18.10.2022

Nachtrag bei Bauprojekten – Alles was Sie wissen müssen

Es kommt immer wieder vor, dass bei Baumaßnahmen ungeplante Arbeiten notwendig werden. Dies kann zu einer Änderung der Fristen führen, falls sich der Baubeginn verzögert. Kommt es also zu Leistungsänderungen am sogenannten Bausoll während der Bauausführung, so ergeben sich daraus Nachträge, die dann zu Nachforderung respektiver Vergütungsanpassungen führen.

Nachtrag

Was ist ein Nachtrag?

Nachträge im Bau sind Änderungen oder Ergänzungen zu einem Bauvertrag, die nach Abschluss des Vertrages vereinbart werden. Nachträge können aufgrund von Veränderungen am Bauvorhaben, Änderungen der behördlichen Anforderungen oder anderen unvorhersehbaren Umständen erforderlich werden.

Ein VOB Nachtrag ist somit eine vertragliche Ergänzung oder Anpassung, die im Laufe der Bauausführung vorgenommen wird. VOB Nachträge sind durch die deutsche Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) geregelt.

Die Bedingungen für Werkverträge nach BGB orientieren sich an § 632 des BGB.

Nachträge können sowohl vor als auch nach Abschluss des Hauptvertrages vereinbart werden und dienen dazu, den ursprünglichen Vertrag an die sich während der Ausführung geänderten Bedingungen anzupassen.

Ursachen und Gründe für einen Nachtrag

Nachträge können aus unterschiedlichen Gründen erforderlich sein. Sie können zum Beispiel durch Änderungen der Bauherren, der Planer oder sogar durch Fehler in der ursprünglichen Planung entstehen.

Zudem ist nicht ausgeschlossen, dass eine Leistungsbeschreibung nicht den nationalen Anforderungen in § 7 Abschnitt 1 VOB/A sowie die EU-weiten Anforderungen in § 7 EU Abschnitt 2 VOB/A entspricht oder unvollständig ist.

Wenn die Leistungsbeschreibung vom Auftraggeber oder dessen beauftragtem Architekten oder Planer erstellt wurde, gehen eventuelle Unvollständigkeiten oder Fehler oft zu Lasten des Auftraggebers. Je umfangreicher die Leistungsbeschreibung ausfällt, desto geringer ist der Spielraum für mögliche Nachträge.

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Einige häufige Ursachen für Nachträge

  • Änderungen in den Anforderungen: Oft wird erst während der Bauphase klar, dass bestimmte Anforderungen nicht klar definiert waren oder sich geändert haben. Dies kann dazu führen, dass Nachträge erforderlich sind, um die ursprünglichen Anforderungen zu erfüllen.
  • Unvorhergesehene Umstände: Manchmal treten während der Bauphase unvorhergesehene Umstände auf, die zu Nachträgen führen. Beispielsweise können schlechte Witterungsbedingungen (Schlechtwetter auf der Baustelle) dazu führen, dass Arbeiten verzögert werden und somit mehr Kosten entstehen. Auch unvorhergesehene Bauschäden oder Preissteigerungen für Baumaterialien können Nachträge notwendig machen. Weiterhin können Änderungen im Personalbestand des Auftragnehmers einen Nachtrag erforderlich machen.
  • Fehler in der ursprünglichen Planung: Auch Fehler in der ursprünglichen Planung können zu Nachträgen führen. Beispielsweise kann es vorkommen, dass bei der Planung eines Gebäudes die statischen Berechnungen nicht korrekt durchgeführt wurden und somit Nachträge erforderlich sind, um das Gebäude stabil zu machen.

In solchen Fällen muss mit dem Auftraggeber eine gesonderte Vereinbarung getroffen werden, in der die Änderungen und Ergänzungen des ursprünglichen Vertrages genau festgehalten werden.

Übersicht von Nachtragsarten nach VOB

Nachträge werden in der VOB in § 2 genau geregelt. Nachträge können z. B. sein:

Abweichungen von den Mengenansätzen
  • Mengenunterschreitung
  • Mengenüberschreitung

(Mengenabweichungen sind in § 2 Abs. 3 VOB/B geregelt)

Entfallene Bauleistungen
  • entstehen z. B. durch Teilkündigung (§ 8 Abs. 1)
  • oder Erbringung von Eigenleistungen (§ 2 Abs. 4 VOB/B)
Besondere Leistungen Leistungen, die nicht *Nebenleistung sind und nicht in der Leistungsverzeichnis erwähnt sind (§ 2 Abs. 1 VOB/B)

*Was genau zu den Nebenleistungen zählt, steht in den Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen (ATV)

Leistungsänderungen
  • Änderung der Ausführung, so dass ein neuer Preis für eine Angebotsposition zu berücksichtigen ist (§ 2 Abs. 5 VOB/B)
  • Änderungen können sich z. B. durch Änderung des Bauplanes, zusätzliche Zeichnungen und Unterlagen oder aus Weisungen des Bauherrn oder des Architekten ergeben
Zusätzliche Leistungen
  • eine bisher im Vertrag oder im Leistungsverzeichnis nicht vorgesehene Leistung gefordert. Diese muss jedoch vor Beginn angekündigt werden (§ 2 Abs. 6 VOB/B)
  • aus zusätzlich notwendigen Stundenlohnarbeiten, wenn diese vor Beginn ausdrücklich vereinbart wurden (§ 2 Abs. 10 VOB/B)
Preisanpassungen
  • wenn bei Pauschalsummen die ausgeführte Leistung von der vertraglich vorgesehenen Leistung so erheblich abweicht, dass ein Festhalten an der Pauschalsumme nicht zumutbar ist (§ 2 Abs. 7 VOB/B)
  • aus sogenannten Preisgleitklauseln  (Lohngleitklausel oder Stoffpreisgleitklauseln), wenn diese vertraglich vereinbart wurden

Nachtragskalkulation und Nachtragsangebot

Nachtragskalkulation

Eine Nachtragskalkulation ist eine genaue Berechnung der Kosten, die für eine Änderung oder Erweiterung des ursprünglich vereinbarten Leistungsumfangs anfallen. Die Kalkulation sollte alle Mehr- oder Minderkosten enthalten, die aufgrund der Änderungen entstehen. Dazu gehören unter anderem:

  • Material- und Subunternehmerkosten
  • Löhne und Gehälter der ausführenden Firma
  • Reise- und Unterbringungskosten
  • Kosten für zusätzliche Ausrüstung oder Geräte
  • sonstige Kosten, die durch die Änderung entstehen

Die Nachtragskalkulation sollte möglichst genau sein, damit der Auftraggeber einschätzen kann, ob das Angebot angemessen ist. Bei der Erstellung einer Nachtragskalkulation ist es wichtig, dass alle Kosten berücksichtigt werden. Auch wenn manche Kosten nur geringfügig erscheinen, können sie sich summieren und am Ende einen erheblichen Betrag ausmachen. Daher ist es ratsam, alle Kosten genau zu berechnen und aufzulisten.

Nachtragsangebot

Nachdem die Kalkulation erstellt wurde, muss das Nachtragsangebot formuliert werden. Das Angebot sollte folgende Punkte enthalten:

  • Angabe der Leistungen, die zusätzlich erbracht werden sollen
  • detaillierte Kostenaufstellung der einzelnen Posten
  • Zeitplan für die Erbringung der zusätzlichen Leistungen
  • gegebenenfalls Angabe mit welchen Mitteln die zusätzlichen Leistungen erbracht werden sollen (z.B. neue Maschinen)

Bevor das Angebot abgeschickt oder vorgelegt wird, sollte man sicherstellen, dass alle relevanten Informationen enthalten sind und dass die Kalkulation korrekt ist. Auch sollte man bedenken, dass das Angebot verhandelbar ist. Der Auftraggeber kann also versuchen, den Preis zu senken oder bestimmte Leistungen wegzulassen. Es ist also ratsam, sich im Vorfeld Gedanken über Verhandlungsstrategien zu machen.

Nachtrag: Rechtliche Aspekte

Wenn das Nachtragsangebot angenommen wird, ist es offiziell ein Nachtrag und muss in den Vertrag aufgenommen werden. Dies geschieht in der Regel in Form einer Ergänzung des Vertrages oder als gesonderter Anhang zum Vertrag.

Wichtig ist, dass der neue Umfang der Leistung sowie die neu vereinbarte Vergütung im Vertrag festgehalten werden. Auch sollten im Vertrag die Fristen für die Erbringung der zusätzlichen Leistungen festgehalten werden.

Nachträge werden form- und fristgerecht nach Abschluss der Vertragserrichtung eingereicht. In jedem Fall muss ein schriftlicher Antrag gestellt werden, in dem der Grund für den Nachtrag dargelegt und die gewünschten Änderungen genau beschrieben werden.

Der Abschluss eines Nachtrags kann zu einer Verlängerung der Vertragslaufzeit sowie zu Mehrkosten für den Auftragnehmer führen. Daher ist es wichtig, dass sowohl Auftraggeber als auch Auftragnehmer genau prüfen, ob ein Nachtrag tatsächlich notwendig ist und welche Konsequenzen er mit sich bringt.

Fazit: Mit sorgfältigem Nachtragsmanagement Nachträge im Griff

Nachträge gehören bei Bauprojekten zur Tagesordnung und können evtl. zur Steigerung der Baukosten führen. Nachträge können aber auch positive Auswirkungen haben: Zum Beispiel dazu führen, dass die Bauzeit verkürzt wird.

Deshalb sollte auf Nachtragsmanagement immer ein besonderes Augenmerk gelegt werden, sowohl aus Sicht des ausführenden Unternehmens als auch aus Bauherrensicht – auch wenn die Ziele der beiden unterschiedlich sind.

Zum Nachtragsmanagement gehört sorgfältige Organisation sowie ein gutes Verhandlungsgeschick. Zudem muss nachvollziehbar dokumentiert werden, um im Falle eines Rechtsstreits nachweisen zu können, ob der Nachtrag tatsächlich notwendig war.

 

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Autor*in: WEKA Redaktion