Psychische Belastung am Arbeitsplatz: Symptome & Co.
Was zählt alles zur psychischen Belastung am Arbeitsplatz? Wann und wie können psychische Belastungen der psychischen Gesundheit von Beschäftigten schaden? Und welche Symptome können Beschäftigte aufgrund zu hoher psychischer Belastung und psychischer Gefährdung am Arbeitsplatz entwickeln? Diese und weitere Fragen beantwortet dieser Beitrag.
Was bedeutet psychische Belastung am Arbeitsplatz?
Psychische Belastung am Arbeitsplatz definiert die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) als
Gesamtheit aller erfassbaren Einflüsse, die von außen auf den Menschen zukommen und psychisch auf ihn einwirken.
Psychische Belastung am Arbeitsplatz als Gesamtheit aller erfassbaren Einflüsse? Das klingt zunächst einmal wertfrei. Und tatsächlich: Gemäß dieser Definition stellt die psychische Belastung am Arbeitsplatz an sich kein Gesundheitsrisiko dar.
Negative Folgen psychischer Belastungen am Arbeitsplatz sind Fehlbeanspruchungen!
Was sind gemäß der BAuA-Definition dann psychische Belastungen am Arbeitsplatz? Die Arbeitszeit etwa, die Organisationsstruktur, Konkurrenz. All das wirkt auf Menschen am Arbeitsplatz ein. Gleichzeitig wirkt sich all dies nicht zwingend negativ aus. Im Gegenteil: Manch einer blüht im Konkurrenzkampf richtig auf. Die psychische Belastung am Arbeitsplatz hätte in diesem Fall positive Auswirkungen.
Meist überwiegen in der Realität aber die negativen Auswirkungen der psychischen Belastungen auf uns Menschen. Die negativen Folgen psychischer Belastungen werden auch als „Fehlbeanspruchungen“ bezeichnet.
Bedeutungsunterschied zur Umgangssprache
Die Umgangssprache versteht unter psychische Belastung am Arbeitsplatz jedoch etwas anderes. Sie meint mit der psychischen Belastung am Arbeitsplatz tatsächlich alle negativ erlebten Anforderungen durch die Arbeit und am Arbeitsplatz im Sinne von: „Das belastet mich.“
Diese Unterscheidung zwischen arbeitswissenschaftlicher und umgangssprachlicher Bedeutung ist für das Verständnis von psychischen Belastungen am Arbeitsplatz zentral.
Was ist der Unterschied zwischen psychischer Belastung und psychischer Beanspruchung am Arbeitsplatz?
Eng um das Themenfeld psychische Belastungen am Arbeitsplatz schwirrt ein weiterer Begriff: die psychische Beanspruchung am Arbeitsplatz. Wie unterscheiden sich die beiden Begriffe?
- Psychische Belastung am Arbeitsplatz meint, wie oben festgestellt, alle Einflüsse, die von außen auf den Menschen zukommen. Sie ist unabhängig von der individuellen Vorbedingung (wie z.B. Pendeln, private Probleme, Resilienz o.Ä.) für alle Mitarbeiter gleich.
- Psychische Beanspruchung am Arbeitsplatz meint die Auswirkung der psychischen Belastung im Individuum. Sie kann sich entsprechend der aktuellen Verfassung, biografischen und biologischen Prägungen auf das Verarbeiten einer psychisch belastenden Situation auswirken. Die psychische Beanspruchung ist immer individuell.
Deshalb ist die psychische Belastung am Arbeitsplatz die entscheidende Variable im betrieblichen Arbeitsschutz. Nur sie ist objektiv messbar.
Der Unterschied zwischen psychischer Belastung am Arbeitsplatz und psychischer Beanspruchung ist ganz wesentlich. Die Akteure der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA), die für die Leitlinien zur psychischen Gefährdungsbeurteilung verantwortlich sind, werden daher nicht müde, diesen Unterschied immer wieder aufs Neue klarzustellen.
Beispiel für den Unterschied zwischen „psychische Belastung am Arbeitsplatz“ und „psychische Beanspruchung“
Der Unterschied zwischen psychischer Belastung am Arbeitsplatz und psychischer Beanspruchung lässt sich gut durch das Bild einer Schubkarre verdeutlichen.
Eine schwere Last wird in eine Schubkarre gelegt. Diese Belastung fordert den Menschen, der die Schubkarre schieben soll, und führt je nach körperlicher Konstitution ggf. zur Fehlbeanspruchung. Die Belastung (das Gewicht der Schubkarre) ist also für jeden Mitarbeiter gleich hoch. Das Äquivalent dazu wäre die psychische Belastung am Arbeitsplatz.
Die Beanspruchung kann aber je nach körperlicher Konstitution (z.B. Größe, Gewicht, körperliche Fitness, Muskel-Skelett-Probleme) äußerst unterschiedlich ausfallen. Das Äquivalent hierzu wäre die psychische Beanspruchung am Arbeitsplatz.
Belastungsfaktoren: Welche Beispiele gibt es für die psychische Belastung am Arbeitsplatz?
Um die Faktoren zu erfassen, die häufig zur Fehlbeanspruchung von Beschäftigten führen, bietet es sich an, psychische Belastungen am Arbeitsplatz zu kategorisieren. Daraus ergibt sich folgende Tabelle unterschiedlichster Belastungsfaktoren.
Arbeitsaufgabe | Arbeitsorganisation | Physische Arbeitsumgebung | Psychosoziale Arbeitsumgebung |
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Je nach Arbeitsplatz können weitere psychische Belastungsfaktoren hinzukommen.
Beispiel für ein hohes Risiko für psychische Fehlbelastung am Arbeitsplatz
Eine besondere betriebliche Risikokonstellation für eine negative psychische Belastung am Arbeitsplatz besteht, wenn folgende drei Faktoren aufeinandertreffen:
- hohe Arbeitsdichte, hohe Anforderung
- geringe Wertschätzung, geringer Handlungsspielraum, sich nicht einbringen können, wenig soziale Unterstützung
- hohe Verausgabungsbereitschaft, starke Identifikation mit der Tätigkeit, hohe Ansprüche an sich selbst, hohe Resignationstendenz
Welche Folgen hat eine dauerhafte psychische Belastung am Arbeitsplatz?
Die psychische Belastung am Arbeitsplatz kann schwerwiegende Folgen nach sich ziehen. Diese treffen sowohl das Unternehmen als Ganzes als auch den einzelnen Mitarbeiter.
1. Folgen für den Mitarbeiter
Psychische Belastungen am Arbeitsplatz können und sollen nicht gänzlich vermieden werden. Sie können anregen, aktivieren und motivieren. Schädlich für den Menschen wird die psychische Belastung am Arbeitsplatz dann, wenn sie dauerhaft anhält und nach und nach mehr mentale und körperliche Reserven aufbraucht, als positive Ressourcen regenerieren können: Dauerhafter Stress macht krank.
Ein wichtiges Kriterium ist die Bewältigung der Arbeit: Haben Beschäftigte dauerhaft den Eindruck, ihre Arbeit nicht mehr bewältigen zu können, werden sich bald wahrscheinlich bestimmte körperliche und psychische Symptome zeigen.
Informieren Sie sich hier zur schwerwiegenden Erkrankung Burnout: Burnout am Arbeitsplatz droht? Das kann der Arbeitsschutz tun
2. Folgen für das ganze Unternehmen
Die negative psychische Belastung am Arbeitsplatz trifft auch Unternehmen als Ganzes: Die Arbeitsleistung von Mitarbeitern an der Belastungsgrenze sinkt, die Qualität der Arbeit nimmt ab, es kommt häufiger zu Fehlzeiten und sozialen Problemen im Team. Kurz: Jedes Unternehmen profitiert von gesunden, zufriedenen und motivierten Mitarbeitern.
Welche Symptome treten bei zu hoher psychischer Belastung am Arbeitsplatz auf?
Typische Symptome für eine hohe psychische Belastung am Arbeitsplatz können sein: Mitarbeiter fühlen sich unwohl, sind nervös, angespannt und schnell müde. Die Konzentration leidet, Angstzustände, Motivations- und Antriebslosigkeit nehmen zu.
Verhaltensänderungen durch psychische Fehlbelastungen am Arbeitsplatz
Eine zu hohe psychische Belastung am Arbeitsplatz äußert sich häufig in Verhaltensänderungen. So ziehen sich manche Mitarbeiter zurück und wirken im Kontakt mit anderen unsicher. Andere wiederum reagieren genau umgekehrt, sie sind selbst bei kleinen Anlässen gereizt und formulieren aggressiver als sonst. Auch Unzuverlässigkeit wie plötzlich häufiges Zuspätkommen kann ein Verhaltensmerkmal sein, das auf eine zu hohe psychische Belastung am Arbeitsplatz hinweist.
Ernsthafte Erkrankungen sind bei hoher psychischer Belastung möglich
Sind Menschen über längere Zeit negativen psychischen Belastungen am Arbeitsplatz ausgesetzt, können Depressionen, erhöhter Blutdruck, anhaltende erhöhte Muskelspannung mit Rücken- oder Nackenproblemen sowie Organschädigungen (Magengeschwür, Herzinfarkt, Schlaganfall) auftreten.
Welche Gesetze und Vorschriften regeln die psychische Belastung am Arbeitsplatz?
Alle Arbeitgeber sind gesetzlich in der Pflicht, die Faktoren zu erfassen, die psychische Belastungen am Arbeitsplatz verursachen. Im Zuge einer Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen müssen sie anschließend Schutzmaßnahmen für ihre Beschäftigten ergreifen, die helfen, die vorhandene psychische Belastung am Arbeitsplatz zu vermeiden oder zumindest so weit wie möglich zu reduzieren.
Entscheidend ist hier § 5 des Arbeitsschutzgesetzes:
„(1) Der Arbeitgeber hat durch eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind.
(2) Der Arbeitgeber hat die Beurteilung je nach Art der Tätigkeiten vorzunehmen. Bei gleichartigen Arbeitsbedingungen ist die Beurteilung eines Arbeitsplatzes oder einer Tätigkeit ausreichend.
(3) Eine Gefährdung kann sich insbesondere ergeben durch […] psychische Belastungen bei der Arbeit.“
Hierbei handelt es sich um eine übergreifende gesetzliche Regelung, die alle Bereiche umfasst, die durch das Arbeitsschutzgesetz abgedeckt werden und daher (eigentlich) keine weitere Erwähnung in spezifischen Verordnungen notwendig machen. Dennoch finden sich sowohl in Fachverordnungen (z.B. Betriebssicherheitsverordnung, Gefahrstoffverordnung, Biostoffverordnung etc.) als auch in berufsgenossenschaftlichen Regelwerken Verweise auf die psychische Belastung am Arbeitsplatz.
Welche Maßnahmen helfen gegen psychische Belastungen am Arbeitsplatz?
Maßnahmen zum Schutz vor psychischen Belastungen am Arbeitsplatz müssen im Rahmen der entsprechenden Gefährdungsbeurteilung entwickelt werden – passend zur spezifischen Situation im Unternehmen und passend für den jeweiligen Mitarbeiter und Arbeitsplatz. Dabei lassen sich die vielen möglichen Schutzmaßnahmen anhand unterschiedlicher Kriterien priorisieren.
Kriterien für Maßnahmen gegen psychische Belastungen am Arbeitsplatz
- Als Erstes ist es wichtig, die Faktoren, die die psychische Gesundheit der Mitarbeiter besonders stark gefährden, möglichst schnell abzufedern.
- Andererseits brauchen Verantwortliche aber auch Maßnahmen, die ohne großen Aufwand schnell umzusetzen sind, nicht unnötig auf die Warteliste zu setzen.
Folgende Fragen können bei der Priorisierung der Maßnahmen gegen die psychische Belastung am Arbeitsplatz leitend sein:
1. Schutzmaßnahmen priorisieren aufgrund gesundheitsbezogener Dringlichkeit
- Gibt es Gefährdungen, die eine mehr oder weniger zügige Umsetzung erfordern? Hierunter fallen insbesondere solche Risiken, die zu traumatischen Erlebnissen führen können (Gewalterfahrungen, schwere Verletzungs- oder Lebensgefahr, Situationen, in denen Beschäftigte Dritte massiv schädigen können etc.).
- Wirken sich bestimmte psychische Belastungen am Arbeitsplatz sehr stark auf Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Motivation von Beschäftigten aus, ohne dabei ein traumatisierendes Potenzial zu haben?
- Wirken sich bestimmte psychische Belastungen am Arbeitsplatz auf sehr viele Beschäftigte gleichzeitig aus?
- Gibt es Risiken, die aufgrund rechtlicher Regelungen zeitnah verringert oder behoben werden müssen?
2. Firmeninterne Wichtigkeit
- Sind Veränderungen der Unternehmensziele oder des Unternehmensleitbilds von Bedeutung?
- Werden Veränderungen von den Beschäftigten gewünscht oder erwartet?
- Sind Veränderungen von besonderer Bedeutung für die Produktivität oder Kundenbindung?
Wichtig ist hier auch immer die Rolle der Führungskraft: Was alles zu gesunder Führung dazu gehört, erfahren Sie im Beitrag: Gesundes Führen – Hilfen für die Praxis
3. Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen gegen psychische Belastungen am Arbeitsplatz
- Ist die Zahl der geplanten Maßnahmen gegen die psychische Belastung am Arbeitsplatz für die betrieblichen Akteure überschaubar und damit handhabbar?
- Sind zeitliche und personelle Kapazitäten vorhanden?
- Ist die Maßnahme finanziell durchführbar?
- Stehen Aufwand und Ertrag der geplanten Maßnahme wirtschaftlich in einem angemessenen Verhältnis zueinander (ohne dabei das Weiterbestehen einer massiven Gesundheitsgefährdung durch die psychische Belastung am Arbeitsplatz in Kauf zu nehmen)?
4. Quick Wins
- Gibt es Maßnahmen, die vor allem schnell eine psychische Entlastung der Mitarbeiter ermöglichen?
- Gibt es Maßnahmen, die schnell und kostengünstig umgesetzt werden können?
Maßnahmenmatrix hilft bei der Priorisierung von Schutzmaßnahmen gegen psychische Belastungen am Arbeitsplatz
Davon unabhängig gibt es zentrale Kriterien für die Planung und Umsetzung von Schutzmaßnahmen gegen die psychische Belastung am Arbeitsplatz: deren Dringlichkeit, Wichtigkeit und Durchführbarkeit. Es kann sein, dass nach der Erstellung einer Maßnahmenmatrix anhand dieser drei Kriterien sehr viele Maßnahmen als dringend, wichtig und durchführbar eingeschätzt werden. In diesem Fall ist eine pragmatische Entscheidung eines Steuerungskreises sinnvoll.
Insgesamt ist im Sinne des Arbeitsschutzgesetzes der gesundheitsbezogenen Dringlichkeit die höchste Bedeutungsstufe zuzuordnen.
Leitend kann auch eine weitere Schwerpunktsetzung sein. So könnten zunächst vorrangig verhältnispräventive Maßnahmen gegen die psychische Belastung am Arbeitsplatz durchgeführt werden. Verhaltenspräventive Maßnahmen oder Maßnahmen, die z.B. die Arbeitsorganisation betreffen, würden dann für eine weitere Umsetzungsphase geparkt.
Zusammenfassung: Reduzieren Sie die psychische Belastung am Arbeitsplatz!
Psychische Belastungen am Arbeitsplatz sind anders definiert, als wir es umgangssprachlich kennen. Was den einzelnen Mitarbeiter psychisch wie stark beansprucht, ist aus Sicht des Arbeitsschutzes schwer standardisiert zu erfassen. Erfasst werden können jedoch Risiken für psychische Fehlbelastungen, also die psychischen Gefährdungen am Arbeitsplatz. Beispiele sind hier Lärm, Arbeitsmenge oder fehlendes Material.
Symptome exzessiver psychischer Belastung am Arbeitsplatz zeigen sich in Konzentrations- und Schlafstörungen, Angstzuständen bis hin zu Depressionen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Zu hohe psychische Belastungen am Arbeitsplatz zu vermeiden gehört deshalb zu den Maßnahmen der Gesundheitsprävention am Arbeitsplatz und sollte als Führungsaufgabe verstanden werden. Genau dazu dient die Gefährdungsbeurteilung psychische Belastungen. Bei deren Erstellung können Muster und Checklisten zur Gefährdungsbeurteilung psychische Belastung helfen.
Nicht nur der einzelne Mitarbeiter profitiert von einem Stressabbau am Arbeitsplatz, sondern die Wirtschaftskraft des ganzen Unternehmens. Der Betriebsarzt und die Fachkraft für Arbeitssicherheit können Führungskräfte beraten, wie sie die psychische Belastung am Arbeitsplatz handhaben sollten.