Novellierung der Bauordnung Brandenburg (BbgBO) in Planung
Nach den letzten Änderungen im Jahr 2010 soll die Brandenburgische Bauordnung nun in der laufenden Legislaturperiode des Brandenburger Landtags (2014 bis 2019) in wesentlichen Teilen novelliert werden. Ziel ist eine Angleichung an die Bauordnung für Berlin und damit zugleich an die Musterbauordnung.
Bislang bestehen wesentliche Unterschiede zwischen den Bauordnungen in der Systematik der Gebäudeklassen, den Brandschutzanforderungen sowie der Trennung zwischen Regelbau und Sonderbau. Deshalb liegt der Schwerpunkt der Änderungen auf dem materiellen Recht. Bewährte verfahrensrechtliche (Sonder-)Regelungen sollen dagegen beibehalten werden, etwa die Konzentrationswirkung der Baugenehmigung. Modifizierungen sind jedoch u.a. bei der Bauvorlageberechtigung sowie der (Wieder-)Einführung von Baulasten geplant.
Die länderübergreifende Harmonisierung des Bauordnungsrechts zwischen Brandenburg und Berlin entspricht den auf vielen anderen Gebieten bereits vollzogenen und bewährten Verflechtungen in der Region, beispielsweise dem öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Zugleich wird den bauvorlageberechtigten Architekten und Bauingenieuren in beiden Ländern künftig die Arbeit erleichtert, was auch zu einer Verfahrensbeschleunigung und Entlastung der Bauaufsichtsbehörden führen soll.
Wesentliche Änderungen betreffen:
- die Gebäudeklassen
- die Abstandsflächen
- den Brandschutz
- Sonderbauten
- die Bauvorlageberechtigung
- bautechnische Nachweise
- Dienstbarkeiten/Baulasten
Gebäudeklassen
Das bislang dreistufige System (Gebäude geringer Höhe, Gebäude mittlerer Höhe, Hochhäuser) soll ersetzt werden durch das Gebäudeklassensystem der Musterbauordnung (Gebäudeklassen 1 bis 5).
Daraus resultiert auch eine Übernahme des Brandschutzkonzepts der Musterbauordnung, da beide Systeme aufeinander abgestimmt sind und eine Einheit bilden. Die Brandschutzanforderungen lösen sich damit von der bisherigen Abstufung allein nach der Gebäudehöhe und richten sich nach einer Kombination dieses Kriteriums mit der Zahl und Größe von Nutzungseinheiten.
Abstandsflächen
Die bislang komplexe Berechnungsweise von Abstandsflächen soll ebenfalls an die schematische Berechnung der Musterbauordnung angeglichen werden.
So soll sich u.a. das Maß der Regelabstandsflächen von 0,5 H auf 0,4 H bzw. in Gewerbe- und Industriegebieten von 0,4 H auf 0,2 H reduzieren.
Gleichzeitig soll mit der sog. Bagatellfläche eine Spezialregelung in der Brandenburgischen Bauordnung entfallen, nach der eine geringfügige Erstreckung von Abstandsflächen auf das Nachbargrundstück mit insgesamt ≤ 2 m² zulässig ist.
Brandschutz
Die Modifizierungen im Brandschutz korrespondieren mit denen der Gebäudeklassen.
Im Übrigen soll es künftig eine gesetzliche Verpflichtung zum Einbau von Rauchwarnmeldern in Wohnungen geben. Das können die Bauaufsichtsbehörden den Bauherren in Brandenburg bislang allenfalls empfehlen.
Sonderbauten
Gegenüber dem derzeit offenen Katalog sollen die Sonderbauten künftig allgemein und grundsätzlich abschließend definiert werden, um zu mehr Rechtssicherheit zu gelangen.
Darüber hinaus sollen bei den besonderen Wohnformen Schwellenwerte (Personenzahlen) eingeführt werden, um ein einheitliches Handeln der Bauaufsichtsbehörden zu ermöglichen. Die Werte beruhen auf bauaufsichtlichen Praxiserfahrungen sowie der technischen Leistungsfähigkeit (Rettungskapazitäten) der örtlichen Feuerwehren in Brandenburg. Sie liegen allerdings unter den Schwellenwerten, die in die neue Bauordnung für Berlin aufgenommen werden sollen.
Bauvorlageberechtigung
An die Stelle des bisherigen Objektplaners, der sowohl für die Entwurfsverfassung als auch für die Bauüberwachung zuständig ist, soll künftig der Entwurfsverfasser treten.
Gleichzeitig ist beabsichtigt, eine Regelung zum Bauleiter (wieder) einzuführen.
Bautechnische Nachweise
Die Modifizierungen bei den bautechnischen Nachweisen bilden ein Kernstück der überarbeiteten Brandenburgischen Bauordnung.
Der Standsicherheitsnachweis soll grundsätzlich nur noch bei Gebäuden der Gebäudeklassen 4 und 5 geprüft werden, der Brandschutznachweis ist nur bei Sonderbauten, Mittel- und Großgaragen sowie Gebäuden der Gebäudeklasse 5 zu prüfen.
Diese Prüfeinschränkungen werden zum Teil durch Anforderungen an die Ersteller der bautechnischen Nachweise ausgeglichen.
Die Kompensation soll nach einem dreistufigen Modell erfolgen. Grundsätzlich genügt die allgemeine Bauvorlageberechtigung auch für die Erstellung der bautechnischen Nachweise. Für Teilbereiche wird eine zusätzliche oder besondere Qualifikation erfordert (qualifizierter Tragwerks- bzw. Brandschutzplaner). Soweit dies angesichts der bautechnischen Schwierigkeit bzw. des Risikopotenzials bestimmter Bauvorhaben angezeigt erscheint, wird an dem bestehenden Vier-Augen-Prinzip (jeweils gesondert: Erstellung des Standsicherheits- bzw. Brandschutznachweises sowie Prüfung dieser Nachweise) festgehalten.
Wesentlich sowie verfahrenserleichternd und -beschleunigend ist auch die Absicht der Brandenburgischen Landesregierung, dass es keiner Zulassung einer Abweichung mehr durch die Bauaufsichtsbehörden bedarf, wenn bautechnische Nachweise von einem Prüfingenieur geprüft worden sind, außer es werden nachbarrechtlich geschützte Belange berührt (z.B. bei Fenstern in einer Brandwand). Dies unterstreicht die Eigenständigkeit und inhaltliche Abgeschlossenheit des Prüfberichts sowie die Eigenverantwortung des Bauherrn und des von ihm zu beauftragenden Prüfingenieurs.
Baulasten
Neu ist auch die (Wieder-)Einführung von Baulasten, die an die Stelle der grundbuchrechtlichen Sicherungen über Dienstbarkeiten treten sollen.
Neben inhaltlichen Gründen – Baulasten sind z.B. grundsätzlich insolvenzfest, während dies bei beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten zugunsten der Bauaufsichtsbehörden nicht immer gewährleistet ist – spricht auch eine einfachere, schnellere sowie kostengünstigere Verfahrensweise für diese Neuregelung.
Ausblick
Das Kabinett hat den Entwurf der neuen Brandenburgischen Bauordnung am 22.12.2015 verabschiedet, damit er im Landtag beraten und noch vor der parlamentarischen Sommerpause 2016 beschlossen werden kann – in enger Abstimmung mit der dann ebenfalls modifizierten Bauordnung für Berlin. In welchem Umfang es tatsächlich zu den avisierten Novellierungen kommen wird, steht also noch nicht abschließend fest.