Die häufigsten Fehler bei Ausführungsfristen
Die Vereinbarung und die Einhaltung von Fristen hat für den Auftraggeber entscheidende Bedeutung. Stellt der Auftragnehmer seine Leistungen nicht zum gewünschten Zeitpunkt fertig, so zieht dies in aller Regel einen „Rattenschwanz“ von Problemen nach sich. Neben Störungen des Bauablaufes kommt es regelmäßig auch zu finanziellen Einbußen beim Auftraggeber, etwa wenn dieser das zu errichtende Gebäude vermieten wollte. Dennoch scheitern in der Praxis häufig Schadensersatzansprüche selbst bei eindeutigem Verzug des Auftragnehmers an Versäumnissen des Auftraggebers oder an bloßen Formalien. Deshalb sollten Sie sich im Folgenden über die häufigsten Fehler bei Ausführungsfristen informieren.
Der Auftraggeber vereinbart keinen Termin für den Beginn der Arbeiten
Die Vereinbarung einer Beginnfrist ist stets sinnvoll, damit der Auftragnehmer gezwungen werden kann, mit seinen Arbeiten tatsächlich zu beginnen.
Viele Auftraggeber sehen jedoch davon ab, einen Termin für den Beginn der Arbeiten zu vereinbaren. Die Gründe hierfür sind unterschiedlich. Häufig möchte der Auftraggeber etwaige Mehrkostenforderungen des Auftragnehmers vermeiden, wenn dieser nicht zum vereinbarten Termin anfangen kann.
Diese Gefahr wird vor allem gesehen, wenn zum Zeitpunkt des Abschlusses des Bauvertrags der genaue Baubeginn noch nicht endgültig feststeht, etwa weil die Baugenehmigung noch nicht vorliegt.
Natürlich kann das Nichtvorliegen der Baugenehmigung Einfluss auf den Baubeginn haben. Das bedeutet indes nicht, dass in solchen Fällen überhaupt kein Beginntermin vereinbart werden sollte. Die viel bessere Lösung besteht in einem solchen Fall allerdings darin, den Baubeginn auf Abruf bzw. in Abhängigkeit von der Übersendung der Baugenehmigung zu vereinbaren.
Denkbar ist etwa folgende Formulierung: „Der Auftragnehmer beginnt nach Eingang der Baugenehmigung bei ihm spätestens binnen zwölf Werktagen mit der Ausführung der Bauleistungen.“
Denkbar ist auch, den Baubeginn nicht von der Baugenehmigung, sondern schlicht vom schriftlichen Abruf des Auftraggebers abhängig zu machen. Denkbar hier: „Der Auftragnehmer beginnt binnen zwölf Tagen nach schriftlichem Abruf durch den Auftraggeber mit der Ausführung der Bauleistung.“ Bei VOB/B-Verträgen sieht 5 Abs. 2 VOB/B eine solche Möglichkeit bereits vor.
Es wird keine Fertigstellungsfrist vereinbart
Auch auf die Vereinbarung einer Fertigstellungsfrist sollte niemals verzichtet werden. Wird nämlich kein Fertigstellungstermin vereinbart, so sind Ansprüche wegen einer „verspäteten“ Fertigstellung regelmäßig nicht oder nur sehr schwer durchsetzbar. Der Auftraggeber wird insbesondere keine Vertragsstrafen- oder Verzugsschadensersatzansprüche durchsetzen können.
Zwar ist es grundsätzlich möglich, den Auftragnehmer auch bei fehlender Fristvereinbarung in Verzug zu setzen. Das ist aber mit einer Vielzahl von Unsicherheiten verbunden. So muss der Auftraggeber dem Auftragnehmer für die Ausführung grundsätzlich einen „angemessenen“ Ausführungszeitraum zur Verfügung stellen. Es wird aber zwischen den Parteien höchst streitig sein, welcher Ausführungszeitraum denn „angemessen“
Auch hier besteht die Lösung darin, „flexible“ Fristen zu vereinbaren. So kann z.B. die oben bereits vorgeschlagene Klausel zum Baubeginn hinsichtlich der Fertigstellung wie folgt ergänzt werden: „Der Auftragnehmer hat die Arbeiten binnen 20 Wochen nach Eingang der Baugenehmigung (bzw. dem Abruf) fertigzustellen.“
Dagegen empfiehlt sich eine Formulierung, die auf den Baubeginn abzielt („binnen 20 Wochen nach Baubeginn“), eher nicht, weil der Auftragnehmer den tatsächlichen Baubeginn – und damit den Ablauf der Fertigstellungsfrist – beeinflussen kann.
Die Fristvereinbarung ist nicht eindeutig
Es kommt in der Baupraxis immer wieder vor, dass der Auftraggeber zwar einen verbindlichen Fertigstellungstermin vereinbaren möchte, ihm dies aber letztlich nicht gelingt. Unzureichend ist z.B. die bloße Vereinbarung einer Ausführungsdauer, wenn nicht eindeutig geregelt ist, wann diese Frist beginnen soll.
Ebenso unzureichend ist es, wenn nach dem Vertrag mehrere Möglichkeiten verbleiben, den Fertigstellungstermin zu berechnen. Beispiel: „Die Arbeiten sind am 03.03.2015 bzw. drei Monate nach Abruf fertigzustellen.“ In einem solchen Fall bleibt unklar, ob nun das Datum oder die Frist entscheidend sein soll.
Die rechtlich eindeutigste Regelung besteht darin, tatsächlich ein bestimmtes Datum festzulegen („Der Auftragnehmer hat seine Leistungen spätestens am 03.03.2015 fertigzustellen.“).
Sollte der Fertigstellungstermin noch von Bedingungen abhängig sein (z.B. vom Eingang der Baugenehmigung), so können Fristen vereinbart werden, die in Abhängigkeit von dem Eingang der Baugenehmigung (oder von einem Abruf) zu laufen beginnen (siehe dazu unter 2.).
Der Auftraggeber nimmt Behinderungsanzeigen des Auftragnehmers nicht ernst
Behinderungsanzeigen des Auftragnehmers werden von Auftraggebern oder deren Bevollmächtigen häufig pauschal zurückgewiesen und nicht ernst genommen. Das kann jedoch für den Auftraggeber zum – schmerzlichen – Bumerang werden.
Ein Beispiel: Der Auftragnehmer soll seine Leistungen zum 01.01.2015 fertigstellen. Er zeigt in der Bauphase diverse Behinderungen an und hält die Frist nicht ein. Der Auftraggeber meint, die Behinderungsanzeigen seien zu Unrecht erfolgt. Er setzt dem Auftragnehmer am 02.01.2015 eine Nachfrist zur Fertigstellung unter Kündigungsandrohung.
Nach Ablauf der Nachfrist kündigt er den Bauvertrag und lässt die Arbeiten durch ein Drittunternehmen fertigstellen, wodurch ihm erhebliche Mehrkosten entstehen. Vor Gericht stellt sich heraus, dass die Behinderungsanzeigen des Auftragnehmers zumindest teilweise berechtigt waren und dieser am 01.01.2015 nicht in Verzug geraten ist. Die Nachfristsetzung und die Kündigung erfolgten insoweit „zu früh“. Damit lag der Kündigungsgrund nicht vor.
Der Auftraggeber kann die Fertigstellungsmehrkosten nicht beim Auftragnehmer geltend machen. Ganz im Gegenteil hat dieser Anspruch auf Vergütung der kündigungsbedingt nicht mehr ausgeführten Leistungen nach Maßgabe des § 649 BGB.
Der Auftraggeber wäre in diesem Fall gut beraten gewesen, die Behinderungsanzeigen ernst zu nehmen. Dann hätte er die behinderungsbedingte Ausführungsfristverlängerung berechnen können und so eine verfrühte Kündigung vermieden. Die Kündigung wäre so für ihn nicht zum Bumerang geworden.
Der Auftraggeber vergisst zu mahnen
Haben die Parteien einen bestimmten Fertigstellungstermin vereinbart, so gerät der Auftragnehmer an sich durch dessen schuldhafte Überschreitung unmittelbar in Verzug. Eine zusätzliche Mahnung ist dann nicht notwendig.
Dennoch empfiehlt es sich, solche Mahnungen auszusprechen. Es lässt sich nämlich nicht immer mit Sicherheit beurteilen, ob der Auftragnehmer den Fertigstellungstermin tatsächlich schuldhaft überschritten hat. Das ist insbesondere bei Behinderungen zweifelhaft. Lagen Behinderungen vor, so kann der Auftragnehmer eine Verlängerung der Ausführungsfrist verlangen.
Er gerät zudem nach Überschreitung der verlängerten Frist nicht mehr automatisch in Verzug. Dazu folgendes Beispiel: Der Auftragnehmer sollte seine Leistungen bis zum 01.01.2015 fertigstellen. Er kann sich auf insgesamt zwei Tage Behinderungszeitraum stützen. Das bedeutet jedoch nicht, dass er mit Ablauf des 03.01.2015 automatisch in Verzug gerät. Vielmehr tritt Verzug erst dann ein, wenn der Auftragnehmer nach Ablauf des 03.01.2015 noch einmal schriftlich gemahnt wird.
Damit dem Auftraggeber hier keine Rechtsnachteile entstehen, sollte er den Auftragnehmer nach Ablauf der vereinbarten Bauzeit unbedingt in regelmäßigen Abständen mahnen. Denn durch die Mahnung nach Ablauf der verlängerten Ausführungsfrist gerät dann der Auftragnehmer in Verzug. Wenn der Auftragnehmer im obigen Beispiel am 04.01.2015 die Fertigstellung anmahnt, dann gerät der Auftragnehmer damit in Verzug.
Der Auftraggeber kennt den Unterschied zwischen einer Behinderung und einer Unterbrechung nicht
Zeigt der Auftragnehmer eine Behinderung in einem bestimmten Bauteil (z.B. Geschoss) an, so weisen viele Auftraggeber diese mit dem Hinweis zurück, in anderen Bereichen/Geschossen könne gearbeitet werden. Deshalb liege eine Behinderung nicht vor.
Das ist ein Irrtum. Behinderungen sind Störungen im Bauablauf, die dessen Fortgang hemmen oder verzögern und dadurch unplanmäßig auf den vorgesehenen Produktionsablauf einwirken. Das ist schon der Fall, wenn der Auftragnehmer nicht wie geplant in einem bestimmten Bereich arbeiten kann. Eine Behinderung liegt also nicht erst vor, wenn es zu einem völligen Stillstand des Baugeschehens kommt. In diesem Fall spricht man von einer Unterbrechung.
Eine Behinderung liegt also grundsätzlich auch dann vor, wenn der Auftragnehmer in der Lage ist, den Bauablauf anzupassen und so eine Unterbrechung zu verhindern.
Der Auftraggeber verwendet veraltete Vertragsstrafenklauseln
Vertragsstrafenklauseln werden von vielen Gerichten besonders kritisch gesehen. Deshalb ergehen in regelmäßigen Abständen Urteile, die neue Anforderungen an Vertragsstrafenklauseln formulieren. Der Auftraggeber muss deshalb Vertragsstrafenklauseln, die er im Rahmen seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendet, regelmäßig kritisch überprüfen.
Während z.B. frühere Vertragsstrafenklauseln regelmäßig die „Auftragssumme“ als Bemessungsgrundlage vorsahen, sollte der Begriff heute nicht mehr verwendet werden. Er ist nach mehreren gerichtlichen Entscheidungen nicht transparent, da unklar ist, ob die Auftragssumme bei Vertragsabschluss oder bei Schlussabrechnung gemeint ist. Beide Summen sind bei einem Bauvorhaben regelmäßig nicht identisch.
Entspricht die Vertragsstrafenklausel nicht der aktuellen Rechtsprechung, so ist sie regelmäßig unwirksam. Das führt dazu, dass der Auftraggeber überhaupt keine Vertragsstrafe geltend machen kann, selbst wenn sich der Auftragnehmer völlig unstreitig in Verzug befand.
Der Auftraggeber trennt die Vertragsstrafenklauseln für Zwischen- und Fertigstellungstermine nicht
An Vertragsstrafenklauseln für Zwischentermine sind besonders hohe Anforderungen zu stellen. So darf sich z.B. die Höhe nur nach dem Wert der Teilleistung richten, hinsichtlich derer Verzug eingetreten ist. Zudem muss eine Kumulation der Vertragsstrafen bei mehreren Zwischenterminen ausgeschlossen sein.
Die Gefahr, dass eine Vertragsstrafenklausel für Zwischentermine unwirksam ist, ist sehr hoch. Ist diese Klausel dann im Bauvertrag nicht von der Vertragsstrafenklausel für den Fertigstellungstermin sprachlich und optisch getrennt, so kann dies zur Unwirksamkeit beider Klauseln führen. Die unwirksame Klausel für den Zwischentermin reißt also die Klausel für den Fertigstellungstermin mit. Das lässt sich durch sprachlich und optisch getrennte Klauseln vermeiden.