Richtig lüften unter Pandemie-Bedingungen: So geht es
Im Herbst und Winter ist es natürlich besonders umständlich, lästig und ungemütlich, die Arbeits- und Besprechungsräume so zu lüften, dass die Infektionsgefahr minimiert wird. Freilich gibt es dazu keine Alternative. Denn gegen Aerosole hilft tatsächlich nur lüften, lüften, lüften. Doch wie genau? Lesen Sie, welche Vorgaben zu beachten sind, welche technischen Hilfsmittel Sie nutzen können und wie Sie das Thema „Lüftung“ in der Praxis – und ganz konkret im besonders schwierigen Fall gemeinsamer „analoger“ Besprechungen – am besten umsetzen.
Gemäß der Arbeitsstättenverordnung und der ASR A3.6 „Lüftung“ muss in umschlossenen Arbeitsräumen generell für eine Atemluft, die der Gesundheit zuträglich ist, gesorgt werden. Unter den aktuellen Pandemiebedingungen und im Winter wird das richtige Lüften natürlich noch wichtiger, um die Infektionsgefahr so weit wie möglich zu reduzieren. In geschlossenen Räumen müssen daher Möglichkeiten zur freien und technischen Lüftung gegeben sein und eventuell raumlufttechnische Anlagen (RLT-Geräte) eingesetzt werden.
Wann muss (wieder) gelüftet werden?
Die CO2-Konzentration in der Luft ist ein Anzeichen für die Menge von Aerosolen. Entsprechend können CO2-Messgeräte nützliche Hinweise geben, wann wieder gelüftet werden sollte. Nach ASR A3.6 ist dies bei einer Konzentration ab 1.000 ppm (Mittelwert) der Fall. In der derzeitigen Corona-Pandemie sollte es jedoch deutlich häufiger geschehen, z.B. jeweils bei 800 ppm.
Zwei Hilfen gegen „dicke Luft“ im Raum
- Mit der DGUV-App „CO2-App (Rechner und Timer)“ ermitteln Sie für jeden fensterbelüfteten Raum den richtigen Lüftungszeitpunkt und die optimale Lüftungsfrequenz – in Schulen, Büros, Seminarräumen oder sogar in privater Umgebung.
- Auch ohne Handy nutzbar: Die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe hat einen einfachen Lüftungsrechner online gestellt, mit dem jeder ermitteln kann, wie oft er in Corona-Zeiten seine Räume lüften muss, wenn keine raumlufttechnischen Anlagen vorhanden sind.
Lüftung, ganz ohne technische Hilfe
Natürlich können Sie vielfach auch ganz ohne technisches Equipment mit gutem Ergebnis lüften: einfach, indem Sie die Fenster öffnen …
Am effektivsten ist dabei das Stoßlüften durch die Fenster bei gleichzeitig geöffneten Türen. ASR A3.6 sieht für das Arbeiten in Büroräumlichkeiten eine stündliche Lüftung vor. In der aktuellen Pandemiephase sollte deutlich häufiger gelüftet werden: im Winter regelmäßig, mindestens stündlich (bei Besprechungsräumen 20-minütlich) für jeweils drei Minuten. Vor und nach der Benutzung von Besprechungszimmern und Räumen, die nicht durchgehend genutzt werden, sollte ausgiebig gelüftet werden. Lüften Sie öfter und länger, wenn viele Personen anwesend sind.
So stellen Sie RLT-Anlagen sicher ein
RLT-Anlagen können gefilterte Frischluft von außen in die Innenräume leiten. Gerade im Winter bei kühleren Temperaturen kann so ein durchgängiger Luftaustausch gewährleistet werden.
Sind die RLT-Anlagen sachgerecht eingestellt, ist das Infektionsrisiko gering. Dazu sollte der Umluftbetrieb ausgeschaltet sein und die RLT-Anlage ausschließlich mit Frischluft gefahren werden. Andernfalls könnte virenbelastete Luft wieder in den Innenraum geleitet werden. Entsprechend sollte die Filterstufe z.B. von Klasse F7 auf F9 angehoben oder die Anlage, falls technisch möglich, mit H13- oder H14-Filtern nachgerüstet werden. Zu beachten ist dabei, dass durch höhere Filterstufen bzw. die Nachrüstung mit stärkeren Filtern ein Druckverlust entstehen kann.
Im Umgang mit RLT-Anlagen sollten Sie ferner Folgendes beachten:
- Die RLT-Anlage sollte mindestens zwei Stunden vor und zwei Stunden nach der Raumnutzung auf Nennleistung gefahren werden.
- Werden Räume temporär nicht oder nur selten genutzt, sollte die RLT-Anlage nicht ausgeschaltet, sondern nur heruntergefahren werden.
- Wird die RLT-Anlage mit einer CO2-Steuerung gefahren, stellen Sie sie auf 400 ppm ein, um die Nennleistung zu erreichen.
- In Sanitärräumen ist die RLT-Anlage durchgängig zu betreiben.
- Beim Filterwechsel und bei allen Tätigkeiten an den RLT-Anlagen muss die Sicherheit des Personals beachtet werden (z.B. Tragen von Schutzmasken).
- Es genügt bei Wartung und Inspektion, die Herstellerangaben zu beachten. Lüftungskanäle von RLT-Anlagen müssen nicht zusätzlich gereinigt werden.
Lüftungsregeln für Besprechungsräume
Die besten Lüftungsregelungen nützen nichts, wenn sie nicht umgesetzt werden. Versuchen Sie im Rahmen des verhaltensorientierten Gesundheitsschutzes, die Beteiligten zur Einhaltung der Regelungen zu motivieren, bzw. setzen Sie die Regelungen durch:
- Mitarbeiter aus einer Corona-Risikogruppe sollten per Videotelefonie zugeschaltet werden.
- Die Raumgröße muss ausreichen, damit alle Personen einen Mindestabstand von 1,5 m zu anderen einhalten können. Im Zweifel nehmen Sie eine Probebestuhlung vor.
- Bei jeder Einberufung eines Meetings sind die Schutzregelungen mitzuteilen.
- Die vorherigen Nutzer sollten Türklinken und andere Flächen, die von mehreren Personen berührt wurden, desinfiziert haben.
- Es ist eine Kontaktliste auszulegen, in die sich die Teilnehmer eintragen sollten.
- Vor dem Termin muss gelüftet werden und die RLT-Anlage muss korrekt eingestellt sein.
- Der Mindestabstand muss durchgehend und überall eingehalten werden, also auch beim Betreten, in Wartebereichen, Treppenhäusern und Fluren.
- Es gilt die Corona-Begrüßungsetikette ohne Händeschütteln.
- Im Raum selbst sollte das sichere Husten und Niesen auf einem Plakat erläutert werden.
- Eine Handdesinfektionsstation sollte beim Betreten und Verlassen des Raumes genutzt werden.
- Die Besprechungsleitung sollte regelmäßiges Lüften ankündigen.
- Bei Besprechungen sollten Teilnehmer, die längere Zeit nicht kommunizieren müssen (z.B. das Publikum eines Vortrags), ihre Masken aufsetzen.
Hilfreich ist bei der Um- und Durchsetzung von Regelungen die Zuweisung von Zuständigkeiten. Diese ermächtigen einzelne Teilnehmer, andere bei Missachtung zur Einhaltung aufzufordern.
Arbeitshilfe: Lüften bei Besprechungen
Die Regeln für das Lüften von Besprechungsräumen können Sie sich übrigens auch als separates Dokument herunterladen und dann ganz nach Ihrem Bedarf für die Führungskräfte und/oder Mitarbeiter vervielfältigen. Fordern Sie einfach hier die aktuelle Ausgabe von „Arbeitsschutz-Profi AKTUELL“ als kostenloses Probeheft an. Dann erhalten Sie automatisch die Login-Daten, mit denen Sie sich die „Lüftungsregeln für Besprechungsräume“ herunterladen können.