Unfallversicherung: Wann (und wem) Regress droht
Vielen Führungskräften ist überhaupt nicht bewusst, dass ihnen im Fall eines Arbeitsunfalls Regress drohen kann, wenn der Arbeitsschutz vernachlässigt wird. Denn oft hat sich in den Betrieben bei der Unfallverhütung eine ungute Lässigkeit eingeschlichen: Niemand will tagtäglich auf der strikten Einhaltung der Unfallverhütungsvorschriften bestehen. Sie werden oft als umständlich, zeitraubend und lästig empfunden. Diese Haltung kann man allerdings nur so lange durchhalten, bis es eines Tages eben doch zu einem Unfall kommt.
Exemplarisch zeigt ein Urteil des Oberlandesgerichts Oldenburg, wie Unternehmen, die erforderliche Sicherheitsvorkehrungen für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterlassen, gegenüber den Unfallversicherungsträgern regresspflichtig werden. Weitere Urteile verdeutlichen, dass nicht nur das Unternehmen, sondern durchaus auch einzelne Verantwortliche zum finanziellen Regress herangezogen werden können.
Ein Verstoß gegen Unfallverhütungsvorschriften vor Gericht
Ein Betrieb führte Bauarbeiten auf dem Dach eines seiner Gebäude durch. Das Flachdach war mit Rauspundplatten belegt, in die große Löcher gesägt wurden, um später Lichtkuppeln einzulassen.
Diese Löcher wurden vorübergehend mit einer Dampfsperrfolie abgedeckt und waren somit für die Beschäftigten kaum sichtbar. Ein Mitarbeiter brach durch die Folie durch, stürzte mehr als 3 m tief und zog sich schwere Verletzungen zu. Er ist heute vollständig erwerbsgemindert.
Als gesetzliche Unfallversicherung hatte die Berufsgenossenschaft zum Klagezeitpunkt Leistungen in Höhe von einer Million Euro erbracht, die sie von dem Unternehmen zurückforderte.
So urteilten die Richter bei Regress
Die Richter stellten zunächst fest, dass gegen die Unfallverhütungsvorschriften verstoßen worden war. Demnach hätten bei mehr als 3 m Absturzhöhe Absturzsicherungen angebracht werden müssen. Ebenso hätten bei Öffnungen, die kleiner als 9 m2 sind, Sicherungen angebracht werden müssen, die ein Hineintreten oder -fallen verhindern.
Die entscheidende Frage war nun: Handelte es sich hier um ein grobes Verschulden? Die Richter bejahten dies. Laut Gericht musste es sich den Verantwortlichen geradezu aufdrängen, dass Sicherungsmaßnahmen unverzichtbar waren. Die Wahrnehmbarkeit der Öffnungen war nach der aufgebrachten Dampfsperre herabgesetzt und das Gefahrenpotenzial erhöht.
Den Einwand des Unternehmens, es sei keine Sicherung möglich gewesen, ließen die Richter nicht gelten. So hätte unterhalb der Löcher ein Gerüst aufgebaut werden können. Wegen dieses groben Verschuldens kann der Unfallversicherungsträger die Kosten vom Unternehmen zurückfordern (OLG Oldenburg, Urteil vom 23.10.2014, Az. 14 U 34/14).
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