Warum lange Arbeitszeiten ungesund sind
Arbeitszeit und Gesundheit stehen in einem ständigen Konfliktverhältnis zueinander. Dabei sind lange Arbeitszeiten nicht nur durch die generelle Belastung relevant für den Arbeitsschutz. Auch viele Schutzmaßnahmen wie Grenzwerte bei Gefahrstoffen oder Lärm sind auf einen höchstens achtstündigen Arbeitstag ausgelegt. Wird diese Zeit regelmäßig überschritten, können gesundheitliche Schäden entstehen. Umso wichtiger ist das genaue Einhalten regelmäßiger Ruhepausen.
Arbeitszeit und Gesundheit
Wer (zu) viel arbeitet, lebt ungesund. Jetzt hat die BAuA diese Vermutung in einer zusammenfassenden Analyse eindrucksvoll bestätigt – und durch harte Fakten untermauert, dass sich Arbeitszeit und Gesundheit tatsächlich in einem schwer aufzulösenden Widerstreit befinden (vgl. Arbeitszeitreport Deutschland: Ergebnisse der BAuA-Arbeitszeitbefragung 2021).
Äußerst interessant und unerwartet ist dabei schon mal die erste Bestandsaufnahme: Demnach arbeiten Vollzeitbeschäftigte tatsächlich etwa 43 Stunden pro Woche. Das sind 4,3 Stunden mehr als vertraglich vereinbart und satte 4,6 Stunden mehr als die durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 38,4 Stunden für Beschäftigte in Deutschland. (Denn bei der Ermittlung der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit werden eben auch Teilzeitbeschäftigte miteinbezogen.)
Insbesondere die folgenden Symptome treten bei langen Arbeitszeiten (mehr als 10 Stunden täglich) neu oder verstärkt auf:
- Müdigkeit und Schläfrigkeit
- Kopfschmerzen, Schwindelgefühl und Verdauungsbeschwerden
- Erschöpfung, Schlafstörungen, verstärktes Stresserleben
- psychische Erkrankungen wie Burn-out, depressive Episoden, Angststörungen
- körperliche Erkrankungen wie Typ-2-Diabetes, Schlaganfälle oder kardiovaskuläre Erkrankungen
Neben den Belastungen der langen Arbeitszeit selbst treten Begleitfaktoren auf, die sich negativ auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Beschäftigten auswirken. Dazu gehören lange Arbeitszeiten mit hoher Arbeitsintensität, der Wegfall von Ruhepausen sowie Phänomene wie der Zwang zur ständigen Erreichbarkeit oder Kontaktaufnahme außerhalb der Arbeitszeit.
Hinweis: Zeiterfassung der Arbeitszeit
Arbeitgeber müssen die gesamte Arbeitszeit in irgendeiner Form erfassen. Das hilft Arbeitnehmern dabei, einen Überblick darüber zu erhalten, wie viele Stunden in der Woche sie tatsächlich arbeiten. Auch für Arbeitgeber ist die Zeiterfassung wichtig, um gesetzliche Regelungen leichter einhalten zu können. Mehr dazu lesen Sie im Beitrag „Pflicht zur Zeiterfassung: Was ändert sich gesetzlich?„.
Unfallrisiko lange Arbeitszeit
Nicht nur zwischen Arbeitszeit und Gesundheit, sondern auch zwischen Arbeitszeit und Sicherheit gibt es einen Konflikt. Denn wer lange arbeitet, gefährdet sich und andere durch eine erhöhte Unfallgefahr.
So steigt mit der Dauer der täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit das Risiko für Fehlhandlungen und arbeitsbedingte Unfälle. Das Unfallrisiko erhöht sich nach der 8. Arbeitsstunde exponentiell, bis sich die Unfallrate ab der 12. Stunde sogar verdoppelt hat. Die den Unfällen zugrunde liegenden Fehlhandlungen und Fehler sind wesentlich auf eine abnehmende Wachheit und eine zunehmende Beeinträchtigung der Konzentrationsfähigkeit zurückzuführen. Ab 12 Stunden täglicher Arbeitszeit treten auch Beinahe-Unfälle und sicherheitskritische Vorfälle vermehrt auf.
Lange Arbeitszeiten und das „Leben außerhalb der Arbeit“
Lange Arbeitszeiten haben auch zur Folge, dass für soziale Kontakte weniger Zeit zur Verfügung steht und die Work-Life-Balance gefährdet wird. Verschärft werden die Auswirkungen langer Arbeitszeiten durch Aufgaben des täglichen Lebens wie beispielsweise Haushaltsarbeiten oder familiäre Verpflichtungen, die in den letzten Jahren tendenziell zugenommen haben.
So wichtig sind Ruhepausen generell …
Ruhezeiten dienen der Erholung der Beschäftigten und gleichen Ermüdungserscheinungen sowie Energie- und Motivationsverluste aus. Damit Ruhezeiten diese Funktion erfüllen, muss man aber wirklich abschalten können – ohne arbeitsbezogene Tätigkeiten oder Störungen (Anrufe, E-Mails). Erholungsphasen sollten an die Arbeitsphase anschließen.
Tipp: Lesen Sie dazu mehr im Beitrag zur erholsamen Pause.
… und ganz besonders bei langen Arbeitszeiten
Bei Arbeitszeiten von über 10 Stunden gelten die gesetzlich geforderten Ruhepausen von insgesamt 45 Minuten als nicht ausreichend, da der Erholungsbedarf ab einer Arbeitsdauer von 8 Stunden exponentiell zunimmt. Mit anderen Worten: Längere Arbeitszeiten verlangen auch längere Ruhepausen zur Regeneration. Kurze Pausen können lediglich das Unfallrisiko reduzieren. Allerdings auch das nur für kurze Zeit (30 bis 60 Minuten).
Führungskräfte sollten vor allem auch darauf achten, dass Pausen überhaupt genommen werden. Denn etwa ein Drittel der von der BAuA befragten Beschäftigten berichtet, dass ihre Pausen häufig ausfallen. Und dies absurderweise umso häufiger, je länger die Schicht dauert!
Flexibilität bei der Arbeitszeit kann hilfreich sein
Flexibilität wirkt sich immer dann positiv auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Beschäftigten aus, wenn diese gewünscht wird und an die Bedürfnisse der Betroffenen angepasst ist. Verschiedenen Studien zufolge ermöglicht dies eine Verbesserung der Work-Life-Balance und diese wiederum zeitigt positive Effekte auf Gesundheit und Wohlbefinden. Bei langen Arbeitszeiten fehlt jedoch häufig der erforderliche Handlungsspielraum, um die Arbeitszeit flexibel steuern zu können.