07.05.2015

Abnahme von Architektenleistungen – Architekt als Sachwalter

Die konkludente Abnahme von Architektenleistungen kann darin liegen, dass der Besteller nach Fertigstellung der Leistung, Bezug des fertiggestellten Bauwerks und Ablauf einer Prüfungsfrist von sechs Monaten keine Mängel der Architektenleistungen rügt.

Architekt

Leitsatz

Die konkludente Abnahme von Architektenleistungen kann darin liegen, dass der Besteller nach Fertigstellung der Leistung, Bezug des fertiggestellten Bauwerks und Ablauf einer Prüfungsfrist von sechs Monaten keine Mängel der Architektenleistungen rügt (Fortführung von BGH, 25.02.2010, VII ZR 64/09, BauR 2010, 795 = NZBau 2010, 318).

Kurzer Sachverhalt

Im Streit sind Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten, der bei dem fraglichen Objekt, das saniert und modernisiert werden sollte, 1998 von den Klägern mit Planungsarbeiten nach den Leistungsphasen 1 bis 3 und 5 bis 8 gemäß § 15 Abs. 2 HOAI a.F. beauftragt worden ist. Die Sanierungsarbeiten wurden im Juli 1999 abgeschlossen.

Später traten im Kellergeschoss Feuchtigkeitsmängel auf, was bei den Klägern zu Mietausfällen führte. Diese machten die Kläger gegen den Beklagten geltend. Die Schadensersatzklage ist dem Beklagten am 28.12.2005 zugestellt worden. Die Parteien streiten in erster Linie darum, wann die Architektenleistungen abgenommen worden sind.

Das Berufungsgericht hat die Auffassung vertreten, die Kläger hätten die Architektenleistungen konkludent nicht vor dem 28.12.2000 abgenommen, weswegen die fünfjährige Verjährungsfrist zum Zeitpunkt der Zustellung der Klage noch nicht abgelaufen gewesen sei. Die Klage habe deshalb noch rechtzeitig eine Hemmung der Verjährung bewirkt.

Wesentliche Gründe

Diesen Standpunkt teilt der BGH nicht. Da die Verjährungsfrist von fünf Jahren nach § 638 BGB a.F. zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 01.01.2002 noch nicht abgelaufen war, kommt nach Art. 229 § 6 Abs. 1 EGBGB (Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch) § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB neue Fassung zur Anwendung. Es bleibt deshalb bei der fünfjährigen Verjährungsfrist, die mit der Abnahme zu laufen beginnt (§ 638 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F.).

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Hinsichtlich der Abnahme betont der BGH die Möglichkeit einer konkludenten Abnahme, also durch schlüssiges Handeln. Das ist der Fall, wenn der Auftraggeber dem Auftragnehmer gegenüber ohne ausdrückliche Erklärung erkennen lässt, dass er dessen Werk als im Wesentlichen vertragsgemäß billigt.

Hierfür ist ein tatsächliches Verhalten des Auftraggebers erforderlich, das geeignet ist, seinen Abnahmewillen dem Auftragnehmer gegenüber eindeutig und schlüssig zum Ausdruck zu bringen. Das kann darin liegen, dass der Besteller nach Fertigstellung der Leistung und nach Ablauf einer angemessenen Prüfungsfrist nach Bezug des fertiggestellten Bauwerks keine Mängel der Architektenleistung rügt (BGH, 25.02.2010, II ZR 64/09, BauR 2010, 795 = NZBau 2010, 318).

Vor Ablauf einer solchen an- gemessenen Prüfungsfrist, deren Dauer die allgemeine Verkehrserwartung bestimmt, kann eine konkludente Abnahme nicht erwartet werden (BGH, 20.09.1984, VII ZR 377/83, BauR 1985, 200). Ein Besteller benötigt für die Prüfung des Architektenwerks einen angemessenen Zeitraum, denn der Auftraggeber muss in der Lage sein, das Bauwerk auf die Einhaltung der vertraglichen Vorgaben und die Erfüllung der vereinbarten Funktionen zu prüfen. Dabei kann auch eine Rolle spielen, ob der Auftraggeber über die insoweit erforderlichen Pläne verfügt.

Andererseits darf unter angemessener Berücksichtigung der Interessen des Architekten der Zeitpunkt der konkludenten Abnahme nicht unangemessen nach hinten geschoben werden. Mit Rücksicht darauf, dass nach den getroffenen Feststellungen der beklagte Architekt seine Leistungen im Januar 2000 im Wesentlichen erbracht hatte, sieht der BGH keinen Grund dafür, den Zeitpunkt der konkludenten Abnahme auf den Dezember 2000 zu verschieben.

Eine damit bejahte Prüfungsfrist von elf Monaten hält er für unangemessen, auch bei Berücksichtigung des Umstands, dass Detailpläne gefehlt haben.

Der BGH hält eine Prüfungsfrist von nicht mehr als sechs Monaten für ausreichend. Denn auch ohne derartige Detailpläne sei es den Klägern möglich gewesen, die Tauglichkeit der Bauwerksleistung zu prüfen und eventuelle Mängel des Architektenwerks festzustellen.

Nach Ablauf eines halben Jahres ist nach der Verkehrserwartung nicht mehr damit zu rechnen, dass der Besteller eines vergleichbaren Architektenwerks die Leistung als nicht vertragsgerecht zurück- weist, wenn er innerhalb dieses Zeitraums keine Beanstandungen erhoben hat.

Bei dieser neuen Rechtslage, die es dem beklagten Architekten grundsätzlich ermöglicht, sich auf die Einrede der Verjährung zu berufen, entsteht die Frage, ob dem Planer dies eventuell deshalb verwehrt ist, weil er die Stellung eines Sachwalters einnimmt.

Mit dieser Sachwalterstellung geht nämlich grundsätzlich im Mangelfall einher, dass der Planer verpflichtet ist, seine eventuelle Ursachenbeteiligung zu prüfen und bei Bejahung auch bekannt zu geben. Wird diese Pflicht verletzt, macht sich der Architekt als Sachwalter schadensersatzpflichtig.

Das führt im Ergebnis dazu, dass er sich nicht wirksam auf eine Einrede der Verjährung berufen kann. Deshalb spricht der BGH in dieser Entscheidung auch die Frage an, ob der beklagte Architekt als Sachwalter infrage kommt.

Das Gericht hebt hervor, bedeutungslos sei diesbezüglich, dass dem Architekten die Leistungsphasen 4 und 9 nicht über- tragen worden sind. Die Leistungsphase 9 muss nicht über- tragen werden, um eine Sekundärhaftung auszulösen (BGH, 26.10.2006, VII ZR 133/04, BauR 2007, 423 = NZBau 2007, 108). Für die Leistungsphase 4 gilt nichts anderes, wenn auch ein Planer, dem nur die Leistungsphasen 1 bis 6 über- tragen sind, als Sachwalter ausscheidet (BGH, 23.07.2009, VII ZR 134/08, BAuR 2009, 1607 = NZBau 2009, 789).

Denn der beklagte Architekt hat dennoch eine zentrale Stellung bei der Durchführung des Bauwerks eingenommen. Die ausgesparte Leistungsphase 4 ändert daran nichts, denn sie ist in erster Linie verwaltungstechnischen Charakters.

Die Verletzung der den Beklagten als Sachwalter treffenden Untersuchungs- und Beratungspflicht muss für den ein- getretenen Schaden ursächlich sein. Insoweit spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Kläger innerhalb der Verjährungsfrist verjährungshindernde Maßnahmen gegen den Beklagten eingeleitet hätten, wenn die Untersuchungs- und Beratungspflichten erfüllt worden wären und er die Kläger auf eine etwaige eigene Haftung hingewiesen hätte (BGH, 26.10.2006, VII ZR 133/04, BauR 2007, 423 = NZBau 2007, 108).

Autor*in: Rechtsanwalt Gerd Motzke