03.01.2022

Unterweisungen während der Coronapandemie

Wie können in Zeiten von Kontaktbeschränkungen die notwendigen Sicherheitsunterweisungen durchgeführt werden? In diesem Artikel möchten wir Lösungsmöglichkeiten aufzeigen und wir geben Hinweise auf die rechtliche Situation.

Digitale Unterweisungen sind durch die Corona-Pandemie gerade das erste Mittel der Wahl - aber nicht immer gut möglich.

Vor der Coronapandemie waren viele Unterweisungen Präsenzveranstaltungen. Eine Gruppe von Mitarbeitern versammelte sich um einen Vorgesetzten oder eine Sicherheitsfachkraft. Diese verdeutlichte dann mehr oder weniger ausführlich, welche Gefahren am Arbeitsplatz drohen und wie sich diese vermeiden lassen.

Abstandsregeln, Kontaktbeschränkungen und die Angst vor einer Ansteckung zwingen Unternehmen dazu, diese breit ausgetretenen Pfade zu verlassen. Wie könnten jetzt also praktikable Lösungen für die Sicherheitsunterweisung der Mitarbeiter aussehen? Wie können Infektionsschutz, rechtliche Anforderungen und die Sicherheit der Mitarbeiter ein einigermaßen stabiles Gleichgewicht finden?

Nicht unterweisen – die schlechteste Alternative

Die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel der Bundesregierung geht explizit auf die Frage ein, ob denn Unterweisungen für die Dauer der Coronapandemie ausgesetzt werden sollen. Sie verneint dies klar und unmissverständlich (Ziffer 4.2.14). Dort heißt es:

Arbeitsschutzunterweisungen nach § 12 ArbSchG und den spezifischen Arbeitsschutzvorschriften müssen auch während einer Epidemie durchgeführt werden.

Tatsächlich schreiben die Arbeitsschutzregel und die sie flankierende SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung gewisse Unterweisungsinhalte inzwischen zwingend vor, wie:

  • die Risiken einer COVID-19-Erkrankung
  • bestehende Möglichkeiten einer Impfung
  • Infektionsschutzmaßnahmen im Betrieb
  • Übertragungsrisiken und -möglichkeiten

Digitale Sicherheitsunterweisungen während der Coronapandemie

Um den Infektionsschutz bei Unterweisungen zu gewährleisten, verweist die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel auf elektronische Hilfsmittel. Allerdings, so die Arbeitsschutzregel, brauche es bei digitalen Sicherheitsunterweisungen zwingend eine Verständnisprüfung, um festzustellen, ob die Unterwiesenen die Inhalte auch erfassen konnten. Außerdem müssten Beschäftigte die Möglichkeit haben, Fragen zu den Lerninhalten zu stellen.

Das reine Selbststudium genügt diesen Ansprüchen nicht.

Digitale Unterweisungen eignen sich insbesondere für

  • Büroarbeitsplätze und
  • allgemeinere Themen (z.B. Infektionsschutz, Ergonomie, Ordnung und Sauberkeit),

stoßen jedoch überall dort an ihre Grenzen, wo praktische Handgriffe sicher sitzen müssen.

Hinweise und Tipps zu digitalen Unterweisungen

Teilen Sie Unterweisungen für Mitarbeiter in Werkstatt und Produktion auf: in Theoriephasen und in Einheiten mit Praxisinhalten. Die Theoriephasen können Sie digital unterweisen, die Einheiten mit Praxisinhalten live in kleinen (festen) Gruppen. Mehr zu praktischen Unterweisungen vor Ort lesen Sie unten im Beitrag.

Die Aufmerksamkeit der Zuhörer ist bei digitalen Unterweisungen unter Umständen geringer als bei Präsenzveranstaltungen, gerade im kleinen Kreis. Im Homeoffice kommen zahllose Ablenkungen hinzu und der Bildschirm verrät es nicht, wenn man kurz die Augen schließt und sich an die Südsee träumt. Machen Sie sich deshalb bewusst, dass Verständniskontrollen gerade bei digitalen Unterweisungen immens wichtig sind.

Im Folgenden betrachten wir ein paar Möglichkeiten für digitale Unterweisungen während der Coronapandemie mit ihren jeweiligen Vor- und Nachteilen.

E-Learning und Lernplattformen

Beim E-Learning greifen Mitarbeiter über elektronische Kanäle auf die Lerninhalte zu. Soll heißen: Sie legen eine CD ins Laufwerk oder sie loggen sich mit ihrem Zugang auf einer Onlineplattform ein. Dann arbeiten sie die Inhalte nach Zeit und Belieben eigenständig durch. Bei den Inhalten kann es sich um Filme, Tutorials, Präsentationen oder Dateien in Bild und Schrift handeln.

So kann jeder Teilnehmer in seinem individuellen Tempo lernen – und zwar dann, wenn er Zeit dafür findet. Führungskräfte auf der anderen Seite haben sofort einsetzbare Schulungen zur Hand. Meist ist es auch möglich, die Dokumentation zu automatisieren und Verständniskontrollen einzubinden.

Ein Nachteil von E-Learning besteht darin, dass meist ein Zugang zu einer E-Learning-Plattform vorhanden sein muss, was anfangs einiges an EDV-Aufwand, Zeit und Kosten mit sich bringen kann. Wenn die Inhalte schlecht aufbereitet sind, kann sich E-Learning zudem schnell in ein gelangweiltes Durchklicken verwandeln. Der Lerneffekt ist dann, trotz bestandener Verständniskontrolle, nicht vorhanden.

Unterweisung per Videokonferenz

Bei einer Videokonferenz bauen zwei oder mehr Menschen, die sich an verschiedenen Orten befinden, eine visuelle Liveverbindung zueinander auf. In einem virtuellen Raum halten sie PowerPoint-Präsentationen oder moderieren Workshops – und die Teilnehmer hören und sehen die Inhalte live über ihren Bildschirm. Dazu braucht es eine entsprechende Software, die jeder Teilnehmer auf seinem Computer selbst starten muss – beispielsweise Teams, Zoom oder Jitsi.

Der Vorteil ist hier, dass die Teilnehmer ihre Fragen, Bedenken oder Rückmeldungen sofort äußern können. Außerdem geht das Gemeinschaftsgefühl aus einer solchen Veranstaltung meist gestärkt hervor.

Dem stehen jedoch technische Probleme, Hackerangriffe und – manchmal – der eigene Internetanschluss entgegen. Sie müssen außerdem eine Möglichkeit finden, im Anschluss an die Videokonferenz eine Verständniskontrolle durchzuführen und die Teilnehmer zu dokumentieren. Außerdem müssen alle Teilnehmer über die entsprechende Hardware – Video, Kopfhörer oder Mikrofon – verfügen.

Praktische Tipps zur Unterweisung mit Teams, Zoom & Co.

  • Starten Sie einen Testlauf, bevor die eigentliche Unterweisung beginnt.
  • Geben Sie vor Beginn klar die Regeln für die digitale Unterweisung bekannt: Dauer, Thema, Struktur, Regelung zu Wortbeiträgen.
  • Klären Sie das leidige Thema Datenschutz – vor allem, wenn Sie die Unterweisung aufzeichnen. Einen ersten Anhaltspunkt zum Datenschutz bei Webkonferenzen generell lesen Sie in diesem Beitrag.
  • Die Dokumentation der Unterweisung können Sie sich zumindest erleichtern, wenn Sie während der Unterweisung einen Screenshot der Teilnehmer machen. Auch bieten die meisten Konferenztools die Möglichkeit, eine Excel-Liste der Teilnehmer herunterzuladen. Informieren Sie sich dazu auf der Webseite Ihres Softwareanbieters.

Tipp: Mit wenig Aufwand digital unterweisen und rechtssicher dokumentieren

Kennen Sie bereits die digitalen Unterweisungslösungen SafetyClips by WEKA und Unterweisen plus? Sie greifen wie gut geölte Rädchen ineinander und helfen Ihnen in der schwierigen Zeit, Ihren Unterweisungspflichten bei der Unterweisung mit geringem Aufwand und maximalem Nutzen nachzukommen.

Mit den unterhaltsamen Unterweisungsvideos von SafetyClips können sich Mitarbeiter an PC, Tablet oder Smartphone selbstständig zu allgemeinen Arbeitsschutzthemen unterweisen. Diese haben aktuell aufgrund der Coronapandemie oft das Nachsehen, sind nichtsdestotrotz aber wichtig, da sie die Basis für sicheres Arbeiten bilden. SafetyClips hilft so, Themen wie „Erste Hilfe“, „Verhalten im Brandfall“ oder „Ergonomie“ wieder ins Bewusstsein der Mitarbeiter zu bringen. Verständniskontrolle und Dokumentation sind inklusive. >>> Mehr zum Lernmanagementsystem SafetyClips erfahren

Mit Unterweisen plus greifen Sie auf viele fertige PowerPoint-Folien zu, die Sie nur anpassen müssen. Damit sind Sie bestens gerüstet, um auch kompliziertere Sicherheitsthemen anschaulich zu erklären. Sie können Mitarbeitern in Werkstatt oder Produktion so z.B. den Theorieteil näherbringen. Auch diese Software dokumentiert die Unterweisungen automatisch. Mehr zu Unterweisen plus erfahren

Unterweisungsinhalte per E-Mail verschicken

Die schnellste Lösung ist es sicherlich, die Unterweisungsinhalte per Mail an die Mitarbeiter zu schicken. Diese sollten wiederum per Mail bestätigen, dass sie sich mit den Inhalten beschäftigt haben – damit wäre dann zumindest die Dokumentation der Unterweisung erleichtert. Ob die Inhalte tatsächlich gelesen werden, bleibt jedoch unklar – und auch die Verständniskontrolle müssen Sie noch einmal extra organisieren, wenn Sie diesen Weg wählen. An dieser Stelle sei noch einmal auf die rechtliche Einordnung digitaler Unterweisungen verwiesen, die das reine Selbststudium digitaler Inhalte als ungenügend für eine Unterweisung zurückweist.

Betrachten wir dies einmal genauer:

Rechtliche Einordnung digitaler Unterweisungen

Ausführlich zum elektronischen Unterweisen äußert sich die DGUV in ihrer Information 211-005 „Unterweisung – Bestandteil des betrieblichen Arbeitsschutzes“. Sie nennt Kriterien, die digitale Unterweisungen erfüllen müssen.

Diese Kriterien sind folgende:

  • Es werden arbeitsplatzspezifische Inhalte behandelt.
  • Die Unterweisungen werden immer durch eine Verständnisprüfung begleitet.
  • Ein Gespräch zwischen den Mitarbeitern und den Führungskräften ist jederzeit möglich.
  • Die Unterweisungen müssen rechtssicher dokumentiert werden.

Die fett geschriebenen Kriterien finden sich 1:1 auch in der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel wieder (siehe oben). Sicher ist ferner, dass sich Unterweisungen immer auf einen bestimmten Arbeitsplatz oder eine bestimmte Tätigkeit beziehen sowie auf die Gefährdungen, die dort auftreten (Kriterium 1). Das bedeutet, dass die Inhalte jeder digitalen Unterweisung auf den betriebsspezifischen Gefährdungsbeurteilungen aufbauen müssen. Wenn Betriebe diese digitalen Unterlagen extern einkaufen, müssen Sie also darauf achten, diese entsprechend anzupassen und/oder im Dialog mit dem Mitarbeiter auf das betriebliche Geschehen hin einzuordnen.

Dass ein Dialog auch stattfinden kann, wenn sich die Beteiligten kilometerweit voneinander entfernt auf ihren Bildschirmen sehen, dürfte in Zeiten steigender Infektionszahlen unstrittig sein.

Zur ordnungsgemäßen Dokumentation jeder Unterweisung gehören:

  • Unternehmen (Name und Anschrift)
  • Betriebsteil oder Arbeitsbereich (auf den sich die Unterweisung bezieht)
  • Datum
  • Inhalt der Unterweisung
  • Name(n) der unterweisenden Person(en)
  • Namen der unterwiesenen Beschäftigten

Regelwerk bezieht sich zum Teil auf „praktische Übungen“ oder „mündliche Unterweisungen“

In der Gefahrstoffverordnung, § 14 (2) heißt es:

„Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass die Beschäftigten anhand der Betriebsanweisung nach Absatz 1 über alle auftretenden Gefährdungen und entsprechende Schutzmaßnahmen mündlich unterwiesen werden. Teil dieser Unterweisung ist ferner eine allgemeine arbeitsmedizinisch-toxikologische Beratung.“

Diesen Hinweis auf eine bestimmte Form, in der die Unterweisung stattzufinden hat, gibt es auch an weiteren Stellen im arbeitsschutzrechtlichen Regelwerk: Der Umgang mit dem Defibrillator muss beispielswiese geübt werden (DGUV Information 204-005); das Gleiche gilt für das Verhalten im Brandfall (§ 4 ArbStättV).

Während eine mündliche Unterweisung mit Skype, Zoom & Co. recht leicht zu bewerkstelligen ist, steht bei der praktischen Unterweisung in Zeiten der Coronapandemie ein großes Fragezeichen im Raum. Welche Möglichkeiten gibt es, trotz Coronapandemie praxisgerecht zu unterweisen?

Praxis-Unterweisungen während der Coronapandemie

Unterweisungen in festen Kleingruppen

Bei einigen Firmen sind Unterweisungen auf z.B. fünf Teilnehmer begrenzt, inklusive Maske und Abstand. Arbeiten in einem Unternehmen sehr viele Menschen, kommt damit jedoch erheblicher Aufwand auf die Unterweisenden zu. Und bis es in unseren Breiten wieder warm genug ist, um für Unterweisungen einfach den Schritt nach draußen zu wagen, dauert es noch.

Praktische Unterweisungen während der Coronapandemie nach hinten verschieben

Einen Lösungsvorschlag macht die Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM). Sie schreibt, Unternehmen könnten den theoretischen Teil der Unterweisung digital durchführen. Haben die Beschäftigten ausreichend Berufserfahrung gesammelt und sind bereits mehrfach unterwiesen worden, kann dann laut BGHM geprüft werden, ob der praktische Teil der Unterweisung nicht verschoben werden kann. Dies ist allerdings nur erlaubt, wenn Sicherheitsabstände bei der praktischen Unterweisung nicht eingehalten werden können.

Allerdings müssen Sie eine Verschiebung in der Gefährdungsbeurteilung dokumentieren und begründen. Wenn diese Gründe für die Verschiebung nicht mehr bestehen, holen Sie den praktischen Teil der Unterweisung nach.

Beispiel: Unterweisungen zum Gebrauch persönlicher Schutzausrüstung gegen Absturz

Nach § 31 der DGUV Vorschrift 1 müssen für persönliche Schutzausrüstungen (PSA), die den Mitarbeiter vor einem Absturz schützen, Unterweisungen mit Übungen durchgeführt werden. Der theoretische Teil dieser Unterweisung kann z.B. mittels E-Learning oder auch Videokonferenzen erfolgen. Bei bestimmten praktischen Übungen ist es jedoch nicht möglich, den derzeit geforderten Sicherheitsabstand von 1,5 m zu gewährleisten. Was also tun?

Die DGUV rät, zunächst zu prüfen, ob Arbeiten mit PSA gegen Absturz nicht zeitlich verschoben werden könnten. Wenn dies in der Gefährdungsbeurteilung begründet ausgeschlossen wird, schlägt die DGUV folgendes Vorgehen vor und konkretisiert damit die Empfehlung der BGHM:

  • Bei Mitarbeitern, die noch nie oder nur selten mit PSA gegen Absturz gearbeitet haben, muss der Unternehmer in der Gefährdungsbeurteilung zu dem Ergebnis kommen, dass diese Mitarbeiter derzeit nicht ausreichend unterwiesen werden können. Sie dürfen dann nicht an Arbeitsplätzen eingesetzt werden, an denen PSA gegen Absturz anzuwenden ist.
  • Analog zur Empfehlung der BGHM können Sie Unterweisungen für Mitarbeiter mit viel Erfahrung im Umgang mit PSA gegen Absturz so handhaben: In der Gefährdungsbeurteilung argumentieren Sie entsprechend mit dem Hinweis auf die Situation durch die Coronavirus-Pandemie, dass der theoretische Teil der Unterweisung durchgeführt wurde. Die Teile der praktischen Unterweisungen, bei denen Sicherheitsabstände nicht eingehalten werden können, verschieben Sie. Vergessen Sie nicht, die Dauer der Verschiebung zu dokumentieren und regelmäßig zu überprüfen.
Autor*in: WEKA Redaktion