Berücksichtigung von Wärmebrücken gemäß DIN 4108
Wärmebrücken treten in vielfältigen Formen in allen Bereichen der Gebäudehülle auf, im Neubau genauso wie im Gebäudebestand, und werden umgangssprachlich oft auch als Kältebrücken bezeichnet. Erfahren Sie mehr darüber, welche Wärmebrücken es gibt und wie Transmissionswärmeverluste berechnet werden.
Entstehung und Auswirkungen von Wärmebrücken
Durch die Hülle eines Baukörpers fließt immer eine bestimmte, als sog. Wärmestrom bezeichnete Wärmemenge ab. Wird dieser gleichmäßige Wärmeabfluss signifikant verändert, entstehen sog. Wärmebrücken. Dort fließt ein erhöhter Wärmestrom, in dessen Folge die Temperaturen auf der Innenseite der Konstruktion sinken. So kann sich dort Tauwasser bilden.
Wärmebrücken treten in vielfältigen Formen in allen Bereichen der Gebäudehülle auf, im Neubau genauso wie im Gebäudebestand, und werden umgangssprachlich oft auch als Kältebrücken bezeichnet.
Wärmebrücken sind außerdem zu berücksichtigen, da durch sie zusätzliche Wärmeverluste entstehen. Die Wärmeverluste werden mithilfe von Wärmebrückenverlustkoeffizienten (ψ-Werte) beschrieben, welche als Korrekturfaktoren bezogen auf die zugrunde liegende Konstruktion zu sehen sind.
Typische Wärmebrücken
Wärmebrücken entstehen aus unterschiedlichen Gründen und werden entsprechend dieser Typen eingeordnet bzw. klassifiziert:
Konstruktionsbedingte oder konstruktive Wärmebrücken
Konstruktionsbedingte Wärmebrücken entstehen durch eine Konstruktionsänderung (Unterbrechung oder Schwächung der Wärmedämmung) im Bereich von Anschlusspunkten verschiedener Bauteile wie z.B.:
- Bodenplatte/Außenwand
- Rollladenkästen
- auskragende Bauteile wie z.B. Balkonplatten
- Geschossdecke/Außenwand
- Veränderungen der Materialstärke des Bauteils, z.B. die Heizkörpernische
Materialbedingte Wärmebrücken
Materialbedingte Wärmebrücken sind gekennzeichnet durch Materialwechsel innerhalb von Bauteilen, z.B.:
- das Auflager der Stahlbetondecke in einer Mauerwerkswand
- das Einbinden einer Mauerwerkswand in eine Dachkonstruktion
- Stahl- oder Stahlbetonstützen innerhalb von Mauerwerkswänden
Geometrische Wärmebrücken
Geometrische Wärmebrücken entstehen in Bereichen mit unterschiedlich großen Innen- und Außenflächen, z.B. an den Außenecken. Dazu gehören z.B. Gebäudeecken.
Bild 1: Außenecke als geometrische Wärmebrücke
Mischformen
Oft treten zwei oder mehrere dieser Ursachen im Bereich eines Bauteilgefüges auf, man spricht dann von Mischformen.
Wärmebrücken in Mischformen finden sich z.B.:
- im Bereich einer Attika
- im Bereich auskragender Erker oberhalb eines Fensters
Bild 2: Attikaanschluss
Bild 3: Auskragender Erker
Wärmebrücken können durchaus auch punktförmig in Erscheinung treten. Beispiele dafür sind:
- Tellerdübel in Wärmedämmverbundsystemen
- dämmschichtdurchstoßende, auskragende Teile von Stahl- oder Holzkonstruktionen
- Mauerwerksanker
- betonierte Einzelkragarme
- in eine Außenwand einbindende Deckenbalkenköpfe
Dreidimensionale Wärmebrücken
Einen weiteren Sonderfall stellen sog. dreidimensionale Wärmebrücken dar. Diese entstehen, wenn zwei linienförmige Wärmebrücken aufeinandertreffen, wie das z.B. im Schnittpunkt zweier Außenwände im Bereich einer Deckenplatte der Fall ist (Punkt C in Bild 6). Bedeutet die zweidimensionale Wärmebrücke schon eine thermische Schwächung, so verstärkt sich am Schnittpunkt die Schwächung zusätzlich.
Berechnung der Transmissionswärmeverluste
In der Bilanzierung, d.h. der Berechnung der Transmissionswärmeverluste HT der Gebäudehülle, können Wärmebrücken durch den Wärmebrückenzuschlag ΔUWB W/(m2K) pauschal berücksichtigt werden.
HT = Σ (FXI × Ui × Ai) + ΔUWB × Σ Ai
Dabei bedeuten:
FXI – Temperaturkorrekturfaktor
Ai – Bauteilfläche
Ui – Wärmedurchgangskoeffizient eines Bauteils
Σ Ai – Hüllfläche, Summe aller Bauteilflächen j
Grundlagen
Die DIN 18599-2:2018-09 kennt die folgenden pauschalen Wärmebrückenzuschläge. Dabei wird auf die DIN 4108 Beiblatt 2:2019-06 Bezug genommen, in der neben vielen Informationen zu Wärmebrücken vor allem ein Katalog an Planungsbeispielen zur Verfügung steht. Bei der Anwendung der verbesserten Zuschläge sind diese Planungsbeispiele verbindlich einzuhalten.
- pauschale Berücksichtigung aller Wärmebrücken ohne weiteren Nachweis: UWB = 0,10 W/(m2K)
- pauschaler Zuschlag bei Außenbauteilen mit innen liegender Dämmschicht und einbindender Massivdecke: ΔUWB = 0,15 W/(m2K)
Gleichwertigkeitsnachweis nach DIN 4108 Beiblatt 2
Wenn bei allen Anschlüssen die Merkmale und Kriterien der Planungsbeispiele (DIN 4108 Beiblatt 2:2019-06) berücksichtigt werden und dies im Projekt dokumentiert wird, können die folgenden verbesserten ΔUWB-Werte angesetzt werden.
Dabei werden zwei unterschiedliche energetische Niveaus berücksichtigt. Diese werden als Kategorien A und B bezeichnet. Die Kategorie B ist als höherwertiger einzustufen.
- Gleichwertigkeitsnachweis gemäß der DIN 4108 Beiblatt 2: ΔUWB = 0,05 W/(m2K)
- Gleichwertigkeitsnachweis gemäß der DIN 4108 Beiblatt 2 mit Beachtung der Merkmale und Kriterien ausschließlich von Kategorie B: ΔUWB = 0,03 W/(m2K)
Gleichwertigkeitsnachweis mit Ausnahmen nach DIN 4108 Beiblatt 2
Wenn nicht alle Wärmebrücken konform zum Beiblatt ausgeführt werden, lässt sich das Verfahren jetzt auch öffnen:
Wenn es Ausnahmen gibt, die sich mit den Planungsbeispielen im Beiblatt nicht abdecken lassen, können einzelne Wärmebrücken mit in den verbesserten ΔUWB-Wert eingerechnet werden.
Wärmebrücken, die im Beiblatt 2 aufgeführt sind, aber anders geplant/ausgeführt werden
Wenn keine Konformität (Gleichwertigkeitsnachweis) zu einem oder mehreren in DIN 4:108 Beiblatt 2 dargestellten Konstruktionsprinzipien der Kategorie A bzw. zu einem oder mehreren Konstruktionsprinzipien der Kategorie B hergestellt wird, ergibt sich der Korrekturwert zu:
ΔUWB = ∑ (ΔΨi li) / A + 0,05 bzw. ΔUWB = ∑ (ΔΨi li) / A + 0,03
Dabei ist:
ΔΨi – die Differenz des projektbezogenen, temperaturbewerteten Ψ-Werts zum jeweiligen in DIN 4108 Beiblatt 2 dargestellten Ψ-Referenzwert
li – die Länge der betreffenden Anschlusssituation
A – die wärmeübertragende Umfassungsfläche des Gebäudes
Anmerkung: Die vorbeschriebene Korrektur darf nur verwendet werden, wenn der vorhandene Ψ-Wert größer ist als der jeweils entsprechende Referenz-Ψ-Wert.
Wärmebrücken, die im Beiblatt 2 nicht aufgeführt sind, integrieren
Werden in DIN 4108 Beiblatt 2 nicht enthaltene Wärmebrücken berücksichtigt, ergibt sich der Korrekturwert zu:
ΔUWB = ∑ (Ψi li) / A + 0,05 bzw. ΔUWB = ∑ (Ψi li) / A + 0,03
Dabei ist:
Ψi – der temperaturbewertete Ψ-Wert der betreffenden Anschlusssituation
li – die Länge der betreffenden Anschlusssituation
A – die wärmeübertragende Umfassungsfläche des Gebäudes
Werden auch Außenbauteile in die Gleichung einbezogen, bei denen der Wärmebrückeneinfluss bereits im Uj-Wert der Gleichung berücksichtigt worden ist, z.B. bei nach DIN EN ISO 12631 berechneten Wärmedurchgangskoeffizienten für Vorhangfassaden, darf die für den Wärmebrückenzuschlag zu berücksichtigende wärmeübertragende Umfassungsfläche ∑ Aj in der Gleichung um die entsprechenden Bauteilflächen vermindert werden.
Planungsempfehlungen
Allgemeine Planungsempfehlungen zur Reduzierung von Wärmebrücken sind:
- Vermeidung stark gegliederter Baukörper
- wärmetechnische Trennung auskragender Bauteile (Balkonplatten, Attiken, Tragkonsolen usw.) vom angrenzenden Baukörper
- durchgehende Dämmebene, z.B. außen liegende Wärmedämmung auf einer Außenwand, Kelleraußenwand mit Außenwanddämmung und Übergang der einzelnen Dämmstoffebenen ohne Schwächung.