Pflichtenübertragung: Unternehmerpflichten richtig übertragen – so geht’s
Obwohl die Unternehmensleitung für die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten zuständig ist, kann sie bestimmte Pflichten im Arbeitsschutz übertragen. Für eine ordnungsgemäße Pflichtenübertragung gibt es jedoch klare rechtliche Vorgaben. Wie funktioniert die Übertragung von Unternehmerpflichten im Arbeitsschutz konkret? Lesen Sie hier, was Unternehmer und Verantwortliche beachten müssen.

Die Pflichtenübertragung in Kürze
Über die Pflichtenübertragung im Arbeitsschutz delegiert der Unternehmer bestimmte Aufgaben an andere Personen im Unternehmen. Denn je größer ein Betrieb ist, desto schwieriger wird es für Unternehmer, allen Pflichten nach dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) nachzukommen. Diese Übertragung von Unternehmerpflichten muss schriftlich erfolgen. Die Gesamtverantwortung für den Arbeitsschutz verbleibt trotzdem beim Arbeitgeber.
Warum sollten Pflichten im Arbeitsschutz überhaupt delegiert werden?
Das Übertragen von Unternehmerpflichten im Arbeitsschutz ist eine wichtige Maßnahme, um Sicherheit und Gesundheitsschutz in einem Unternehmen überhaupt zu gewährleisten. Lesen Sie im Folgenden die wichtigsten Gründe, warum eine Delegation sinnvoll ist:
1. Entlastung des Unternehmers
- Unternehmer oder Geschäftsführer haben eine Vielzahl an Pflichten und Verantwortlichkeiten. Durch die Übertragung bestimmter Aufgaben an geeignete Personen können sie sich auf strategische Entscheidungen konzentrieren. Damit einher geht
2. Effizienzsteigerung
- Durch eine klare Delegation von Aufgaben wird der Arbeitsschutz in der Praxis besser organisiert, Risiken werden schneller erkannt und Maßnahmen gezielter umgesetzt.
3. Verbesserung der Arbeitssicherheit im Betrieb
- Wenn Verantwortlichkeiten klar geregelt sind, steigt das Bewusstsein für Arbeitsschutzthemen. Führungskräfte und Mitarbeiter fühlen sich eher verantwortlich und setzen Schutzmaßnahmen konsequenter um.
4. Rechtssicherheit
- Laut Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und anderen Vorschriften (z. B. DGUV Vorschrift 1, BetrSichV) bleibt der Unternehmer zwar grundsätzlich verantwortlich, aber durch eine schriftliche Delegation können Verantwortlichkeiten klar geregelt und Haftungsrisiken reduziert werden.
5 Haftung minimieren
- Bei Unfällen oder Verstößen gegen Arbeitsschutzvorschriften kann eine fehlende oder unklare Delegation dazu führen, dass der Unternehmer persönlich haftet. Eine schriftliche und sachgerechte Übertragung kann hier Schutz bieten.
6. Vermeidung von Bußgeldern und Strafen
- Die zuständigen Behörden (z. B. Gewerbeaufsichtsamt, Berufsgenossenschaften) fordern eine klare Organisation des Arbeitsschutzes. Fehlende Delegationen können bei Prüfungen zu Sanktionen führen.
Ist die Pflichtenübertragung im Arbeitsschutz tatsächlich Pflicht?
Fehlende Pflichtenübertragung kann zu Sanktionen führen? Ja! Vor dem Hintergrund der dem Unternehmer obliegenden Aufsichtspflicht kann sich für ihn die Verpflichtung ergeben, gewisse Pflichten auf andere Personen zu übertragen, nämlich dann, wenn die ihn als Inhaber des Betriebs treffenden Pflichten so zahlreich und vielschichtig sind, dass er nicht in der Lage ist, diese selbst im Einzelnen wahrzunehmen.
Diese Pflichten können Unternehmer im Arbeitsschutz übertragen
Zu den Arbeitsschutzpflichten, die Unternehmer an Führungskräfte übertragen können, gehören beispielsweise die Gefährdungsbeurteilung, Schutzmaßnahmen und Unterweisungen. Eine Zusammenfassung finden Sie in folgender Tabelle:
Pflicht | Übertragung an beauftragte Person |
Planung, Durchführung und Überwachung von Arbeitsschutzmaßnahmen | ja |
Beurteilung der Arbeitsbedingungen | ja |
Dokumentation | ja |
Unterweisung | ja |
Arbeitsschutzmaßnahmen bei Zusammenarbeit mehrerer Arbeitgeber | ja |
Erste-Hilfe- und Notfallmaßnahmen | ja |
Arbeitsmedizinische Vorsorge | ja |
Bereitstellung finanzieller Mittel für den Arbeitsschutz | nein |
Gesamtverantwortung für den Arbeitsschutz, inkl.
|
nein |
Auswahl, Aufsicht und Kontrolle der beauftragten Personen | nein |
Übertragung von Unternehmerpflichten: 4 Punkte sind essentiell
Bei der Pflichtenübertragung selbst kann einiges schief gehen. Deshalb sollten alle Beteiligten – also Arbeitnehmer und Personen, an die Pflichten übertragen werden – folgende vier Punkte zur Übertragung von Unternehmerpflichten wissen:
- Schriftliche Pflichtenübertragung
- Klare Verantwortungsbereiche
- Pflichtenübertragung nur an zuverlässige und fachkundige Personen
- Manche Pflichten lassen sich nicht übertragen
Im Folgenden gehen wir auf jeden einzelnen dieser Punkte genauer ein:
1. Übertragung von Unternehmerpflichten immer schriftlich
Einen ersten Hinweis darauf, wie eine Pflichtenübertragung im Arbeitsschutz konkret ausgestaltet sein muss, gibt § 13 Abs. 2 ArbSchG. Dort ist festgelegt, dass die Übertragung von Unternehmerpflichten schriftlich zu geschehen hat, um rechtswirksam zu sein, z.B.:
- im Einstellungsvertrag
- in der Stellenbeschreibung
-
während des laufenden Arbeitsverhältnisses durch eine spezielle Einzelvereinbarung
- im Rahmen einer Änderungskündigung
2. Verantwortungsbereiche bei der Pflichtenübertragung klar definieren
Eine weitere Konkretisierung für die Pflichtenübertragung im Arbeitsschutz nimmt die DGUV Vorschrift 1 in § 13 vor: Unternehmer dürfen ihre Pflichten nicht allgemein und global übertragen; vielmehr müssen sie bei der Beauftragung den Verantwortungsbereich und die Befugnisse so festlegen, dass die beauftragte Person die Grenzen ihrer Verantwortung daraus klar entnehmen kann. Die Beauftragte sollten das Dokument unterzeichnen und eine Ausfertigung davon erhalten.
Musterformulierung für eine Pflichtenübertragung
„Herrn/Frau ______ werden für den Betrieb/die Abteilung _____ die dem Unternehmer hinsichtlich der Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren obliegenden Pflichten übertragen,
- in eigener Verantwortung Einrichtungen zu schaffen und zu erhalten,
- Anweisungen zu geben und sonstige Maßnahmen zu treffen,
- eine wirksame Erste Hilfe sicherzustellen,
- arbeitsmedizinische Untersuchungen oder sonstige arbeitsmedizinische Maßnahmen zu veranlassen,
soweit ein Betrag von ______ Euro nicht überschritten wird.“
3. An wen dürfen Unternehmerpflichten im Arbeitsschutz übertragen werden?
§ 13 Abs. 1 ArbSchG schreibt vor, dass der Unternehmer seine Pflichten nur an „zuverlässige und fachkundige“ Personen delegieren darf. Was bedeutet das konkret?
1. Pflichtenübertragung nur an zuverlässige Personen
Zuverlässigkeit kann angenommen werden, wenn nichts gegen die Erwartung spricht, dass die Person ihre Arbeitsschutzaufgaben sorgfältig durchführt.
2. Pflichtenübertragung nur an fachkundige Personen
Die Fachkunde nach § 13 Abs. 2 Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) ergibt sich durch einschlägiges Fachwissen sowie die praktische Erfahrung, die erforderlich ist, um die übertragenen Aufgaben sachgerecht durchzuführen. In speziellen Zusammenhängen wie z.B. dem Umgang mit Sprengstoffen ist auch ein Fachkundeausweis erforderlich.
Achtung: Übertragung von Unternehmerpflichten im Arbeitsschutz nicht an Sicherheitsfachkraft
Sicherheitsfachkräfte beraten den Arbeitgeber. Eine Übertragung von Arbeitgeberpflichten ist damit nicht verbunden. Beratung heißt, dass dem Arbeitgeber alle Entscheidungen letztlich überlassen werden müssen.
4. Auswahl- und Überwachungspflicht bleiben trotz Übertragung von Unternehmerpflichten
Unternehmer können nicht alle Pflichten delegieren. Zwei wesentliche Unternehmerpflichten bleiben bestehen:
- Sie haben die Pflicht, zu gewährleisten, dass die beauftragten Personen für ihre übertragenen Tätigkeiten geeignet sind und entsprechend unterwiesen werden.
- Auch haben sie nach der Übertragung der Verantwortung weiterhin die Pflicht, zu überwachen, ob die übertragenen Pflichten und Aufgaben auch wahrgenommen und durchgeführt werden.
Unternehmer müssen zumindest stichprobenartig prüfen (oder prüfen lassen), ob ihre Beauftragten die übertragenen Aufgaben erfüllen. Die oberste Auswahl-, Aufsichts- und Kontrollverpflichtung des Unternehmers ist nicht übertragbar. Die strafrechtliche Verantwortung verbleibt bei dem Arbeitgeber, z.B. wenn er durch fehlerhafte Personalauswahl Arbeitsschutzpflichten auf ungeeignete Mitarbeiter überträgt.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass bei fehlender oder fehlerhafter Pflichtenübertragung im Arbeitsschutz diese Risiken für den Unternehmer und seinen Betrieb drohen:

Muster zur Übertragung bestimmter Unternehmerpflichten im Arbeits- und Gesundheitsschutz
Folgende Musterformulierungen und Bestellurkunden rund um die Übertragung von Unternehmerpflichten finden Sie auf unserer Webseite zum Download:
Checkliste: Voraussetzungen für die Pflichtenübertragung im Arbeitsschutz
Ist die Pflichtenübertragung erfolgt, nehmen die beauftragten Mitarbeiter in dem zugewiesenen Kompetenz- und Verantwortungsbereich die vom Arbeitgeber übertragenen Aufgaben wahr. Welche Anforderungen dabei erfüllt sein müssen, erfahren Sie durch einen Blick auf die folgende Tabelle „Voraussetzungen gelungener Pflichtenübertragung“.
Laden Sie sich hinter diesem Link diese Tabelle als Checkliste zur Übertragung von Unternehmerpflichten gleich herunter und befüllen Sie sie mit Ihren Angaben.

Fazit zur Übertragung von Unternehmerpflichten im Arbeitsschutz
Auch wenn Pflichten auf eine geeignete Person übertragen wurden, verbleiben noch wesentliche Pflichten beim Vorgesetzten bzw. Unternehmer. Arbeitgeber haben sich regelmäßig mittels Kontrollen zu vergewissern, dass die von ihnen delegierten Pflichten gewissenhaft wahrgenommen werden.
Trotzdem ist es in jedem Fall sinnvoll, zu prüfen, wie die Arbeitsschutzorganisation durch geeignete Bestellungen, Beauftragungen und Pflichtenübertragungen durchgeführt werden kann. Als Arbeitgeber bekommen Sie Rückmeldungen über die Erfüllung der übertragenen Aufgaben, sofern Sie das Thema Arbeits- und Gesundheitsschutz regelmäßig in Dienstbesprechungen bzw. ASA-Sitzungen behandeln und sich über den Stand der Aufgabenrealisierung und der Umsetzung von Maßnahmen berichten lassen.
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