02.03.2016

Die häufigsten Fehler bei Nachträgen: Auftrag oder Anordnung?

Man könnte meinen, dass der Auftraggeber im Hinblick auf Nachträge keine wesentlichen Fehler machen könne. Da es um Vergütungsansprüche des Auftragnehmers gehe, liege das Risiko der Durchsetzung von Nachträgen allein bei diesem. Dabei handelt es sich um einen Irrtum. Folgende Irrtümer führen auch für Auftraggeber in der Praxis immer wieder zu Problemen:

Nachtrag

Der Auftraggeber kennt den Unterschied zwischen einer Anordnung und einem Auftrag nicht

Vielen Auftraggebern ist der Unterschied zwischen einer Anordnung (§ 2 Abs. 5 und § 2 Abs. 6 VOB/B) und einem Auftrag nicht klar.

Auftrag: Erteilt der Auftraggeber dem Auftragnehmer auf Basis eines Angebotes einen Auftrag, dann kommt damit ein Vertrag zustande. Die Parteien einigen sich darauf, dass der Auftragnehmer eine Bauleistung zu einem bestimmten oder bestimmbaren Preis ausführen soll. Bei dem Auftrag geht es also um beiderseitige Erklärungen der Vertragsparteien, in deren Ergebnis ein (vergütungspflichtiger) Vertrag geschlossen wird.

Anordnung: Dabei handelt es sich um eine einseitige Erklärung des Auftraggebers. Der Auftraggeber ordnet z.B. an, dass eine ganz bestimmte Bauleistung ausgeführt werden soll. Über die Vergütung dieser Leistung ist mit der Anordnung allein noch nichts gesagt.

Die Unterscheidung zwischen Auftrag und Anordnung ist insbesondere für die Frage der Vergütung wichtig.

Der Auftraggeber meint, er müsse nur beauftragte Leistungen bezahlen

Eine der Besonderheiten eines VOB/B-Vertrags besteht darin, dass der Auftragnehmer auch Leistungen ausführen muss, die vom Auftraggeber „nur“ angeordnet wurden. Der Auftraggeber kann also Leistungen einseitig anordnen. Der Auftragnehmer ist verpflichtet die Bauleistungen (nach Maßgabe der § 1 Abs. 3 und 4 VOB/B) auszuführen.

Wenn aber eine Partei eine Leistung einseitig anordnen kann, dann muss der anderen Partei gezwungenermaßen das Recht zustehen, dafür eine Vergütung zu verlangen. Dieses Recht ist in § 2 Abs. 5 und 6 VOB/B für den Auftragnehmer verbrieft. Es besteht also ein Automatismus: Ordnet der Auftraggeber eine Änderungsleistung oder eine zusätzliche Leistung an, dann muss er sie auch vergüten.

Dagegen hängt ein Vergütungsanspruch des Auftragnehmers bei einem VOB/B-Vertrag nicht davon ab, dass auch ein Vertrag über die Nachtragsleistung zustande kommt. Insbesondere bedarf es keines „Auftrags“ des Auftraggebers. Eine bloße Anordnung genügt.

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Der Auftraggeber meint, bei einem Pauschalvertrag kämen keine Nachträge in Betracht

Auftraggeber vertreten häufig die Ansicht, bei einem Pauschalvertrag könne der Auftragnehmer entweder gar keine Nachträge geltend machen oder nur in sehr beschränktem Umfang. Das ist nicht richtig.

Grundsätzlich gilt: Ordnet der Auftraggeber eine Leistung an, die entweder im Vertrag anders oder gar nicht vorgesehen war, dann steht dem Auftragnehmer bei Mehrkosten ein Vergütungsanspruch zu (§ 2 Abs. 5 und 6 VOB/B). Das gilt sowohl beim Detail- als auch beim Global-Pauschalpreisvertrag (§ 2 Abs. 7 Nr. 2 VOB/B).

Auch beim Pauschalvertrag ist entscheidend, wovon die Parteien im Moment des Vertragsabschlusses ausgegangen sind.

Beispiel

Der Auftragnehmer soll eine Lüftungsanlage für ein Bistro errichten. Es handelt sich um einen Global-Pauschalpreisvertrag, eine detaillierte Planung des Auftraggebers existiert nicht. Im Vertrag heißt es, die Anlage sei „je nach Erfordernis“ zu bauen. Zum Zeitpunkt der Auftragserteilung ist vorgesehen, das Bistro mit getrennten Küchen- und Gasträumen zu betreiben. Nach Vertragsabschluss ändert der Auftragnehmer sein Nutzungskonzept. Er plant nunmehr eine Showküche mitten im Gastraum. Die Lüftungsanlage muss deshalb neu konzipiert werden. Der Auftraggeber meint, ein Nachtrag käme nicht in Betracht, da auch die neue Lüftungsanlage der Formulierung „je nach Erfordernis“

Der Auftraggeber verkennt aber: Auch bei einem Global-Pauschalpreisvertrag darf der Auftragnehmer seine Leistungen natürlich auf Basis der Angaben des Auftraggebers bei Vertragsabschluss kalkulieren. Ändert der Auftraggeber seine Planung – oder fordert er zusätzliche Leistungen –, so kommt ein Nachtrag in Betracht.

Der Auftraggeber duldet, dass der Architekt Nachtragsleistungen anordnet

Ein Architekt oder Fachingenieur hat regelmäßig keine Vollmacht, den Auftraggeber bei der Anordnung oder Beauftragung von Nachtragsleistungen zu vertreten, soweit diese zu Mehrkosten führen. Die Vollmacht des Architekten endet am Portemonnaie des Auftraggebers. Sollte also eine Anordnung des Architekten zu Vergütungsansprüchen des Auftragnehmers führen, so erfolgt die Anordnung grundsätzlich vollmachtslos. Der Auftraggeber ist an die Anordnung nicht gebunden. Er muss die Nachtragsleistung grundsätzlich nicht vergüten.

Dieser Grundsatz ist zwar richtig, wird von Auftraggebern gelegentlich aber überstrapaziert. Das gilt insbesondere dann, wenn der Auftraggeber den Architekten auf der Baustelle gewähren lässt. Das ist der Fall, wenn der Auftraggeber weiß oder jedenfalls ernsthaft damit rechnet, dass der Architekt auf der Baustelle Nachtragsleistungen anordnet. Das kann sich z.B. aus Baubesprechungsprotokollen ergeben, von denen der Auftraggeber eine Durchschrift erhält.

Hier muss der Auftraggeber einschreiten, wenn er nicht bereit ist, die vom Architekten angeordneten Leistungen zu vergüten. Ansonsten kann nämlich beim Auftragnehmer völlig zu Recht der Eindruck entstehen, der Auftraggeber dulde das Verhalten seines Architekten. Das kann dazu führen, dass der Architekt letztendlich doch als bevollmächtigt gilt, nämlich nach den Grundsätzen der Anscheins- bzw. Duldungsvollmacht. Im Ergebnis muss dann der Auftraggeber Nachtragsleistungen bezahlen, die er an sich gar nicht wünschte.

Der Architekt behauptet, er sei auch im Hinblick auf Nachträge bevollmächtigt

Als Architekt (oder Fachingenieur) sollten Sie – ohne interne Klärung mit dem Auftraggeber – niemals gegenüber Auftragnehmern behaupten, Sie seien zur Beauftragung von Nachtragsleistungen bevollmächtigt. Bestreitet nämlich der Auftraggeber nachträglich die Vollmacht, so kommt Ihre direkte Haftung gegenüber dem Auftraggeber grundsätzlich in Betracht. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Auftragnehmer auf die behauptete Vollmacht vertrauen durfte und daraufhin Bauleistungen erbracht hat. Dann kann der Architekt/Fachingenieur nach den Grundsätzen eines Vertreters ohne Vertretungsmacht (§ 179 Abs. 1 BGB) haften.

Der Auftraggeber vereinbart nicht die Vorlage der Urkalkulation

Im Fall von Nachträgen kann der Auftragnehmer beim VOB/B-Vertrag nicht frei kalkulieren. Er muss die Nachtragsvergütung auf Basis der Ursprungskalkulation ermitteln (§ 2 Abs. 5 und 6 Nr. 2 VOB/B). Dazu muss er insbesondere die Kalkulationsbestandteile der Ursprungskalkulation fortschreiben (z.B. die Höhe der Umlage für die allgemeinen Geschäftskosten).

Ob der Auftragnehmer diese Grundsätze einhält, kann der Auftraggeber nur bei Vorlage der Ursprungskalkulation prüfen. Der Auftragnehmer muss die Urkalkulation daher spätestens bei einem Streit über die Höhe der Nachtragsvergütung offenlegen.

Indes eröffnet der Auftraggeber dem Auftragnehmer erhebliche „Gestaltungsspielräume“, wenn er die Vorlage der Ursprungskalkulation erst dann fordert, wenn tatsächlich Nachträge im Raum stehen. Dann nämlich kann der Auftragnehmer versuchen, die Ursprungskalkulation nachträglich möglichst so anzupassen, dass sich daraus ein möglichst hoher Nachtrag ergibt.

Deshalb sollte der Auftraggeber unbedingt schon im Bauvertrag vereinbaren, dass der Auftragnehmer bei Vertragsabschluss (oder kurz danach) seine Ursprungskalkulation zu hinterlegen hat. Dabei mag die Hinterlegung zunächst in einem geschlossenen Umschlag erfolgen, um den Geheimhaltungsinteressen des Auftragnehmers gerecht zu werden. Im Vertrag sollte aber das Recht des Auftraggebers geregelt sein, den Umschlag im Streitfall über die Höhe von Nachträgen zu öffen.

Der Auftraggeber verlangt bei Mehrmengen keinen neuen Einheitspreis

Führt der Auftragnehmer bei einem Einheitspreisvertrag größere Mengen aus als ursprünglich ausgeschrieben, dann führt dies häufig zu einer sog. Überdeckung bei den Baustellengemeinkosten (BGK). Denn in aller Regel führen die Mehrmengen nicht zu proportional höheren Kosten, insbesondere im Hinblick auf die Baustelleneinrichtung.

Beispiel

Der Auftragnehmer hat als Baustellengemeinkosten die Einrichtung und den Abbau der Baustelleneinrichtung kalkuliert. Die Kosten hierfür müssen auch bei Mehrmengen nicht steigen, jedenfalls nicht zwingend proportional mit den Mehrmengen.

Der Auftragnehmer ist bei Minderkosten infolge von Mengenerhöhungen nicht „automatisch“ verpflichtet, einen geringeren Einheitspreis zu gewähren. Nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B ist ein neuer Einheitspreis nur „auf Verlangen“ zu vereinbaren.

Gelten vereinbarte Nachlässe auch für Nachträge?

Bei vielen Bauvorhaben einigen sich Auftraggeber und Auftragnehmer bei Abschluss des Hautvertrags auf teilweise nicht unerhebliche Nachlässe. Diese werden häufig erst in der letzten Verhandlungsrunde, unmittelbar vor Vertragsabschluss, ausgehandelt und sind nicht unbedingt in der Ursprungskalkulation enthalten.

Fraglich ist deshalb, inwieweit Nachlässe, die nicht in die Ursprungskalkulation eingeflossen sind, bei der Nachtragskalkulation zu berücksichtigen sind. Nach § 2 Abs. 5 Satz 1 und § 2 Abs. 6 Nr. 2 VOB/B erfolgt die Berechnung der Nachtragsvergütung auf Basis der Ursprungskalkulation. Deshalb vertreten viele Baujuristen die Ansicht, Nachlässe, die nicht in die Ursprungskalkulation einbezogen wurden, müssen bei Nachträgen nicht berücksichtigt werden.

Das kann natürlich ausdrücklich anders geregelt werden. Es ist ohne Weiteres zulässig, in den Bauvertrag eine Klausel aufzunehmen, wonach Nachlässe, die im Rahmen des Hauptvertrags gewährt wurden, auch für Nachträge gelten. Sinnvollerweise sollte dann natürlich der auf den Hauptauftrag gewährte Nachlass schriftlich ausgewiesen werden, und zwar mit einem Prozentsatz.

Fehlt eine solche Klausel, so ist zumindest unsicher, ob der Nachlass auch für die Nachträge anwendbar ist. Dann muss der Vertrag ausgelegt werden. Ist in einem Vertrag z.B. von einem „Nachlass auf alle Einheitspreise“ die Rede, dann wird das so zu verstehen sein, dass der Nachlass auch auf Einheitspreise bei Nachtragsleistungen zu gewähren ist.

Der Auftraggeber/Architekt prüft die Nachtragsvergütung nur im Hinblick auf ihre Angemessenheit bzw. Ortsüblichkeit

Auch heute wird von Auftraggebern und Architekten teilweise noch angenommen, dem Auftragnehmer stehe bei Nachtragsleistungen eine „angemessene“ oder „ortsübliche“ Vergütung zu. Das ist indes nur bei Verträgen richtig, die nicht auf Basis der VOB/B geschlossen wurden (sog. BGB-Verträge). Ist hier der Auftragnehmer mit der Ausführung von Nachtragsleistungen beauftragt worden, ohne dass es zu einer Einigung über den Preis gekommen ist, dann steht dem Auftragnehmer nach § 632 Abs. 2 BGB die „übliche“ Vergütung zu.

Ganz anders ist dies jedoch beim VOB/B-Vertrag. Hier finden sich die maßgeblichen Nachtragsregelungen in § 2 Abs. 5 Satz 1 und § 2 Abs. 6 Nr. 2 VOB/B. Nach beiden Vorschriften steht dem Auftragnehmer nicht etwa die ortsübliche Vergütung zu, sondern diejenige, die sich aus der Ursprungskalkulation herleiten lässt. Das geschieht regelmäßig durch Heranziehen einer sog. „Bezugsposition“. Das bedeutet, dass der Auftragnehmer sich diejenige Leistung aus dem Hauptvertrag heraussucht, die der Nachtragsleistung am ähnlichsten ist. Der Auftragnehmer muss dann aus der Kalkulation der Bezugsposition diejenigen Kalkulationsbestandteile übernehmen, die auch auf die Nachtragsleistung unverändert zutreffen. Dabei handelt es sich regelmäßig jedenfalls um die kalkulierten Umlagen für Baustellengemeinkosten, allgemeine Geschäftskosten und Wagnis und Gewinn. Aber auch die Höhe des kalkulierten Stundensatzes für Mitarbeiter kann und muss fortgeschrieben werden.

Nur soweit die Kostenansätze nicht vergleichbar sind (z.B. bei den Materialkosten), erfolgt eine Fortschreibung grundsätzlich nicht. Mit dieser Technik soll ermittelt werden, wie der Auftragnehmer die Nachtragsleistung kalkuliert hätte, wenn ihm deren Notwendigkeit schon bei Kalkulation des Hauptauftrags bekannt gewesen wäre.

Auf die „ortsübliche“ Vergütung kommt es dagegen beim VOB/B-Vertrag nur ganz ausnahmsweise an. Das ist nur dann der Fall, wenn im Rahmen des Nachtrags völlig neue Leistungen anfallen, die bisher noch überhaupt nicht in der Kalkulation des Hauptauftrags aufgetaucht sind (z.B. Einsatz bislang nicht kalkulierter Baustoffe).

Mehrmengen müssen nicht angezeigt werden

Mehrmengen (§ 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B) fallen an, wenn der Auftraggeber die tatsächlich notwendigen Mengen in den Ausschreibungsunterlagen falsch ermittelt hatte. Er hat sich also z.B. bei der Schätzung einer Fläche vertan oder bei der Ermittlung einer notwendigen Stückzahl schlichtweg verzählt.

Dagegen spricht man von sog. „angeordneten“ Mehrmengen, wenn Mehrmengen daher rühren, dass der Auftraggeber nach Vertragsabschluss die Planung ändert, d.h. eine Leistungsänderung oder eine Zusatzleistung anordnet.

Beispiel

Um eine klassische Mehrmenge handelt es sich, wenn der Auftraggeber die Dachfläche seines Gebäudes im LV mit 200 m² angibt, sich bei einem genauen Aufmaß des (unveränderten!) Daches aber ergibt, dass es in Wirklichkeit 207 m² sind. Dagegen liegt eine angeordnete Mehrmenge vor, wenn sich die Dachfläche dadurch erhöht, dass der Auftraggeber nachträglich noch vier Gauben plant, die ursprünglich nicht vorgesehen waren. Eine Mehrmenge ist auch dann angeordnet, wenn der Auftraggeber nachträglich wünscht, dass nicht nur das Haupthaus, sondern nunmehr auch ein Anbau neue Dachziegel erhalten soll.

Der Auftragnehmer ist bei „angeordneten“ Mehrmengen in der Regel verpflichtet, die damit zusammenhängenden Mehrkosten dem Auftraggeber anzuzeigen. Das gilt jedenfalls dann, wenn es sich bei den Mehrmengen um zusätzliche Leistungen i.S.d. § 2 Abs. 6 Nr. 1 VOB/B handelt.

Dagegen ist der Auftragnehmer nicht verpflichtet, den Anfall von klassischen Mehrmengen anzuzeigen. Denn bei diesen Mehrmengen handelt es sich letztlich nicht um einen Nachtrag oder um irgendwie zusätzlich beauftragte Leistungen. Wenn (wie im ersten Beispiel) eine Dachfläche im Leistungsverzeichnis des Auftraggebers mit 200 m² angegeben ist, das Dach aber tatsächlich 207 m² groß ist, dann ging der ursprünglich erteilte Auftrag von Beginn an dahin, das gesamte Dach (207 m²) zu decken. Der Auftrag des Auftragnehmers endete nicht etwa bei 200 m².

Der Auftragnehmer muss daher die über 200 m² hinausgehende Menge nicht gesondert anzeigen.

Doppelt beauftragte Leistungen müssen nicht doppelt bezahlt werden

Es kommt gelegentlich vor, dass der Auftraggeber einen Nachtrag für Leistungen beauftragt, die an sich schon nach dem Hauptvertrag geschuldet waren. Denkbar sind hier z.B. folgende Fälle:

  • Der Auftragnehmer hat einen Nachtrag für eine Leistung gestellt, die nach der einschlägigen DIN eine Nebenleistung ist, die er also ohnehin in seine Einheitspreise hätte einkalkulieren müssen. Der Auftraggeber übersieht dies und beauftragt die Nebenleistung im Rahmen eines gesonderten Nachtrags.
  • Die Bauleistungen des Auftragnehmers werden vor der Abnahme zerstört. Die Gefahr solcher Zerstörungen liegt bis zur Abnahme regelmäßig beim Auftragnehmer (§ 644 BGB). Dennoch fordert dieser für die Wiederherstellung seiner Arbeiten einen Nachtrag, welcher vom Auftraggeber auch beauftragt wird.
  • Der Auftragnehmer überschreitet die ursprünglich vorgesehene Bauzeit, sodass die Baustelle wegen schlechterer Witterungsverhältnisse beheizt werden muss. Der Auftraggeber beauftragt einen entsprechenden Nachtrag, übersieht dabei aber, dass der Auftragnehmer die Bauzeitverlängerung selbst verschuldet hat.
  • Der Auftragnehmer hat einen Nachtrag für den Ausbau eines krumm und schief eingebauten Bauteils verlangt. Der Auftraggeber beachtet nicht, dass es sich dabei an sich um eine Mängelbeseitigung handelt, und beauftragt den Nachtrag.

In sämtlichen oben genannten Fällen schuldete der Auftragnehmer die Nachtragsleistung an sich schon nach dem Hauptvertrag. Der Auftragnehmer erhält also für die Nachtragsleistung bereits eine Vergütung, und zwar die für den Hauptvertrag vereinbarte Vergütung. Ihm steht deshalb an sich eine Nachtragsvergütung überhaupt nicht zu. Beauftragt er dennoch den jeweiligen Nachtrag, so hat er die Leistungen letztlich doppelt beauftragt. Muss er sie nun auch doppelt bezahlen? Entgegen weitverbreiteter Ansicht muss der Auftraggeber die doppelt beauftragte Leistung nicht doppelt bezahlen. Der Auftraggeber kann sich vielmehr von dem schon beauftragten Nachtrag lösen.

Das gilt selbst dann, wenn über die Nachtragsleistung eine gesonderte (auch schriftliche) Vereinbarung zustande gekommen ist. Auch von einem solchen Vertrag kann sich der Auftraggeber noch lösen.

Etwas anderes gilt nur dann, wenn dem Auftraggeber bei Beauftragung des Nachtrags klar war, dass er damit eine Leistung doppelt beauftragt, bzw. wenn er damit jedenfalls rechnete. Dazu folgendes Beispiel:

Beispiel

Der Auftragnehmer fordert einen Nachtrag für die Neuherstellung einer vor Abnahme beschädigtens Leistung. Der Auftraggeber weist darauf hin, dass er die Leistung nach den Grundsätzen der Gefahrtragung nicht ein zweites Mal bezahlen müsste. Die Parteien verhandeln, im Ergebnis erklärt sich der Auftraggeber bereit, den Nachtrag zu 75 % anzuerkennen. In diesem Fall wusste der Auftraggeber, dass er die Nachtragsleistung letztlich doppelt beauftragt. Er muss sie dann auch doppelt vergüten.

Autor*in: Markus Fiedler (Rechtsanwalt Markus Fiedler. Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht. Partner der Sozietät Dieckert.Tätigkeitsschwerpunkte: Gestaltung von Ingenieur- und Bauverträgen, baubegleitende Rechtsberatung, Vertretung vor Gericht. Referent von baurechtlichen Schulungen tätig. Herausgeber der Werke "BGB und VOB für Handwerker und Bauunternehmer" und "Praxishandbuch Bauleitung und Objektüberwachung".)