01.08.2022

So organisieren Sie die Erste Hilfe im Betrieb

Die Erste Hilfe im Betrieb steht meist vor dem Problem, dass es lange Zeit zu keinem Unfall bzw. keiner akuter Erkrankung kam und deshalb die Organisation der Ersten Hilfe weng erprobt ist. Im Fall der Fälle muss aber alles reibungslos funktionieren: von betrieblichen Ersthelfern über Verbandskästen im Betrieb und Aushängen zu Erster Hilfe. Gehen Sie deshalb Ihre betriebliche Erste-Hilfe-Organisation durch und prüfen Sie mit Hilfe dieses Beitrags, ob für den Ernstfall alles vorbereitet ist.

Eine Mitarbeiterin ruft Hilfe, während ihr Kollege sich um einen Ohnmächtigen kümmert: Das ist gute Organisation der Ersten Hilfe!

Erste Hilfe im Betrieb: diese Infrastruktur muss stimmen

Die Erste Hilfe im Betrieb muss vor allen Dingen darauf ausgerichtet sein, schnell und wirksam zu funktionieren. Dazu braucht Ihr Betrieb ausreichend qualifizierte Ersthelfer und die notwendigen Erste-Hilfe-Mittel wie Verbandbücher, Verbandkästen, Notrufmöglichkeiten und Aushänge. Auch die Anforderungen, die Vorschriften an die Organisation der Ersten Hilfe stellen, muss Ihr Betrieb beachten.

Folgende Fragen müssen Sie sich für die Organisation der Ersten Hilfe im Unternehmen stellen:

  1. Sind ausreichend Ersthelfer im Betrieb vorhanden?
  2. Sind Verbandskästen im Betrieb vorhanden und vollständig?
  3. Sind weitere Mittel für die Erste Hilfe am Arbeitsplatz erforderlich?
  4. Sind Notrufmöglichkeiten vorhanden?
  5. Ist das Verbandbuch im Betrieb rechtssicher geführt?
  6. Sind die Aushänge zur Ersten Hilfe aktuell?
  7. Wurden Unterweisungen zur Ersten Hilfe im Betrieb durchgeführt?

Ausreichend Ersthelfer im Betrieb vorhanden?

Um eine schnelle Erste Hilfe im Betrieb sicherzustellen, ist es wichtig, dass Mitarbeiter bei einem Unfall oder einer akuten Erkrankung direkt und fachgerecht Erste Hilfe leisten können. Ersthelfer im Betrieb sind also Pflicht.

Deshalb fordert die Unfallverhütungsvorschrift „Grundsätze der Prävention“ auch:

  • In Betrieben mit mehr als einer beschäftigten Person bis höchstens 20 Beschäftigten muss mindestens ein ausgebildeter Ersthelfer im Betrieb anwesend sein.
  • Bei mehr als 20 beschäftigten Personen sind in Verwaltungs- und Handelsbetrieben 5 %, in allen anderen Betrieben 10 % der Beschäftigten als betriebliche Ersthelfer auszubilden.

Die direkten Kosten der Ausbildung übernehmen die Berufsgenossenschaften; Arbeitgeber müssen den Lohn fortzahlen sowie die Fahrtkosten übernehmen.

Die Ausbildung der betrieblichen Ersthelfer deckt die allgemeinen Maßnahmen der Ersten Hilfe ab. Weiterführende Aus- und Weiterbildungen braucht es, wenn besondere Gefährdungen bestehen, z.B. beim Einsatz von Gefahrstoffen. Fortbildungen in Erster Hilfe sollten Ersthelfer alle zwei Jahre in Angriff nehmen und sie dauern, wie die Ausbildungen in Erster Hilfe, in der Regel einen Tag.

Schulungssituation Erste Hilfe
Bei der praktischen Ausbildung zur Ersten Hilfe üben betriebliche Ersthelfer in spe an Puppen die Mund-zu-Nase-Beatmung.

Verbandskasten im Betrieb vorhanden und vollständig?

Damit alle Mittel vorhanden sind, um schnell und sicher Erste Hilfe leisten zu können, muss Ihr Betrieb einen Verbandkoffer bzw. Verbandskasten schnell und leicht griffbereit halten. Die Größe bzw. die Anzahl der Verbandskästen im Betrieb muss auf die Zahl der Beschäftigten und die vorhandenen Gefährdungen abgestimmt sein.

Inhalt des Verbandskastens im Betrieb

Den Mindestinhalt dieses Erste-Hilfe-Kastens legen die DIN 13157 (kleiner Verbandkoffer) und die DIN 13169 (großer Verbandkoffer) fest. Da sich die Inhalte nur hinsichtlich der Füllmenge unterscheiden, können Betriebe statt eines großen auch zwei kleine Verbandkoffer vorhalten.

Hinweis: Aktualisierung der Normen zum Verbandkoffer

Mit der Aktualisierung der Normen zum 01.11.2021 haben sich die Inhalte der Verbandkoffer geändert:

  • Es sind mehr Pflaster enthalten.
  • Neu hinzugekommen sind 4 Feuchttücher und 2 Gesichtsmasken.

Auch wenn die Norm eine Übergangsfrist bis zum 30.04.2022 nennt: Sie ist grundsätzlich nicht rechtsbindend, vorhandene Verbandkoffer können ohne Probleme weiterhin eingesetzt werden. Wer dennoch auf dem neuesten Stand sein will, kann im Handel Nachfüllsets bestellen.

Verbandskasten zugänglich machen

Die Verbandskästen muss Ihr Betrieb für jeden gut erkennbar und frei zugänglich aufbewahren, höchstens 100 Meter bzw. ein Stockwerk von ständigen Arbeitsplätzen entfernt. Ein weißes Kreuz auf grünem Untergrund (Rettungszeichen D-E003) kennzeichnet die Verbandskästen.

Mann trägt Verbandskasten, auf dem ein weißes Kreuz auf grünem Hintergrund zu sehen ist.
Der Verbandskasten ist ein zentrales Element der Ersten Hilfe im Betrieb. Er muss jederzeit schnell zugänglich sein.

Überprüfung des Verbandskastens im Betrieb

Es gibt zwar keine Prüffristen und die Inhalte sind grundsätzlich auch sehr lange haltbar. Dennoch sollten Sie, damit im entscheidenden Moment nicht Material fehlt, die Verbandkästen alle 6 Monate kontrollieren. Um diese Kontrolle zu erleichtern, empfiehlt sich die Anbringung von Siegeln. Sind diese nicht verletzt, wissen Sie, dass noch alles vollständig ist. In die Kontrollen sollten Sie auch Verbandskasten einbeziehen, die sich in den Fahrzeugen des betrieblichen Fuhrparks befinden.

Sind weitere Mittel für die Erste Hilfe am Arbeitsplatz erforderlich?

Je nach Gefährdungsbeurteilung können in Ihrem Betrieb weitere Erste-Hilfe-Mittel erforderlich sein. Beispiele dafür sind

  • externe Defibrillatoren,
  • Beatmungsgeräte,
  • Arzneimittel,
  • Dekontaminierungslösungen
  • und Augenduschen.

Zu prüfen ist auch, ob Rettungstransportmittel (z.B. Schleifkörbe oder Rettungstücher) notwendig sind. Dies ist der Fall, wenn Arbeitsplätze nur schwer zugänglich sind.

Vor einem weißen Hintergrund sind zwei grüne Symbole zu sehen, eines für die Notfalldusche und eines für die Augendusche.
Je nach Gefährdungsbeurteilung können weitere Erste Hilfe Maßnahmen am Arbeitsplatz erforderlich sein, wie hier abgebildet etwa die Notfalldusche.

Notrufmöglichkeiten vorhanden?

Im Betrieb muss von jedem Ort aus die Möglichkeit bestehen, Hilfe herbeizurufen. Dazu genügt ein einfaches Telefon, an das Notrufnummern für Rettungsdienste angebracht sind. In großen Betrieben oder wenn besondere Gefährdungen bestehen, können zusätzliche Maßnahmen erforderlich sein. Beispiele dafür sind die Einrichtung einer zentralen betrieblichen Meldestelle, besondere Notrufmelder oder transportable Notrufeinrichtungen.

Verbandbuch im Betrieb rechtssicher geführt?

Am Ende der Hilfeleistung steht der Eintrag des Unfalls oder der akuten Erkrankung sowie aller Maßnahmen in das Verbandbuch. Alle Vorgänge, bei denen – in welcher Form auch immer – Erste-Hilfe-Maßnahmen durchgeführt wurden, müssen dort erfasst werden. Deshalb sollte im Verbandbuch z.B. auch die Versorgung eines kleinen Schnitts in den Finger dokumentiert werden.

Die Dokumentationspflicht ist in DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“ festgehalten; der Eintrag in das Verbandbuch kann sich an folgendem Schema orientieren:

  • Ort und Zeit des Unfalls
  • Name der verletzten Person
  • Art der Verletzung
  • Zeitpunkt der Behandlung
  • durchgeführte Erste-Hilfe-Maßnahmen
  • Name der Ersthelferin/des Ersthelfers
  • Name von Zeuginnen und Zeugen

Im Interesse des oder der verletzten Beschäftigten sollte jeder Mitarbeiter jeden kleinen Vorfall ausführlich und konkret dokumentieren. Der Grund: Im Zweifel ist der Eintrag im Verbandbuch der entscheidende Beweis, dass eine Verletzung im Betrieb geschehen ist und deshalb die Berufsgenossenschaft die Kosten für später notwendige Therapiemaßnahmen übernimmt.

Tipp: Verbandbuch gibt es auch als Software

Es empfiehlt sich, dafür Software einzusetzen. Die Eingabemaske fragt alle relevanten Daten ab, was die Gefahr, etwas zu vergessen, minimiert. Zudem gibt es die Möglichkeit, Fotos von den Umständen des Unfalls einzubinden und z.B. jährlich eine Statistik zu erstellen, die Hinweise auf notwendige Maßnahmen gibt (z.B. vermehrte Hinweise auf die sichere Nutzung von Leitern, wenn sich Leiterunfälle in der betrachteten Periode gehäuft haben).

Aushänge zur Ersten Hilfe im Betrieb aktuell?

Mit Aushängen an gut sichtbaren Stellen informieren Betriebe ihre Beschäftigten über die Organisation der Ersten Hilfe im Betrieb. Diese Aushänge enthalten vor allem:

  • die Telefonnummer des Notrufs
  • Einrichtungen der Ersten Hilfe
  • Rettungseinrichtungen
  • Adressen anzufahrender Krankenhäuser
  • Name/Telefonnummer der Durchgangsärztin/des Durchgangsarztes

Vor allem für die Arbeit auf Baustellen ist es wichtig, dass die Angaben aktuell sind. Wechseln Sie die Baustelle, müssen Sie auch die Aushänge prüfen und ggf. aktualisieren.

Poster zur Ersten Hilfe; es verdeutlicht klar und übersichtlich die einzelnen Schritte im Notfall.
Aushänge wie dieses Poster zur Ersten Hilfe von WEKA verdeutlichen jedem Mitarbeiter klar und übersichtlich, was im Notfall zu tun ist.
Poster – Erste Hilfe

Poster – Erste Hilfe

Das Poster „Erste Hilfe – Auffinden einer bewusstlosen Person“ im DIN A0-Format in 10 Sprachen unterstützt Sie dabei, die wichtigsten Erste-Hilfe-Regeln im Bewusstsein Ihrer Mitarbeiter zu verankern. Geliefert wird es zusammen mit einem praktischen Ringbuch, in dem die wichtigsten Handgriffe zur Atemkontrolle, zur stabilen Seitenlage und zur Ersten Hilfe bei Schnittverletzungen ebenfalls in 10 Sprachen beschrieben werden.

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Poster

Unterweisungen zur Ersten Hilfe durchgeführt?

Mindestens einmal im Jahr sollten alle Beschäftigte über das richtige Verhalten bei Unfällen und akuten Erkrankungen unterwiesen werden (§ 4 DGUV Vorschrift 1). Folgende Themen sind dabei grundsätzlich zu behandeln:

  • Welche Kolleginnen/Kollegen im Umfeld sind Ersthelferinnen/Ersthelfer?
  • Bei wem können Notrufe abgesetzt werden?
  • Wo können Notrufe abgesetzt werden?
  • Wie muss ein Notruf abgesetzt werden?
  • Wo befinden sich die Erste-Hilfe-Materialien?
  • Was ist bei einem Arbeitsunfall zu tun?
  • Welche Ärzte sind nach einem Unfall aufzusuchen?
  • Welche Pflichten gibt es bei der Ersten Hilfe?

Fazit: Organisation der Ersten Hilfe im Betrieb

Erste Hilfe wird durch medizinische Laien durchgeführt, die die Zeit bis zum Eintreffen medizinischen Fachpersonals bei einem Notfall überbrücken. Denn bei Notfällen spielt schnelles und effektives Handeln eine wichtige Rolle. Letztlich hat der Unternehmer dafür zu Sorgen, dass genügend Ersthelfer und die erforderlichen Sachmittel zur Ersten Hilfe im Betrieb zur Verfügung stehen. Dies sollte er oder ein von ihm Beauftragter regelmäßig überprüfen.

So kommen Sie weiter

Autor*in: Martin Buttenmüller