Bauteile ermöglicht

Allgemein sieht die Bauordnung vor, dass feuerbeständige Bauteile eine Feuerwiderstandsfähigkeit von 90 Minuten aufweisen müssen. Die Bauaufsichtsbehörden genehmigten deshalb nur nichtbrennbare Baustoffe für diese Bauteile. Allerdings hat die aktuelle Forschung gezeigt, dass auch Holz die F90-Anforderungen erfüllen kann. Dieser Tatsache hat die Novelle der Thüringer Bauordnung nun in mehreren Paragraphen Rechnung getragen.

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Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen

Der § 26 Absatz 2 der ThürBo wurde erweitert. Seit dem 1.12.2020 dürfen nun als Alternative zu feuerbeständigen Bauteilen auch Holzbauteile bzw. brennbare Bauteile verwendet werden. Die novellierte Thüringer Bauordnung passt damit aber nicht den Begriff „feuerbeständig“ an neue Gegebenheiten an, sondern erläutert, dass auch brennbare Baustoffe unter den richtigen Voraussetzungen wie feuerbeständige Bauteile verarbeitet werden können.

Voraussetzung ist, dass diese Bauteile die geltenden technischen Bauvorlagen und -bestimmungen einhalten. Für den Bau mit Holz soll vor allem die Muster-Holzbaurichtlinie der Bauministerkonferenz umgesetzt werden.

Wichtig ist, dass diese Regelung nicht für Brandwände und Wände notwendiger Treppenräume in Gebäuden der Gebäudeklasse 5 gilt. Diese Bauteile müssen weiterhin aus feuerbeständigem, nichtbrennbarem Baumaterial errichtet werden.

Außenwände

Ergänzt wurde auch § 28 Absatz 5 der ThürBo. Demnach dürfen Außenwandverkleidungen aus normalentflammbaren Baustoffen wie Holz bestehen. Auch hier gilt, dass das Baumaterial der Anlagen die geltenden technischen Baubestimmungen der Bauaufsichtsbehörden entsprechen muss.

Wie auch bei Gebäudebauteilen soll für Außenwände die Muster-Holzbaurichtlinie der Bauministerkonferenz vorrangig angewandt werden. Diese Regelung sieht u.a. vor, dass sogenannte „Brandsperren“ verhindern sollen, dass sich Brände über die Außenfläche verbreiten können.

Durch die Novellierung von § 28 lässt sich nun Holz unter den entsprechenden Voraussetzungen für weitere Gebäudeklassen zur Außenwandverkleidung einsetzen. So können Architekten und Bauherren das im Inneren des Gebäudes verwendete Baumaterial auch außen sichtbar machen.

§ 60 ThürBO: Verfahrensfreie Bauvorhaben erweitert

Die Neuerungen in § 60 der Thüringer Bauordnung 2020 reagieren sowohl auf die steigende Bedeutung des Fahrradverkehrs als auch auf die zunehmende Elektromobilität. Darüber hinaus wird der Ausbau der Mobilfunknetze berücksichtigt. Um die Arbeit der Bauaufsichtsbehörden zu erleichtern und die Zeit bis zur Genehmigung zu verkürzen, wurde die Zahl der verfahrensfreien Bauvorhaben erhöht.

Fahrradgaragen

Seit dem 1.12.2020 ist deshalb für den Bau von Fahrradgaragen und Fahrradabstellplätzen kein bauaufsichtliches Genehmigungsverfahren mehr notwendig. Voraussetzung ist, dass die Fahrradabstellplätze die Größe eines überdachten Carports bzw. einer PKW-Garage nicht überschreiten. Die Thüringer Bauordnung für Carports entspricht somit dem Verfahren für Fahrradgaragen.

Elektromobilität

Um den Ausbau der Elektromobilität zu unterstützen, ist mit der novellierten ThürBO kein Genehmigungsverfahren oder Teilbaugenehmigung mehr notwendig, wenn E-Ladestationen in Garagen gebaut werden. Die Bauaufsichtsbehörden haben keine Bedenken hinsichtlich des Brandschutzes mehr. Die Verfahrensfreiheit für Ladesäulen gilt unabhängig davon, ob es ein gewerbliches oder privates Bauprojekt ist.

Ausbau der Mobilfunkinfrastruktur

Um den Ausbau der Mobilfunknetze zu unterstützen, gilt laut Thüringer Bauordnung 2020, dass Handymasten bis zu einer Höhe von 15 statt bisher 10 Meter verfahrensfrei sind. Maßgeblich dafür ist der Austritt aus dem Dach und nicht die Gesamthöhe des Mastes.

§ 73a ThürBO: Regelung zu Typengenehmigungen geschaffen

Der Abschnitt § 73a der Thüringer Bauordnung wurde neu eingesetzt. Er übernimmt die Typengenehmigung aus der Musterbauordnung. Seit dem 1.12.2021 gilt laut ThürBo nun Folgendes: Wenn Gebäude mehrfach in derselben Ausführung errichtet werden, muss die oberste Bauaufsichtsbehörde nicht mehr prüfen, sondern kann generell bestätigen, dass die Gebäudekonstruktion die Anforderung der Bauordnung erfüllt.

In Absatz 1 von § 73a wird außerdem ergänzt, dass eine Typengenehmigung auch dann möglich ist, wenn die Gebäude zwar unterschiedlich ausgeführt, aber einzelne Bauteile nach einem bestimmten System an mehreren Stellen gebaut werden.

Um auch neue technische Erkenntnisse und Erfahrungswerte aus der Verwendung von Bautypen zu berücksichtigen, gilt die Typengenehmigung nur für fünf Jahre. Sie kann jedoch auf Antrag verlängert werden.

Darüber hinaus können die Thüringer Baubehörden auch Typengenehmigungen anderer Bundesländer anerkennen. Somit lassen sich Bauvorhaben beschleunigen und der gesamte Bauprozess erfordert weniger Bürokratie.

Bauplaner und Architekten müssen trotzdem im Hinterkopf behalten, dass durch die zuletzt geänderte ThürBo auch bei Typgengenehmigungen nur die typisierte Baukonstruktion berücksichtigt wird. Gibt es bei anderen Projekten trotz derselben Bauweise andere Vorgaben aus dem Bauplanungsrecht, kann dennoch eine separate Baugenehmigung erforderlich sein.

Wald- und Straßengesetz: Genehmigungen entfallen

Um die Baugenehmigungsverfahren zu verkürzen, hat die neue ThürBo Genehmigungsverfahren vereinheitlicht.

So gilt bereits, dass keine separate Baugenehmigung eingeholt werden muss, wenn bereits eine andere Genehmigung Gültigkeit hat, z.B. Vorgaben durch das Thüringer Wassergesetz. Ebenso ist keine doppelte Genehmigungspflicht erforderlich, wenn die geltende Genehmigung bereits eine andere Genehmigung enthält, z.B. die Baugenehmigung durch die Denkmalschutzbehörde.

Mit der Novelle der Thüringer Bauordnung gilt nun auch Folgendes:

  • Für Gebäude, die in einem Abstand von weniger als 30 Meter an einem Wald gebaut werden, wird keine separate Genehmigung durch die untere Forstbehörde benötigt, wenn diese innerhalb von zwei Monaten nach Zugang der Dokumente durch die Bauaufsichtsbehörde nicht widerspricht.
  • Die Straßenbaubehörde muss keine separate Baugenehmigung mehr erteilen, wenn sie zustimmt, dass ein Hochbau im Abstand von 20 bis 40 Meter vom Fahrbahnrand gebaut oder geändert werden soll. Ebenso muss keine separate Genehmigung mehr eingeholt werden, wenn die Straßenbaubehörde dem allgemeinen Baugenehmigungsverfahren für den Neubau eines Hochbaus zustimmt, der auf einem durch eine Zufahrt erschlossenen Grundstück steht. Die Regelung gilt auch für Anpassungen an einem Hochbau.

Kürzere Genehmigungsverfahren und verfahrensfreie Vorgänge: Die Neuerungen in der Thüringer Bauordnung

Durch die Anpassung und Erweiterung der Thüringer Bauordnung sparen Bauplaner und Architekten Zeit bei der Umsetzung ihrer Bauprojekte. Wichtig ist, dass bereits bei Planung und Konzeption der Projekte auf mögliche Erleichterungen geachtet wird, um den Zeitvorteil auch wirklich zu nutzen.

Autor*in: WEKA Redaktion