Neues zur Kalkulation von Nachträgen
Die Kalkulation von Nachträgen beim VOB/B-Vertrag ist ein ständiger Streitpunkt zwischen Auftraggebern und Auftragnehmern. Das Kammergericht hatte sich in einem jetzt bekannt gewordenen Fall gleich mit zwei Grundsatzfragen der richtigen Kalkulation zu befassen und hat Folgendes entschieden (KG, Urteil vom 17.12.2013, 7 U 203/12; BGH, Beschluss vom 27.04.2016, VII ZR 24/14 [Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen]).
Darf der Auftragnehmer bei Nachtragsleistungen pauschal Baustellengemeinkosten beaufschlagen
Bei VOB/B-Verträgen muss der Auftragnehmer bekanntermaßen die Nachtragsvergütung auf Basis der Ursprungskalkulation ermitteln (§ 2 Abs. 5 und 6 VOB/B). Hatte der Auftragnehmer die Baustellengemeinkosten (BGK) in der Ursprungskalkulation als prozentualen Zuschlag kalkuliert, so war es üblich, diesen Zuschlag auch bei der Nachtragsleistung anzusetzen.
Das Kammergericht ist nunmehr der Ansicht, dass diese Vorgehensweise nicht zulässig ist. Vielmehr käme es darauf an, ob durch die Nachtragsleistungen überhaupt zusätzliche Baustellengemeinkosten entstehen würden. Ist dies nicht der Fall, so dürfte die Nachtragsleistung auch nicht mit einem BGK-Zuschlag versehen werden.
Sollten dagegen zusätzliche Gemeinkosten entstehen, so sollen diese als „direkte Kosten“ (auch Einzelkosten der Teilleistung genannt) kalkuliert werden.
Wie wird eine völlig neue Nachtragsleistung kalkuliert?
Das Kammergericht hatte sich weiter mit der Frage zu befassen, wie denn eine völlig neue Nachtragsleistung zu kalkulieren ist, für die es in der Ursprungskalkulation keine Bezugspunkte gibt (weil die Leistung ursprünglich nicht vorgesehen war).
Das Gericht hat entschieden, dass der Auftragnehmer zwar grundsätzlich Bezug zur Urkalkulation herzustellen habe. Soweit dies aber nicht möglich sei, weil in der Urkalkulation jedweder Bezugspunkt fehle, seien die „üblichen Preise“ anzusetzen.
Die Entscheidung darf allerdings nicht missverstanden werden: Sie führt nicht etwa dazu, dass zukünftig völlig neue Nachtragsleistungen insgesamt nach ortsüblichen Preisen kalkuliert werden. Denn auch bei völlig neuen Nachtragsleistungen ist grundsätzlich der Bezug zur Ursprungskalkulation herzustellen.
Das ist häufig gleich im Hinblick auf mehrere Kalkulationsbestandteile möglich. Hat der Auftragnehmer beispielsweise mit einem bestimmten Gewinnanteil kalkuliert, so kann und muss dieser auch bei der Nachtragsleistung fortgeschrieben werden. Das Gleiche gilt für den kalkulierten Zuschlag an Allgemeinen Geschäftskosten (AGK).
Nur dort, wo überhaupt kein Anhaltspunkt in der Ursprungskalkulation vorhanden ist, kann nach üblichen Preisen kalkuliert werden. Denkbar ist dies vor allem beim Einsatz von Materialien, die bislang im Hauptvertrag noch nicht vorgesehen waren.
Hinweise für die Praxis
Wie bereits berichtet, steht voraussichtlich im Jahre 2017 eine Reform des Bauvertragsrechts an. Der derzeit vorliegende Gesetzesentwurf sieht vor, dass der Auftragnehmer ein Wahlrecht hat:
- Er kann die Nachtragsvergütung wie bisher beim VOB/B-Vertrag auf Basis der Ursprungskalkulation berechnen. Dann kann er insbesondere auch auf die dort kalkulierten Zuschläge für Gewinn und Allgemeine Geschäftskosten zurückgreifen (§ 650c Abs. 2 des Entwurfs).
- Alternativ soll er die Nachtragsvergütung auch „nach den tatsächlich erforderlichen Kosten mit angemessenen Zuschlägen für allgemeine Geschäftskosten, Wagnis und Gewinn“ ermitteln dürfen (§ 650c Abs. 1 des Entwurfs). Statt auf die Kalkulationsansätze kann der Auftragnehmer also zukünftig auf die ihm tatsächlich entstandenen Kosten für die Nachtragsleistung abstellen. Das bedeutet allerdings nicht, dass der Auftragnehmer nunmehr jedwede tatsächlichen Kosten (quasi nach oben unbegrenzt) geltend machen kann. Vielmehr ist im Regionsentwurf von den „erforderlichen“ Kosten die Rede. Dabei wird man davon ausgehen dürfen, dass grundsätzlich nur die ortsüblichen Kosten tatsächlich „erforderlich“ sind.
- Eine Kombination dieser beiden Vorgehensweisen ist aber nicht möglich. Insbesondere kann der Auftragnehmer nicht die tatsächlichen Einzelkosten der Teilleistung (Lohn, Material, Geräte usw.) geltend machen und diese dann mit den kalkulierten Zuschlägen versehen. Vielmehr muss sich der Auftragnehmer entscheiden: Macht er die tatsächlichen erforderlichen Kosten geltend, dann erhält er „angemessene“ Zuschläge, die gerade nicht der Ursprungskalkulation zu entnehmen, sondern letztlich wohl nach Ortsüblichkeit zu ermitteln sind. Oder der Auftragnehmer entscheidet sich doch für die Ermittlung auf Basis der Ursprungskalkulation, dann kommt es aber auf die tatsächlich erforderlichen Kosten der Herstellung nicht an.