01.08.2022

Erweiterte Honorartafeln in der Technischen Ausrüstung sind nicht mehr zeitgemäß

Die Welt steht nicht still – die Honorarbasis der Tafelerweiterungen leider schon. Das führt vor allem bei Großprojekten zu weitreichenden Konsequenzen für Fachplaner und Auftraggeber. Denn aufgrund des Fachkräftemangels, steigender technischer Planungsanforderungen und neuen Methoden wie BIM sind die erweiterten Honorartafeln weder zeitgemäß noch auskömmlich.

Honorartafeln HOAI

Bei der Honorarkalkulation von Großprojekten in der Technischen Ausrüstung werden häufig sogenannte „erweiterte Honorartafeln“ verwendet. Diese sind in der Branche nicht unumstritten und können, vor allem für die Technische Ausrüstung, Konfliktpotenzial für den Fachplaner sowie den Auftraggeber bergen.

Wir sprachen mit dem Honorarsachverständigen für die Technischen Ausrüstung Dipl. Ing. Dipl. Wirtsch. Ing. Martin Vielhauer über die Kalkulation von Großprojekten und erweiterte Tafelwerte.

Im Gespräch mit:

Martin Vielhauer

Dipl.-Ing. Dipl. Wirtsch.-Ing. Martin Vielhauer

Honorarsachverständiger TGA / Geschäftsführer TEG – SV GmbH / Autor bei HOAI und Vertragsrecht

Beschäftigt sich intensiv mit neuen Abwicklungs- und Honorarmodellen für die Technische Ausrüstung im Spannungsfeld der neuen HOAI.

 

WEKA: Hat sich die Angebotskalkulation von Großprojekten oberhalb der Tafelwerte der HOAI seit der Novellierung der HOAI 2021 verändert?

Martin Vielhauer: Grundsätzlich waren Honorare oberhalb der Tafelwerte bereits vor der HOAI 2021 frei verhandelbar. Daher ändert sich an den rechtlichen Parametern nichts. Was sich jedoch ändert, sind die abgefragten Leistungsbilder bei Großprojekten. Dabei entstehen immer häufiger Probleme im Verhältnis zwischen Honorar und notwendigem Aufwand, Fragen zu neuen Planungsmethoden wie BIM oder aber Konflikte aufgrund der veralteten Honorarbasis der erweiterten Tafeln.

WEKA: Was meinen Sie damit konkret?

Martin Vielhauer: Die TA-Leistungsbilder in Großprojekten sind oft massiv, jedoch Fachgewerks-unspezifisch, erweitert. Besondere Leistungen, Umbauzuschläge, mitzuverarbeitende Bausubstanz, aber auch Leistungen aus Methoden wie BIM oder LEAN werden immer öfter in die Honorarpauschalen der bekannten Tafelerweiterungen mit „abgegolten“.

Das Problem dabei ist vor allem die alte Honorarbasis der Tafelerweiterungen. Die Honorare koppeln sich an die Werte der HOAI 2013 und damit an Kosten und Komplexität von vor circa zehn Jahren. Jedoch hat sich in der Fachplanungswelt einiges verändert – was sich bei Großprojekten noch potenziert.

WEKA: In welcher Hinsicht?

Martin Vielhauer: Zum einen sehen wir aufgrund des massiven Fachkräftemangels ein stark steigendes Lohnniveau in der Technischen Ausrüstung. Zum anderen erhöht sich durch die seit Jahren steigenden Planungsanforderungen zum Beispiel bei Schall- und Brandschutz der Aufwand im Projekt. Zudem kommen höhere Kosten aufgrund der Digitalisierung und BIM auf die Büros zu. Stichwort Lizenzkosten. Diese Entwicklungen sind in der alten Honorarbasis von 2013 nicht enthalten.

WEKA: Welche erweiterten Tafeln gibt es?

Martin Vielhauer: Die bekanntesten sind wohl die RIFT- und die AHO-Tabellen. Diese unterscheiden sich jedoch bei der TGA in einem wesentlichen Parameter erheblich. In meinen Betrag in HOAI und Vertragsrecht vergleiche ich die Ableitungen der Tabellen.

WEKA: Welche Hauptrisiken sehen Sie in der Angebotskalkulation von Großprojekten in der TGA?

Martin Vielhauer: Zum einen fehlen spezifische Leistungsbilder in den Anlagengruppen, was bei Großprojekten regelmäßig zu Fehlkalkulationen der Leistungen führt. Ganz speziell bei Umbaumaßnahmen. Zum anderen wird der Projektverlauf bei Großbauvorhaben oft sehr optimistisch eingeschätzt, was dann oft zu einer Fehleinschätzung des Aufwandes und damit der eigenen Kosten führt.

Dies ist dann vor allem der Fall, wenn mehr oder weniger unflektiert die erweiterten Honorartafel verwendet werden.

WEKA: Was meinen Sie mit „zu optimistisch eingeschätzt“?

Martin Vielhauer: Zum Angebots-Optimismus gehört vor allem, dass die Risiken und Kosten aus Planungs- und Bauzeitverlängerung und Ineffizienzen aus Planungs- und Baustopps oft ausgeblendet werden. Zudem werden zunehmend erhöhte Organisationsaufwände in Großprojekten, als auch Fluktuationskosten über die langen Projektlaufzeiten bei der Honorarkalkulation ignoriert.

All diese Themen werden meiner Meinung nach in den erweiterten Honorartabellen zu wenig berücksichtigt. Mit am kritischsten ist hierbei die Leistungsphase 8 – und zwar für beide Vertragsparteien.

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WEKA: Was meinen Sie damit?

Martin Vielhauer: Bei TA-Großprojekten werden ganze Teams in der Objektüberwachung eingesetzt, die eigene Organisationsstrukturen und Prozesse aufbauen. Man kann schon fast vom „Projekt im Projekt“ sprechen. Dabei werden oft ab einer gewissen Größenordnung auf das Gewerk spezialisierte Objektüberwacher eingesetzt, z.B. in der Gebäudeautomation. „Schön-Wetter“- Objektüberwachung mit freundlichen Umherwandeln auf der Baustelle ist dann vorbei.

Problem dabei ist, dass die wenigsten Fachplanungsbüro eine so große Anzahl an Fach-Objektüberwachern „auf Vorrat“ haben. Daher wird vielfach über Sub-Unternehmer oder freie Mitarbeiter verstärkt. Aufgrund des Fachkräftemangels in der TA ist es schon schwierig, Fachplaner zu finden – hochprofessionelle TA-Objektüberwacher mit Erfahrung in Großprojekten sind noch schwieriger zubekommen.

Der Effekt ist, dass die Kosten steigen. Da aber bei der Angebotskalkulation von großen Bauvorhaben die LPH 8 noch Jahre in der Zukunft liegt, werden die Aufwände und Kosten oft falsch kalkuliert. Ganz abgesehen von den schon fast regelmäßigen Bauzeitverlängerungen bei Großprojekten.

WEKA: Was heißt das für das Projekt?

Martin Vielhauer: Vielfach kommen Fachplanungsbüros bei der LPH 8 in finanzielle Schwierigkeiten, da zum einen die Kosten für das OÜ-Personal nicht mehr durch die erweiterten Tafelwerts-Pauschalen getragen werden. Zum anderen wird der Aufwand für die Betreuung von Großbauvorhaben völlig unterschätzt. Zwar kann das nicht für alle Anlagengruppen der TA verallgemeinert werden, ist aber am Markt immer häufiger zu beobachten.

In letzter Konsequenz versuchen dann die Büros den Aufwand zu minimieren, was dann meist zu Schlechtleistungsvorwürfen und mangelhafter Qualität führt. Ein Fachplanungsbüros jedoch in der laufenden LPH 8 in einem Großprojekt auszutauschen, kann erhebliche negative Rückwirkungen auf das Projekt nach sich ziehen – speziell bei der öffentlichen Hand.

WEKA: Was empfehlen Sie denn den Parteien?

Martin Vielhauer: Wichtig ist, eine klare Kalkulationsbasis zu schaffen. Dabei kann ich nur empfehlen, Aufwandskalkulationen auf spezifischen Leistungsbildern zu erstellen. Für die LPH 8 ist es sinnvoll, Mann-Gebirge getrennt nach Anlagengruppen darzustellen und diese gemeinsam zu diskutieren.

Zudem sind bereits im Angebotsprozess belastbare Vergütungsvereinbarungen für eine Bauzeitverlängerung sinnvoll. Für Auftraggeber ist vor allem bei TA-Großprojekten zu klären, wie das Fachplanungsbüro die Organisation von Großprojekten strukturiert beziehungsweise ob das jeweilige Büro in der Lage ist, mit Störungen umzugehen. Von einer stumpfen Verwendung der erweiterten Honorartafeln würde ich in der Technischen Ausrüstung abraten. Gemeinsame und transparente Honorarvereinbarungen am Anfang des Projektes helfen, Konflikte zu reduzieren

WEKA: Vielen Dank, Herr Vielhauer, dass Sie sich die Zeit genommen haben, unsere Fragen zu beantworten!

 

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Autor*in: WEKA Redaktion