Rechtskataster erstellen: Tipps zur Erfassung der relevanten Vorschriften
Rechtssicherheit und Rechtskonformität bedeuten auch, dass ein Unternehmen jederzeit nachweisen kann, dass es gesetzliche Vorgaben einhält. Ein gutes Mittel für diesen Nachweis: Das Rechtskataster. Es führt die einschlägigen rechtlichen Verpflichtungen auf und hilft so dabei, diese aktuell und zugänglich zu halten. Eine Grundvoraussetzung für ein rechtssicheres Rechtskataster liegt selbstverständlich darin, dass ein Unternehmen alle relevanten Rechtsquellen ermittelt hat. Diese Grundvoraussetzung möchten wir im folgenden genauer betrachten.
Häufige Probleme bei der Erstellung eines Rechtskatasters
Die Auflistung aller relevanten Rechtsquellen stellt für die meisten Unternehmen bereits eine nicht zu unterschätzende Hürde auf dem Weg zum Rechtskataster dar. Anzahl und Qualität von Rechtsvorschriften sind zugegeben eine besondere Schwierigkeit: Jedes Jahr werden unter Umständen hunderte neue Gesetze erlassen, auf deren Grundlage wiederum eine Vielzahl von Verordnungen erlassen werden. Geradezu besorgniserregend ist zusätzlich noch die Qualität der Gesetze: 50 % sind sprachlich unklar und daher unverständlich.
Dies macht die Erstellung eines Rechtskatasters nicht einfach – die hiermit betraute Person oder besser das hiermit betraute Gremium sollte über einigen Weitblick in diesem bunten Konglomerat von Vorschriften verfügen. Unternehmensberatungen nutzen hier zumeist Synergieeffekte und können externe Unterstützung bieten.
Die folgenden Hinweise helfen Ihnen dabei, relevante Vorschriften zu finden und in geordneter Art und Weise zu erfassen:
Rechtsquellen finden
Unter dem Begriff Rechtsquellen sind alle Gesetze, Verordnungen oder untergesetzlichen Regelwerke zu verstehen, die auch eine rechtsverbindliche Wirkung haben. Dies gilt also sowohl für Gesetze und Verordnungen als auch für technische Regeln, Satzungsrechte und berufsgenossenschaftliche Vorschriften.
Es sind jedoch nicht nur Rechtsquellen auf Bundes- und Landesebene zu berücksichtigen, sondern auch regionale und lokale, wie z.B. die Abwassersatzungen der Städte. Es ergeben sich somit zwei Ebenen, auf denen nach anzuwendenden Rechtsquellen gesucht werden muss.
Abb. 1: Zwei Ebenen der Quellensuche
Zwar müssten theoretisch nur die Rechtsquellen aufgelistet werden, die in dem jeweiligen Bereich des Managementsystems vorhanden sind (z.B. Umweltgesetze für das Umweltmanagement). Viele Rechtsgebiete überschneiden sich jedoch (z.B. Arbeitsschutz und Umweltschutz bei der Gefahrstoffverordnung). Oft profitieren also mehrere Rechtsbereiche von dem Schutzbereich der erlassenen Gesetze und Verordnungen.
Hilfe bei der Auflistung der einschlägigen Rechtsquellen können folgende Stellen oder Einrichtungen geben:
- Unternehmensberatungen
- Industrie- und Handelskammern
- Internetseiten behördlicher Stellen, z.B. Umweltbundesamt oder Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin
- Berufsgenossenschaften
- Interessenverbände
- kommerzielle Benachrichtigungs- und Informationsdienste
- Zeitschriften
Ebenfalls verbindliche Wirkung für Unternehmen haben Bestimmungen aus Genehmigungen, Erlaubnissen, Bewilligungen oder behördlichen Auflagen. Diese müssen also ebenfalls systematisch auf Anforderungen ausgewertet werden.
Relevante Vorschriften herausfiltern
Welche Rechtsquellen nun tatsächlich relevant sind, lässt sich auch anhand der Fragestellung klären, welche Tätigkeiten im Namen des Unternehmens durchgeführt werden. Die Beantwortung dieser Fragen kann dann Schnittmengen mit den Anwendungsbereichen von Rechtsquellen ergeben.
Tab. 1: Tätigkeiten mit Schnittmengen zu Anwendungsbereichen von Rechtsquellen (Beispiel)
Frage | Schnittmenge mit dem Rechtsbereich/den Rechtsquellen |
Werden Anlagen betrieben, die Stoffe in die Umgebungsluft emittieren? | Immissionsschutz (BImSchG, BImSchV) |
Existiert ein Lager? | Wasserrecht (WHG, AwSV), Arbeitsschutzrecht (ArbSchG, BetrSichV, GefStoffV) |
Fällt Abfall an? | Abfallrecht (KrW-/AbfG, AVV, NachwV) |
Fällt Abwasser an? | Wasserrecht (WHG, AbwAG) |
Werden gefährliche Güter transportiert? | Gefahrgutrecht (GGBefG, GbV, GGVSEB, ADR / RID) |
Rechtsquellen sortieren
Es empfiehlt sich, die anzuwendenden Rechtsquellen in passende Kategorien und Gebiete sowie nach Normgeber zu sortieren, um eine spätere Suche zu erleichtern. Das könnte zum Beispiel so aussehen:
Tab 2: Rechtsquellen nach Kategorien (Beispiel)
Lfd. Nr | Rechtsbereich | Regelungsbereich | Normgeber | Art der Rechtsquelle |
1 | Umwelt | Abfall | Bund | Gesetz |
2 | Umwelt | Wasser | Land | Verordnung |
3 | Arbeitsschutz | Gefahrstoffe | Bund | technische Regel |
4 | Arbeitsschutz | Gefahrstoffe | BG | Regel |
Wann ist ein Rechtskataster rechtssicher?
Neben der Ermittlung aller relevanten Vorschriften ist sicherlich auf die Pflege und Aktualisierung des Rechtskatasters immens wichtig. Verantwortliche Personen müssen sich in regelmäßigen Abständen darum kümmern, es aktuell halten und die Umsetzung dokumentieren. Unternehmen brauchen ferner unbedingt eine Verbindung zwischen der Stelle, die das Rechtskataster pflegt und aktualisiert und den Abteilungen, die für die Einhaltung zuständig sind (Beispiel: Abteilung Umwelt und Abteilung Produktion).
Helfen kann hier die Unterstützung durch externe Dienstleister wie beim oben erwähnten WEKA-Vorschriftendienst mit seinen einzelnen Bereichen. Nicht nur aufgrund des hohen Aufwands, sondern auch wegen der Risiken bei Verstößen (Strafzahlungen, Unterbrechungen des Produktionsbetriebs) greifen viele Unternehmen auf solche externen Dienstleister zurück.
Die Vorteile: Die Recherchearbeit entfällt, der Nutzer erhält Zugang zu einer stets aktuellen Rechtsdatenbank, hat Vorlagen für die einzelnen Vorschriftenbereiche (Arbeitsrecht etc.) bereits zur Hand und wird automatisch, z.B. per E-Mail, über neue Gesetze und Gesetzesänderungen informiert. Natürlich bleibt der Betrieb in der Pflicht, diese umzusetzen. Voraussetzung dafür ist die Prüfung des jeweiligen Zusammenhangs zwischen Normänderung und konkreter betrieblicher Situation vor Ort.